Andran und Sanara. Sven Gradert
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 38
Vitras befand sich am frühen Abend vor dem Treffen, mit Sanara in der Bibliothek, die sich in einem der Obergeschosse der Burg befand. Dies war der Ort, wo der Kriegszauberer seiner Enkelin alles über die Handhabung Magie lehrte. Die Fackeln tauchten den großen Raum in ein angenehmes warmes Licht. Sanara trug ein wunderschönes rotes Kleid, das Fürst Ingalf ihr aus Gorien mitbrachte. Aufmerksam lauschte sie den Worten ihres Großvaters. Anders als bei den Lehrstunden mit der Fürstin, saugte Sanara jedes Wort ihres Großvaters in sich auf. Vitras und seine Enkelin saßen sich an einem einfachen Arbeitstisch gegenüber. Das Mädchen betrachtete neugierig den Klumpen Wachs und den losen Docht. Beides lag zwischen ihnen auf dem Tisch.
„Du weißt mein Kind,“ begann er seine heutige Lehrstunde: „Wir, die den göttlichen Funken der Magie besitzen, werden mit einer Energiequelle geboren, die ihren Sitz tief in unserem Körper hat.“ er deutete mit seinem Zeigefinger zunächst auf ihren Bauch, dann hoch zu ihrem Kopf und schließlich zu ihrem Herzen:
„Entlang dieser Linie, verläuft die Quelle unserer Macht. Bei dem einen ist sie größer, bei dem anderen kleiner. Die allerwenigsten Menschen besitzen sie. Manche behaupten, dies sei ein letztes Relikt, das die Abstammung der Menschen von den Göttern beweist. Jedes Mal, wenn du Magie anwendest, deinen Willen wirken lässt, ziehst du die dazu benötigte Kraft aus dieser Quelle.“
Vitras hielt kurz inne und fixierte seine Enkelin, die nach wie vor gebannt an seinen Lippen hing. Mit ruhiger Stimme fuhr er fort:
„Du kannst dir jedoch selbst höchsten Schaden zufügen, wenn du dich vor dem Anwenden deiner magischen Kräfte, nicht ausreichend konzentrierst. Deinen Körper nicht vorbereitest. Deine Quelle urplötzlich anzapfst. Die Energien, die dein Wille dann freilässt, können dann unkontrolliert durch deinen Körper fließen und dabei erheblichen Schaden anrichten.“
„Aber das weiß ich doch schon längst alles Großvater!“ brachte Sanara mit einem Mal unwirsch hervor.
„Du weißt aber noch längst nicht alles Sanara,“ fuhr Vitras bestimmt, aber freundlich fort: „Du kannst mit deiner Magie Schäden anrichten, die du niemals wieder umkehren, rückgängig machen kannst.“
„Du meinst, wenn ich mit Hilfe meiner Magie einen Menschen töte?“
„Nein! Das ist ein anderes Thema. Ist ein Lebewesen erst einmal tot, so ist es unumgänglich tot. Ganz gleich ob der Tod durch Magie oder aufgrund eines natürlichen Ursprungs eingetreten ist. Ist ein Wesen tot, so ist es tot!“
Erneut lauschte das Mädchen wie gebannt den Worten ihres Großvaters.
„Wenn du Magie einsetzt, sagen wir um irgendeinen Gegenstand zu verändern, so wirkst du mit deinem Willen auf diesen Gegenstand ein.“
Sanara konzentrierte sich kurz und ließ einen leeren Krug, von einem der anderen Arbeitstische zu ihnen herüber schweben. Sanft setzte der Krug auf ihrem Tisch auf.“
„Das meine ich nicht Sanara.“ erklärte ihr Vitras: „Du hast mit deinem Willen nicht auf den Krug eingewirkt, sondern auf die Luft um ihn herum, die ihn dann hierher getragen hat. Wenn du einen Gegenstand oder etwas Lebendiges verändern willst, wirkst du direkt mit deinem Willen auf eben diesen Gegenstand oder dem betreffenden Wesen ein. Abhängig von dem, was du erreichen willst, wirst du Energie hinzufügen oder Energie abziehen. Wenn du Energie hinzufügst, kannst du das Erreichte jederzeit wieder rückgängig machen. Wenn du aber Energie entziehst, ist das Ergebnis unumkehrbar.“
Sanara sagte kein einziges Wort. Sie lauschte angespannt den Ausführungen ihres Großvaters. Vitras zeigte nun auf den Wachsklumpen und den Docht:
„Konzentriere dich,“ bat er sie: „Spanne deine Muskeln leicht an und versuche aus dem Wachs und den Docht eine Kerze zu formen.“
Sanara konzentrierte sich. Ganz sacht begann, wie bei ihrem Großvater, die Luft um sie herum leicht zu vibrieren. Urplötzlich richtete sich der Docht auf, während der Wachsklumpen sich verflüssigte, um sich daraufhin am Docht hinauf zu schlängeln. Immer stärker wurden die Konturen einer Kerze erkennbar. Vitras war jetzt schon hoch zufrieden. Doch Sanara musste der Kerze natürlich noch eine kunstvoll aussehende Spiralform verleihen. Als die Kerze fertig war, blickte sie Vitras stolz an.
„Du hast Energie hinzugefügt,“ flüsterte Vitras ihr so leise zu, dass man das Knacken der brennenden Fackeln hören konnte: „Du kannst die Kerze jetzt jederzeit weiterhin verändern. Es sei denn...“
Vitras starrte auf die Kerze und entzog ihr Kraft seines Willens jegliche Energie. Fast augenblicklich zerfiel sie zu einem Klumpen Wachs, in dem man die Konturen des Dochtes kaum noch ausmachen konnte. Sanara schaute mit großen Augen zu ihrem Großvater.
„Du kannst diese Kerze jetzt nie mehr mit deinem Willen beeinflussen und so schön aussehen lassen wie zuvor. Das ist ein Naturgesetz!“
Vitras erhob sich von seinem Stuhl und blickte auf Sanara hinab: „Denke daher immer genau darüber nach, wie du deine Magie einsetzt.“ Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, fuhr er fort:
„Bleib noch eine Weile hier und denk über meine Worte nach. Dann komm mit Filou nach unten, es ist Zeit schlafen zu gehen.“
Mit diesen Worten verließ Vitras die Bibliothek. Sanara wartete noch einen Moment ab, um ganz sicher zu sein das ihr Großvater nicht mehr in der Nähe war. Dann starrte sie auf den deformierten Klumpen Wachs. Die Luft um sie herum begann zu flimmern und zu schwirren, bis sie plötzlich sogar eine bläuliche Verfärbung annahm. Urplötzlich erloschen die Fackeln, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe befanden. Der Wachsklumpen wurde wieder flüssig und der Docht löste sich heraus. Innerhalb von Sekunden stand wieder die kunstvolle spiralförmige Kerze vor ihr. Vor Aufregung begann sie zu zittern. Sie hatte etwas geschafft, von dem ihr Großvater behauptete, dass es unmöglich sei. Sanara beschloss, ihm nichts davon zu erzählen, da sie befürchtete, dass er verärgert sein könnte. Sie erhob sich jetzt ebenfalls, nahm die Kerze und versteckte sie unter einem der Wandschränke. Dann schickte sie sich an ihrem Großvater zu folgen.
In ihrem Zimmer kleidete sie sich um und huschte ins Bett. Als sie eingeschlafen war, betrat Vitras leise ihr Zimmer um noch einmal nach seiner Enkelin zu sehen und die Kerzen in ihrem Raum auszumachen. Lächelnd sah er auf Sanara und Filou herab, der wie immer auf Sanaras Schultern lag und ebenfalls schlief.
***
Im großen Saal der Burg des Fürstentums Durenald ging es hoch her. Die Fürsten schrien wild durcheinander, nur um die Meinung der anderen zu verdrehen, oder um die eigenen Sorgen am dringlichsten darstellen zu können. Fürst Ingalf, der als Gastgeber die Führungsrolle innehatte, gelang es nicht, all die verschiedenen Gemüter zu beruhigen, um eine auch nur halbwegs vernünftige Diskussion ins Rollen zu bringen. Fürst Ingalf war eine imposante Erscheinung. Mit seiner Körpergröße und Kraft, hätte er sich wahrscheinlich mit jedem Barbaren nördlich des Drom Gebirges messen können. Aber hier und jetzt wirkte er regelrecht verloren. Vitras stand schon eine ganze Weile im Abseits, an eine Säule gelehnt, und beobachtete das Sinnlose hin und her, der kaum verständlichen Wortfetzen. Er trug die schwarze Robe der Kriegszauberer, dessen Kapuze er tief über sein Gesicht gezogen hatte. Ingalf sah mehrmals flehend zu ihm herüber, bekam dabei jedoch das Gefühl, dass sein Freund nicht vorhatte, in irgendeiner Form zu intervenieren. Innerlich brodelte es jedoch in dem Kriegszauberer. Als er auch noch einige der Fürsten verächtlich lachen hörte, da sie sämtlichen Gerüchten, die besagten, dass bei den Kämpfen im Süden Magie im Spiel sei, als Firlefanz abtaten – platzte ihm der Kragen. Er trat aus dem Schatten der Säule hervor, blickte zum riesigen Kamin, der Platz genug bot um zwei Ochsen in ihm zu braten. Dann ließ