Der verborgene Erbe. Billy Remie
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Читать онлайн книгу Der verborgene Erbe - Billy Remie страница 41
»Aghi«, seine Augen leuchteten erfreut, »zu Euren Diensten, Herr.«
»Versprich mir besser nichts, was mich auf dumme Gedanken bringen könnte«, lächelte Desiderius.
Aghi lachte leise auf, das Geräusch erinnerte an ein liebliches Glockenspiel im sanften Wind, der über die Felder glitt.
»Ahgi«, wiederholte Desiderius interessiert, »das ist doch kein westlicher Name. Woher stammst du?«
Aghi berichtete, offensichtlich glücklich, die Aufmerksamkeit des Blutdrachen erlangt zu haben: »Mein Vater stammt aus Carapuhr. Nachdem sein Vater im Land des Eises einen schlechten Ruf als Taugenichts erlangte, kam mein Vater vor sechzig Jahren nach Nohva. Er begegnete meiner Mutter, die Dienstmagd auf dieser Festung war, zeugte drei Söhne, meine zwei älteren Brüder und mich.«
Desiderius hörte ihm aufmerksam zu, und bedeutete ihm, sich ihm gegenüber auf ein Fass zu setzen. »Vor sechzig Jahren? Dein Vater ist wohl nicht mehr am Leben.«
»Nein«, bestätigte Ahgi traurig, als er sich setzte. »Er starb bei einem Jagdausritt, als er König Wexmell Airynn vor einem wilden Eber rettete. Für seine Treue wurde er sogar hier auf dem Friedhof bestattet. Damals war ich noch im Leib meiner Mutter.«
Bekümmert senkte Desiderius die Augen, als er daran erinnert wurde, dass Wexmells Überreste nicht hier beigesetzt wurden. Es gab kein Grab, an dem Desiderius hätte sitzen und Abschied nehmen können. Keine Asche, die er hätte in Nohvas milden Winden verstreuen können, damit Wexmell für alle Zeit ein Teil von ganz Nohva werden konnte.
»Meine Brüder«, fuhr Ahgi schwermütig fort, »fielen in der Schlacht am Fluss. Ich war noch ein Kind und blieb in der Festung. Ich und meine Mutter waren hier, als der Bannzauber über uns gelegt wurde. Wir wissen nicht, was mit den Überresten meiner Brüder geschah, noch wie sie überhaupt starben.«
Die Melancholie in dem Gesicht des Jungen, war ein Spiegel zu den Gefühlen aller Seelen auf dieser Festung.
Desiderius atmete schwer aus und beugte sich vor, um Aghi eine Hand in den schmalen Nacken zu legen.
Der Junge sah ihn nach Rat ersuchend an.
»Wir alle haben viel durchlebt und viel verloren. Aber wir leben noch, und gemeinsam haben wir die Stärke, uns alles zurückzuholen, das man uns genommen hat!«
»Nur die Toten können wir nicht lebendig machen.«
Wahre Worte von einem verletzten Geist. Desiderius nickte traurig, die Worte waren wie ein Hammerschlag auf seiner Brust.
Nichts würde Wexmell je zurückbringen.
»Aber wir leben«, sagte er entschlossen, auch zu sich selbst, während er den Nacken des Jungen drückte und ihn aufmunternd anlächelte, »und es ist unsere Pflicht gegenüber den Toten, aus unserem Leben etwas zu machen.«
»Ich kann nicht mit dem Schwert umgehen«, gestand Aghi, er senkte beschämt den Blick und starrte auf seine staubigen Hände, »ich wurde zum Stallburschen gemacht, weil ich gut mit den Pferden umgehen kann, die Tiere vertrauen mir. Doch kaum halte ich ein Schwert, werde ich zu einem großen Tollpatsch.«
»Vertrau auf deine Krieger, deren Rösser du pflegst«, sagte Desiderius zu ihm, »auch ein Stallbursche ist wichtig, auch wenn die Barden leider immer wieder vergessen, sie in ihren Lobesgesängen zu erwähnen. Aber was würde geschehen, gäbe es keinen Burschen wie dich, der sich um meinen Wanderer kümmert, ihn hegt und pflegt, damit er mich sicher durch die Schlacht tragen kann? Wir brauchen dich ebenso wie wir Kämpfer brauchen. Das macht die Stärke einer Armee aus. Das Große und Ganze. Jeder Mann hat seinen Wert, jede Seele ist wichtig für die Allgemeinheit. Das lehrten uns die Airynns. Lass uns ihre Weisheit nicht vergessen.«
Aghis schöne blauen Augen leuchteten mit jugendlicher Freude zu Desiderius auf, während die Worte ihm den Stolz schenkten, den er für sein Selbstvertrauen gebraucht hatte.
»Harte und ehrliche Arbeit ist es immer wert, geschätzt zu werden. Leider erhält sie viel zu wenig Anerkennung, wobei sie es ist, die uns alle am Leben hält.«
»Ich danke Euch«, erwiderte Aghi schüchtern. »Ihr seid zu großzügig. Und Ihr schenkt mir Mut, obwohl die Zeiten düster sind. Ich verstehe, warum die Männer ihr Vertrauen in Euch setzen. Ihr wisst, was Ihr tut.«
Desiderius blickte gen Boden und hauchte zu sich selbst: »Ich hoffe, sie setzen es nicht in den falschen.«
»Wie könnten sie, nach allem, was Ihr riskiert habt, nur um wieder herzukommen. Ihr hättet auch fortbleiben und uns unserem Schicksal überlassen können.«
Desiderius seufzte gequält. »Ich bin wegen unglücklicher Zufälle hier, Aghi. So habe ich nicht wiederkehren wollen. Nicht ohne …« Wexmell …
Es konnte noch so viel Zeit vergehen, er konnte noch so viele glückliche Stunden mit Cohen verbringen, oder mit Bellzazar lachen, oder mit Eagle streiten, der Alltag mochte sich einstellen, doch der Schmerz, wenn er an Wexmell dachte, würde nie vergehen. Er würde ihn begleiten, wie ihn seine Naben begleiteten. Nur, dass diese Narbe auf seinem Herzen lag und für andere unsichtbar blieb. Aber es war mehr als eine Narbe, die dort zu Hause war, auch Luros und Allahads Verlust ließ ihn fast in Kummer vergehen.
Er hatte sie geliebt, sie waren seine Familie gewesen. Allesamt.
Das einzige, das ihn wirklich aufrecht hielt und ihn trotz des Schmerzes glücklich machen konnte, war allein Cohen. Und genau deshalb empfand er eine derart tiefe Liebe für diesen Mann, für die er sich beinahe schämte, weil er manchmal das Gefühl hatte, Wexmell ersetzt zu haben. Wobei das gar nicht möglich schien.
Trotzdem, die Liebe zu Cohen war ebenso … einmalig. Bedeutend. Tief und unantastbar. Rein. Und deswegen würde er stets Schuld empfinden.
Aber sein Herz ließ sich davon nicht bremsen, es sehnte sich nach Cohen, und Desiderius würde sich diesen Gefühlen nicht verweigern. Nicht nachdem er erfahren hatte, wie wichtig es war, alles zu genießen, was einem gegeben wurde, ehe es ihm irgendjemand wieder wegenehmen konnte. So war es bei Rahff, der sich ihm entzogen hatte, so war es bei Wexmell, der ihm von ihren Feinden genommen worden war, aber bei Cohen würde es anders sein. Das schwor er sich hoch und heilig. Er würde Cohen niemals wieder gehen lassen, oder zulassen, dass ihn irgendjemand oder irgendetwas verletzte. Nichts würde ihn und Cohen trennen, nicht einmal das Schicksal, dafür würde er sorgen!
»Aber Ihr habt wiederkommen wollen«, sagte Aghi lächelnd, »und hier seid Ihr. Stark und mutig genug, Euch gegen die Kirche zu stellen. Groß und ebenso prächtig wie mächtig, weshalb Eure Feinde schon beim Klang Eures Namens einen Schrecken bekommen.«
Schmunzelnd hob Desiderius den Blick. »Mir düngt, du bewunderst mich ein wenig mehr als die anderen.«
Der Junge lief feuerrot an und senkte den Blick.
»Nicht, dass ich es nicht genießen würde«, flüsterte Desiderius mit einem spitzbübischen Lächeln.
Aghi lächelte verlegen zurück. »Es gibt gewisse Gerüchte, die die Runde machen, und einige Dienstmägde zum Weinen, und den ein oder anderen Stallburschen zum Schwärmen brachten.«
Desiderius lachte leise in sich hinein. »Wenn dem so ist,