Steintränen. Manja Gautschi

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Steintränen - Manja Gautschi Steintränen

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kleinen Behandlungsraum seine Kopfverletzung verarzten. Lässig mit verschränkten Armen lehnte sich William gegen die Wand. Wartete. Öffnete erst die Augen, als die Gruppe schon fast an ihm vorbei war und erschreckte.

      „Ralph!“ rief er aus in einer Mischung aus Freude, Schock und Überraschung. Die Gruppe blieb stehen, nicht zuletzt, weil Ralph stehen blieb. „Xao?“ er schaute den wartenden Mann mit dem Schnitt im Gesicht an. Beide starrten einen Moment ihr Gegenüber an.

      William begutachtete Ralph und sprach als Erster „Hat dich dein Sturkopf schlussendlich doch die Freiheit gekostet? Ich hatte schon Gerüchte gehört, aber mich noch nicht informiert.“ „Witzig und so scharfsinnig beobachtet.“ „Nein, ernsthaft. Wie geht dir? Was tust du hier?“ „Es geht mir gut und ich hab keine Ahnung. Etwas von verlorenen Unterlagen, sagten sie. Ich solle helfen, den Verlust auszugleichen. Was interessiert es dich?“ „Hmmm... ich verstehe“ „Und was tust du hier? Was hast du hier zu tun? Jedesmal wenn ich die sehe, geschehen schreckliche Dinge. Du hättest wirklich beim Arzt bleiben sollen.“ William lachte „Das denke ich nicht. Du siehst ja, wohin es mich geführt hätte. Mensch Ralph, hab ich dich vermisst. Wirst du hierbleiben?“ ungeduldig mischte sich Phil ein „Nein, er wird morgen wieder nach ‚Sonne’ überstellt und jetzt müssen wir weiter. Herr.. äh, ich weiss gar nicht wie Sie heissen.“ William sah Phil an „Cullen, mein Junge, William Cullen.“ zu Ralph „Also dann, ‚Sonne’? Hmm... gut gewählt. Pass auf dich auf, Ralph. Wir sehen uns!“ „Witzig, witzig. Du mich auch.“ und damit ging der kleine Trupp weiter, vorbei am lächelnden William, der ihnen erfreut hinterherschaute.

      Phil hatte sich vorgenommen, sich nicht weiter Gedanken zu diesem merkwürdigen Treffen zu machen. Wieso hatte Ralph ‚Xao’ gesagt, wenn er William heisst? Woher kennen die sich? Ahhh! er hatte andere Sorgen.

      Natürlich waren Ralph die hässlichen Blutflecken auf Phils Kittel aufgefallen. Und selbstverständlich erwartete er irgendeine ‚ungewöhnliche’ unappetitliche Situation zu Gesicht zu bekommen, denn solche Flecken kommen nicht von der Arbeit im Labor. Nein, diese Flecken glichen mehr den Flecken auf Arztkitteln in einem Lazarett. Wenn das einer wissen musste, dann er, denn bevor man ihn wegen mehrfacher vorsätzlicher Befehlsverweigerung und fahrlässiger Tötung lebenslänglich weggesperrt hatte, hatte er unter anderem als Arzt für das Terra Sonnensystem in den Lazaretten auf Aquawald gedient. Er war einer der Wenigen, wenn nicht der Einzige gewesen, der erfolgreich Wakaner hatte behandeln können. Keiner wusste mehr über diese nicht-menschliche Lebensform. Und er hatte schon viele üble Situationen miterlebt.

      Aber was er jetzt zu Gesicht bekam, überraschte ihn nun doch. Wirkte sehr sureal und unwirklich. Der Behandlungstisch war voller Blut. Die beiden Kollegen in ehemals weissen Kitteln von Phil bemühten sich, die Blutungen zu stoppen, reinigten immer wieder die Wunden, Kitel versuchte zu nähen. Es hörte nicht auf zu bluten. Die sich selbst auflösenden Fäden lösten sich sehr schnell immer wieder auf, das Blut zu aggressiv.

      Der nackte leblose Körper eines grossen kräftigen wakanischen Mannes lag bereits mit Blasen- und Anuskatheter versehen auf seinem Bauch auf dem Arbeitstisch inmitten des grossen Arbeitsraumes. Am Hals eine Infusion, sowie am linken Arm und Handgelenk. Über den Verweilkatheter am Arm lief eine Wasserinfusion. Auf den Überwachsungsgeräten keine Bewegungen. Ein schreckliches makaberes Bild, das mehr einer Metzgerei glich denn einem Behandlungszimmer. Ralph konnte auf Anhieb nicht genau erkennen wieviele Verletzungen der Mann hatte, war zu viel Blut, aber es waren viele. „Lebt er etwa noch?! Wer ist das?“ fragte er schockiert den neben ihm stehenden Phil. „Was ist das?!“

      „Da seid ihr ja endlich!“ stänkerte Kitel. „Wir könnten etwas Hilfe gebrauchen. Vier Schüsse in den Rücken, einer ins Bein, einer in die linke Schulter. Eine Schnittwunde am linken Oberarm, eine Stichwunde in den Unterlaib und eine in den linken Oberschenkel, beide von vorne. Augengrün auf ‚2’ schätze ich. Keine Vitalzeichen, wie du siehst. Was können wir tun? Wir müssen die Blutung stoppen. Ich bin ehrlich gesagt etwas ratlos. So stark blutende Wunden hatte ich noch nie. Ist merkwürdig. Die Nähte lösen sich durch das viele Blut ständig wieder auf. Ich versuch anderes Nähmaterial.“

      Ralphs Herz fing heftig an zu pochen. Schockiert stand er da, gehalten von seinen beiden Wachen. ‚Verdammt!’ dachte er ‚Das war seine Schwäche. Er konnte nicht zusehen, wie jemand, egal wer, vor seinen Augen stirbt, ohne versuchen zu helfen. Seine Achillesferse, sozusagen. Er würde denen bei diesem kranken Serums-Scheiss nie helfen, das hatte er gesagt, sich so vorgenommen und so gehandhabt! Möglicherweise würde er diesem Wakaner einen Gefallen tun, wenn er sich nicht einmischte. Aber er konnte schlecht fragen, also musste er selbst entscheiden. Und viel Zeit blieb nicht. Augengrün auf ‚2’ hiess eigentlich schon so gut wie tot. Und dieser enorme Blutverlust. Wie lange das wohl schon so war? Das musste er als erstes herausfinden. Konnte eigentlich noch nicht sehr lange her sein. Maximal ein paar Stunden, sonst wäre auch ein Wakaner schon tot. Woher der bloss auf einmal herkam? Waren doch schon lange alle Wakaner verschwunden.

      „Janus, mach mich los!“ forderte er schliesslich energisch seinen Wärter auf, der immer noch seinen rechten Arm festhielt. Kopfschütteln „Du spinnst wohl.“ er fasste den Arm zur Unterstützung seiner Worte etwas fester. Entrüstet schnaubte Ralph. „Wieso? Was sollen wir tun?“ fragte Phil nach. Ralph sah Phil wieder über den Brillenrand hinweg an.

      „Die Kugeln sind weg? Die Stichwunde am Oberschenkel ist vorne?“ Phil nickte, auch alle anderen am Tisch. Blickten erwartungvoll und gespannt ihren gefesselten Gast an „Dreht ihn um und leg deine Hand darauf. Er hat zwölf Kiemen, vielleicht überlebt er es sogar. Hab ich auch noch nie gesehen.“ „Wieso soll ich meine Hand darauflegen? Etwa um die Blutung zu stillen? Wozu soll das gut sein?“ „Wozu fragt ihr mich, wenn ihr mir nicht glaubt?“ konterte Ralph.

      Ungläubig drehten die vier am Tisch den schweren Körper auf den Rücken. Zögernd legte Phil seine Hand auf die Stichwunde am Oberschenkel. „Du musst deinen Handschuh schon ausziehen, sonst spürst du es nicht.“ wies Ralph weiter an. Phil verzog sein Gesicht, blickte erst zu Dr. Kitel, der ihn ebenso fragend ansah, dann blickten beide zu Ralph. „Na los! Mach schon.“ befahl er.

      In Zeitlupe zog sich Phil den blutverschmierten Handschuh aus, machte sich zögerlich daran, die Hand auf die Wunde zu legen. „Das ist nicht steril. Was soll das? Das ist eklig.“ vorsichtig legte er die Hand drauf. Neugierig wollte Ralph wissen „Und? Ist die Wunde wärmer oder kälter als das umliegende Gewebe? Spürst du den Puls?“ „Hä?“ gab Phil zum Besten „Ich spüre Blut. Es ist klebrig und warm. Ein wenig. Kein Unterschied zum Rest. Und Puls? Da ist keiner, sieh doch auf die Anzeige.“

      Immer nervöser wandte sich Ralph nochmals an Janus „Mach mich los! Bitte.“ Janus schüttelte den Kopf „Sorry. Unser Fokus liegt nicht auf dem da, sondern auf dir. Und du“ „Ja, ja, ich weiss schon selbst, was ich getan habe. Von mir aus verspreche ich es dir, JETZT und HIER, nichts anzustellen. Mein Wort.“ Janus sah seinen Kollegen an. Beide wussten, dass Ralph eigentlich ehrlich war, wenn er es also versprach? Sein Kollege zuckte mit den Achseln. ‚Ihm egal.’ „Ich mach dir den rechten Arm los. Das muss reichen. Verstanden. Mehr is nicht.“

      Ralph trippelte los, so schnell es die Fussfesseln eben erlaubten, mit den beiden Wachen an den Armen. Am Tisch drückte Janus seinen Daumen auf das Schloss der rechten Handfessel und löste die Seile. Ohne zu Zögern drückte Ralph seine rechte Hand auf die Wunde. Augengrün auf 2! er musste sich beeilen, in der Regel gab’s kein ‚1’, jede Sekunde konnte die letzte sein.

      Er schloss seine Augen. Legte seinen Kopf zur Seite. Dann fuhr er mit dem Zeigefinger in die Wunde hinein,

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