Geliebter Unhold. Billy Remie

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Geliebter Unhold - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 4

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und er konnte es ihm auch nicht verübeln. Der Raum war verwüstet, obwohl Kacey sich nicht erinnern konnte, wie und warum es geschehen war. Bücher, Vasen, Blumen und loses Papier lagen am Boden, die Fenster standen alle offen, als ob eine Druckwelle sie aus den Rahmen gedrückt hätte. Das Bett war zerwühlt, die Kissen zerbissen, sodass alles von weißen Federn bedeckt war, als hätte es in seinem Schlafgemach geschneit. Und er selbst gab gewiss auch einen schaurigen Anblick ab.

      Alles nicht so schlimm. Ja klar…, das hätte er sich nicht einmal selbst abgekauft.

      »Ihr blutet.« Ardor bemühte sich sichtlich darum, die Fassung zu bewahren, wofür Kacey ihm sehr dankbar war.

      Nickend schwankte er an seinem Leibwächter vorbei, zurück zum Bett, wo er sich erschöpft auf die Kante fallen ließ.

      »Mein Prinz…« Der Leibwächter machte einen mutigen Schritt auf ihn zu, blieb dann aber stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Noch nie war er Kacey zu nahegekommen, wenn nicht ausdrücklich erwünscht.

      Kacey rieb sich die Stirn und versuchte, die Erschöpfung abzustreifen. »Ein… kleiner …Anfall«, versuchte er, es zu beschreiben.

      »Anfall?«, echote der Krieger irritiert.

      Kacey hob den Blick, sie sahen sich an, als sprächen sie beide eine andere Sprachen.

      Niemand durfte je erfahren, dass seine Magie die Kontrolle hatte übernehmen wollen. Niemals. Es gehörte zu den Grundkursen, die ein Student bereits im ersten Lehrjahr absolvierte. Die Kontrolle über die eigenen Fähigkeiten. Ein Magier beherrschte seine Magie stets, er wurde nicht von ihr beherrscht. Eigentlich eine leichte Übung, vor allem wenn man mit Magie geboren wurde, wenn man innerlich im Reinen war und wenn man seine eigenen Gefühle kannte und einschätzen konnte. Denn Magie war Gefühl, Magie war an die Launen jedes einzelnen gebunden. Deshalb war Kontrolle wichtig, sie war das oberste Gebot. Wie Atmen um zu Leben.

      Und er hatte niemals Probleme damit gehabt, bis zum gestrigen Abend.

      Niemand durfte je davon wissen, sonst würden sie ihm seines neuen Amtes entheben, ihn nicht mehr lehren lassen, aber gerade jetzt brauchten die Magier ihn. Er musste stark sein.

      Ardor stand mit ratloser Miene vor ihm, den Mund halb geöffnet, und wartete auf eine weitere Erklärung.

      Er war sein Leibwächter, dachte Kacey, als er ihn betrachtete. Sein engster Vertrauter, sein Freund, er würde sein Geheimnis immer wahren, seine Treue galt nur ihm. Ihm allein. Er könnte mit ihm diese Bürde tragen.

      Doch würde er es als Nicht-Magier verstehen? Oder würde er wie alle anderen Angst bekommen?

      Niemand außer denen, die dabei gewesen waren, wussten von der fremden Macht, die er zusätzlich in sich trug und bändigen musste. Sollte er Ardor etwa auch davon erzählen?

      »Diese verdammten Politiker«, er zwang sich zu einem Auflachen und machte eine wegwerfende Geste mit der schmalen Hand, an der noch Blut klebte.

      Ardor runzelte die Stirn.

      »Sie haben mich so aufgeregt«, fuhr Kacey fort und lachte unsicher auf. Er musste seine Verlegenheit nicht vortäuschen, es war echt, als er sich peinlich berührt über die Wangen strich. »Es hat mich alles etwas aufgewühlt.«

      Skeptisch schielte der Leibwächter von links nach rechts und betrachtete dann wieder Kaceys Gesicht. Sein Argwohn war ihm nicht übel zu nehmen, immerhin hatte Kacey noch nie die Fassung verloren, für alle anderen war er immer der besonnene, der sanfte Prinz, jung und immer freundlich, ein stiller Teich, ein friedlicher Morgen, eine zärtliche Seele.

      Tatsächlich war er das nur nach außen hin. Wer würde denn auch schon in aller Öffentlichkeit ausrasten? Das überließ er den Barbaren. Er selbst ließ sich erst gehen, wenn er allein hinter verschlossenen Türen war. Und natürlich hatte er auch schon das ein oder andere Mal in sein Kissen gebrüllt oder hineingeboxt, weil ihn die Machenschaften des Kaiserreichs in den Wahnsinn getrieben hatten. Das falsche Spiel in der Politik, die Lügen, das Heucheln, die Intrigen, die Auftragsmorde. Ja, auch er, der sanfte Kacey, hatte eine zornige Seite. Er wusste sie nur stets gut zu verbergen.

      »Ihr habt geblutet.« Ardors dunkle Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück.

      Kacey blickte zu ihm auf, verstand zuerst weder seine Worte noch seinen fragenden Blick. Dann, als wollte das Blut selbst auf sich aufmerksam machen, spürte er, wie es auf seinen Wangen spannte wie leichte Verbrennungen.

      »Oh ach das?« Er wandte das Gesicht ab und kratzte unwillkürlich die rostbraunen Überreste von seiner hellen Haut. »Ich … ich habe mich geschnitten und …«

      Ihm fiel spontan keine gute Ausrede ein, die plausible geklungen hätte. Er stand auf und blickte Ardor entschuldigend an. »Es ist nichts Schlimmes, mir geht es gut. Siehst du«, er hob die Hände und Arme und drehte sie, »keine Verletzungen.«

      Die dunklen Augenbrauen des Leibwächters zogen sich leicht zusammen, für einen Moment wirkte er enttäuscht. Er wusste, dass Kacey etwas verbergen wollte.

      Entschuldigend und mit einem deutlichen Flehen, lächelte er Ardor an.

      Die nackten Schultern des Leibwächters sanken herab, unter seinem Brustpanzer dehnten sich seine Rippen aus, als er tief einatmete.

      »Magister?« Moonies helle Stimme erklang zögerlich hinter Ardor aus dem Empfangszimmer.

      Kacey schloss die Augen, seufzte erschöpft, denn er wollte nicht schon wieder das Chaos erklären. Er war müde, er war verwirrt und verängstigt, und er wollte einfach nur alle Spuren verwischen. Vergessen. Sich in den Alltag stürzen.

      Plötzlich drehte Ardor sich um und ging mit großen Schritten zur Tür, schirmte das Zimmer mit seiner großen Gestalt ab.

      Kacey blickte verwundert auf.

      »Der Prinz macht sich etwas frisch, er war sehr erschöpft und litt unter schlimmen Kopfschmerzen. Sorg dafür, dass ein Tablett mit Essen gebracht wird und ein Becher mit frischem Tierblut.«

      »Wie Ihr wünscht, Herr!« Die Studentin eilte davon, ihre Stimme hatte ob der Aufgabe erleichtert geklungen.

      Ardor schloss die Tür und drehte sich dann zu Kacey um.

      Es bedurfte keiner Worte, sie sahen sich an. Ardor nickte ihm zu. Und Kacey lächelte ihn aus tiefster Dankbarkeit gerührt an.

      *~*~*

      Ardor half ihm, das Chaos zu beseitigen, ohne ein Wort, ohne weiter Fragen zu stellen. Sie mussten nicht darüber sprechen, Blicke sagten alles. Kaceys Leibwächter war ihm ob seines Schweigens nicht böse, er verlangte keine Erklärungen. Er vertraute ihm.

      Es war ein schönes Gefühl, einen Freund zu haben, einen Komplizen, der nicht einmal verlangte, zu wissen, was vor sich ging, sondern schlicht ohne Gegenleistung für ihn da war.

      Ardor erinnerte ihn seit diesem Tag ein wenig an Doragon, der Kacey vor Jahren aus der Sklaverei befreit und hierher zu seiner Familie gebracht hatte. Doragon, dem er alles verdankte und den er als Beschützer ebenso vermisste wie als Freund. Manchmal sehnte er sich sehr danach, sich einfach wieder wie ein Junge auf die Stärke und Klugheit seines Retters zu verlassen, auch wenn seine kleine, kindische Schwärmerei für diesen längst tiefer, unschuldiger Zuneigung gewichen war. Aber Kacey war gewiss nicht

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