Andran und Sanara. Sven Gradert

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Andran und Sanara - Sven Gradert Band 1&2

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Haar wirbelte im Wind, als er mit schnellen wuchtigen Schlägen sein Gegenüber in Schwierigkeiten brachte. Fast tat ihr seine Kontrahentin jetzt schon leid. Manith, seine Gegnerin, war im gleichen Alter wie Andran, und die Tochter der Königin des Stammes. Die beiden Jugendlichen waren längst durch eine tiefe Freundschaft verbunden, für die auf dem Balken jedoch keinerlei Platz war. Andran erwischte Manith mit seinem Langstock am rechten Bein, wodurch sie das Gleichgewicht verlor. Dabei ließ sie ihren Stab fallen, ruderte kurz hilflos mit den Armen in der Luft und plumpste zu Boden. Andran sprang ihr sofort hinterher und reichte dem Mädchen die Hand, um ihr hoch zu helfen. Bei jeder Schwester hätte sie die hilfreiche Hand wütend zur Seite geschlagen. Andrans Hand ergriff sie jedoch gern und der kräftige Junge half ihr mühelos auf die Beine.

      „Nochmal!“ schrie sie ihn an, packte ihren Langstab und war lachend so schnell wieder auf dem Balken, dass es Zara schwindelig wurde.

       Zara musste an den Tag zurückdenken, als sie Andran vor vierzehn Jahren, in den Armen seiner Hebamme Elze, im Wald fand. Umgeben von all den Tieren, die den Jungen zu beschützen schienen. Als die große weiße Wölfin auftauchte, die bis heute auf Andran aufpasste und ihm nicht von der Seite wich. Königin Rowena war zunächst außer sich vor Wut, als sie erfuhr, dass drei Kriegerinnen ihr Leben verloren und Zara mit einem männlichen Säugling zurückkehrte. Allerdings konnte die Königin auch nicht so einfach die göttlichen Zeichen missachten. Ein weißer Wolf mit stechend roten Augen war seit jeher das heilige Totem ihres Stammes. Obwohl keine Amazone jemals zuvor so ein Tier gesehen hatte, bis zu dem Tag als Zara von dem folgenschweren Jagdausflug zurückkehrte. Die Wölfin mit den glutroten Augen war nicht nur ein gewaltiges Tier, es war auch ganz offensichtlich, dass sie den Knaben beschützte. Nachdem Zara und Firsa der Königin auch von den anderen Tieren erzählten und ihr das prächtige Schwert zeigten, das laut Elze dem Jungen gehörte, konnte Rowena nicht anders, als dem Willen der Götter zu folgen. Der Rat der Ältesten, beschloss daraufhin den Jungen Andran zu nennen. In Anlehnung einer alten Sage, laut derer ein Held namens Andran, mit Hilfe der Götter, die Stämme der Amazonen vor der völligen Vernichtung bewahrte. Elze war mit ihrer hilfsbereiten und freundlichen Art in kürzester Zeit bei allen beliebt. Im Laufe der Zeit entwickelte sie sich sogar zur Heilerin des Stammes und genoss allerhöchstes Ansehen. Elze kümmerte sich zudem um Andran und zog ihn groß. Obwohl der Junge wusste, dass sie nicht seine leibliche Mutter war, betrachtete er sie als solche. Als Zara erfuhr, dass der Kriegszauberer Vitras Andrans Großvater war, übernahm sie sofort die Ausbildung des Jungen. Sie lehrte ihn das Jagen, das Überleben in der Wildnis und natürlich das Kämpfen. Dadurch hatte sie das Gefühl, Vitras der ihr einst das Leben rettete, etwas zurückzuzahlen. Darüber hinaus fing die rothaarige Amazone früh an, den Jungen aufgrund seiner ehrlichen und offenherzigen Art, aufrichtig zu mögen. Das großartige Schwert ließ Rowena, mit Elzes Erlaubnis, in der großen Ratshütte, die sich in der Mitte des Dorfes befand, über dem Altar anbringen. Die Königin bestand darauf, selbst zu entscheiden, wann Andran soweit wäre, diese Waffe zu führen.

       Als Andran sprechen lernte, nannte er die riesige weiße Wölfin immer nur Rotauge. So kam das edle Tier zu einem Namen, von dem Zara sich gewünscht hätte, er wäre etwas würdevoller ausgefallen. Die Amazonen waren in den ersten Wochen irritiert und sehr unsicher, wie sie sich in der Gegenwart dieses Tieres, das ihnen heilig war, verhalten sollten. Als Andran, noch im Säuglingsalter, einmal in den Bach fiel, der sich am Rande des Dorfes entlang schlängelte, reagierte das Tier als erstes. Es sprang Andran hinterher, packte den Jungen an seiner Wickeldecke und trug ihn vom Fluss durchs gesamte Dorf, bis hin zu Elzes Hütte. Von dem Tag an war endgültig allen klar, dass das Schicksal des Jungen und der Wölfin eng miteinander verwoben war.

       Das Dorf gehörte zu den größten der Amazonenstämme im Schwarzen Wald. Es lebten über dreihundert Kriegerinnen und noch einmal gut einhundertfünfzig ältere Frauen und Kinder hier. Das Dorf war von einem stark befestigten Palisadenzaun umgeben. Links und rechts vom Tor befanden sich hohe Wachtürme, die ständig von wachsamen Kriegerinnen besetzt waren. Es gab auch einige Dutzend Männer die hier lebten. Es war ihnen jedoch verboten, Waffen zu tragen und sie verrichteten harte körperliche Arbeit. Sie wurden allerdings gut behandelt und durften sich frei bewegen. Ab und an ergaben sich sogar kleinere Liebschaften zwischen einem Mann und einer der Kriegerinnen. Ein eheliches Zusammenleben jedoch, war strikt verboten. Wenn sich ein Paar fand und darauf nicht verzichten wollte, musste es den Stamm verlassen.

      Zara beobachtete Andran und Manith noch eine ganze Weile, wie sie sich auf dem Balken bekriegten. Dann erhob sie sich, von dem großen Stein auf dem sie saß, und schickte sich an zur großen Ratshütte zu gehen. Der Tag der Prüfungen stand kurz bevor. Rotauge blickte Zara nur kurz gelangweilt hinterher, um sofort wieder Andran ins Auge zu fassen. Der kassierte gerade einen heftigen Stoß von Maniths Langstock und fiel nun seinerseits auf den weichen Erdboden. Sofort war die Wölfin über ihm und schleckte Andran quer durch das Gesicht. Manith sprang vom Balken, landete neben der Wölfin und streichelte ihren muskulösen Nacken. Die Tochter der Königin, war neben Zara und Elze die einzige, von der die Wölfin sich das gefallen ließ, wenn man selbstverständlich von Andran absah.

      „Deine Beinarbeit ist einfach schlecht!“ spottete Manith. Dabei schüttelte sie lachend ihren Kopf wobei ihr langes braunes Haar durch die Luft wehte.

      „Und du, du kämpfst mit unfairen Mitteln!“ protestierte Andran, während er verzweifelt versuchte, sich Rotauges fürsorglicher Behandlung zu entziehen.

      „Unfair? Was bitte war denn unfair?“

      „Du hast mich angelächelt, das hat mich verwirrt!“

      „Du kannst dir ja nächstes Mal die Augen verbinden,“ ärgerte Manith ihn weiter: „Vielleicht triffst du dann ja auch besser!“ Daraufhin drehte sie sich um und ging zurück zu den Hütten. Ihr Herz hüpfte vor Freude, dass Andran ihr Lächeln bemerkt hatte.

      Zara schob die Decken zur Seite, die der Ratshütte als Tür dienten und trat ein. Trotz ihrer inzwischen fünfundfünfzig Jahren, war sie das jüngste Mitglied des Rates.

       Jedes Jahr wurden die vierzehnjährigen Jung Kriegerinnen einer Prüfung unterzogen, die den Übergang in ihr Erwachsenenalter symbolisierten. Fiel man durch, hatte man ein Jahr lang mit Hohn und Spott zu kämpfen, bis man die Prüfung wiederholen durfte. Zum ersten Mal in der Geschichte des Stammes, würde dieses Jahr mit Andran ein Junge an der Prüfung teilnehmen. Alle Teilnehmer dieser Prüfung mussten, bei einer feierlichen Zeremonie, einen Kieselstein aus dem Beutel der Schamanin ziehen. In dem Beutel befanden sich lauter weiße sowie ein schwarzer Kieselstein. Wer einen weißen Stein zog, hatte keine Prüfung zu erwarten die lebensbedrohlich war. Dies galt jedoch nicht für die Kandidatin, die den schwarzen Stein zog. Ihr wurde ausnahmslos eine nahezu unmöglich erscheinende Aufgabe zugetragen, die fast immer zum Tode führte. Nur sehr selten kam es vor, dass eine Jung Kriegerin diese Prüfung bestand. Aus den Kreisen derer, die diese Prüfung jedoch bestanden, wurde die zukünftige Königin gewählt. Seit Rowena als Königin über den Stamm herrschte, hatte niemand mehr diese Prüfung bestanden.

      Als Zara die Hütte betrat, waren schon alle anderen Ratsmitglieder anwesend. Rowena bedeutete Zara mit einem strengen Blick, sich zu setzen. Aus dem Augenwinkel nahm die rothaarige Amazone wahr, dass auch Elze sich in der Hütte befand, und nickte ihr freundlich zu. Einer der Ratsplätze war leer. Die Amazone die diesen inne hatte, war vor wenigen Wochen verstorben. Rowena stand auf, blickte sich im Kreis der Anwesenden um und begann zu sprechen:

      „Bevor wir über die anstehenden Prüfungen beraten, möchte ich euch eine Nachfolgerin für unsere verstorbene Schwester vorschlagen.“

      Alle Augen richteten sich auf Rowena. Die Königin hatte das unumstößliche Sagen in Kriegszeiten. In Friedenszeiten jedoch, musste sie sich immer mit dem Rat absprechen.

      „Ich möchte Schwester Elze vorschlagen, den Platz einzunehmen.“

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