Steintränen. Manja Gautschi
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Nun hob Isara die Hände, schüttelte den Kopf „Brauchen Sie nicht zu erklären, hab ich nur so erwähnt. Also“ sie beugte sich vor, fing an zu flüstern „Sagt Ihnen der ‚Grüne Schatten’ etwas?“ „Ja, schon gehört. Von vielen. Ein wohl eher ‚ROTER Schatten’, bei dem vielen Blut, das von ihm in den Reihen der aquawaldischen Einwohnern vergossen worden sein soll. Halte es für einen gut aufgebauten Mythos des Terra Sonnensystems. Erfunden um beim Gegner Angst zu verbreiten und gleichzeitig auf der eigenen Seite ein erstrebenswertes Idol für die Soldaten zu produzieren.“ Isara schüttelte den Kopf „Nein, es gibt ihn wirklich. Und er heisst Zylin Sa und liegt gerade mehr tot als lebendig in einem Aquarium einen Stock unter uns. Ich denke, warum es ‚grün’ heisst, erklärt sich von selbst. Wakaner und so...“
Isara hielt sich mit beiden Händen das Gesicht. Rubbelte es, dann die Haare „Wenn Kitel mitkriegt, dass ich Ihnen das erzähle, steckt der mich in so einen Rattenkäfig da unten. Ich hab die Kamera völlig vergessen!“ Es war unglaublich, wie ihre Nerven mit ihr Achterbahn fuhren. Sie versuchte sich wieder zu beruhigen. Janus half „Keine Sorge, die Kamera zeichnet nichts auf, geht nur zum Empfangsbildschirm vor der Tür. Die Leitung zum IT-Zentrum ist mit einem unserer Geräte blockiert. Eine Sicherheitsmassnahme, damit der Spitzbube da nicht irgendeine Verbindung nach draussen zustande bekommt. Und jetzt ist sie eh aus, wenn ich hier drin bin. Mein Wort.“
‚Puhhh...Ein Glück!’ Isara liess sich zurück in den Sessel fallen. Schloss für einen Moment die Augen. Lauschte dem pulsierenden Herzen in ihren Ohren.
„Das ist das wakanische Blut.“ hörte sie Ralphs Stimme. Sie sah ihn an „Was?“ „Na da. Ihre Verletzung. Dieses Muster entsteht bei der Heilung von Verletzungen mithilfe von wakanischem Blut. Wenn es gerade etwas zu wenig Blut hat, entstehen diese Zeichnungen auf der Haut. Ich vermute, er hat die Messerklinge, oder besser die Dolchklinge, Wakaner führen Dolche. Also, er hat die Klinge erst mit seinem Blut getränkt und sie Ihnen dann in den Unterlaib gestossen. Jemand hat den Schnitt gereinigt und so das Blut dort weggewischt, sodass zu wenig übrig blieb um die Haut perfekt verheilen zu lassen. Dann gibt es diese Muster. Und das wakanische Blut in Ihrem Körper baut sich nur langsam ab. Die Wunde dürfte erst ein paar Tage alt sein. Das heisst, sie werden noch eine Weile lang die Auswirkungen des wakanischen Blutes in ihrem Körper spüren. Eine davon sind diese emotionalen Schwankungen. Das Blut heilt nämlich nicht nur verdammt schnell, es verstärkt Ihr gesamtes Nerven- und Immunsystem. Alles wirkt intensiver und löst für Menschen ungewohnt intensive Reaktionen aus. Und um ihre Fragen zu beantworten: Nein, es wird nicht weiterwachsen. Es wird so bleiben, die Heilung sieht abgeschlossen aus. Es ist nicht gefährlich. Sie können allerdings auch nichts dagegen tun. Ist wie eine Tätowierung. Und die Gefühlsschwankungen...tja...da müssen Sie einfach das Beste draus machen. Sobald die Stelle nicht mehr so warm ist, ist es vorbei. Ein paar Tage oder so, hängt von der Stärke des Wakaners ab.“
So! Jetzt war’s raus, er hat es ihr gesagt. Verhörtechnik hin oder her!
„Ja! Genau so hat er es getan.“ bestätigte Isara staunend. Staunend darüber, dass da jemand vor ihr sass, der darüber so gut Bescheid wusste. Sie war unendlich erleichtert. „Er hat erst seinen Arm mit Steintränen bestreut und sich dann den Dolch...brrr... wenn ich nur an diesen Augenblick denke.“ sie deutete den Schnitt auf ihrem eigenen Arm an „Über den gesamten Unterarm! Und so tief, dass die Klinge gleich voller Blut war.“ „Er muss Sie...sagen wir mal...’mögen’, Ihnen vertrauen. Wenn er so weit geht, so viel riskiert. Ich meine, nicht wegen des Schnittes. Zusammen mit den Tränen wird sein Arm innert Sekunden verheilt gewesen sein. Aber Sie mit diesem Wissen zurück zu lassen?“
Isara zuckte mit den Achseln „Ich weiss nicht. Ich meine... ich hatte solche Angst. Er hatte vor meinen Augen zwei Soldaten getötet. Ich hatte nie erwartet, dass er sowas tun würde. Er war zwar immer verschlossen und eigen gewesen. Aber sowas? Und als er mir die Klinge in den Bauch stiess...ich glaube, ich weinte sofort los, zitterte, zerfloss vor Angst. Hatte insgeheim gedacht, er würde mir nichts antun und dann sticht er mich ab. Einfach so! Konnte doch nicht wissen, dass ich nicht sterben würde.“ Ralph lächelte „Wenn er tatsächlich der ‚Grüne Schatten’ ist, ist der Gedanke, er würde niemandem etwas zuleide tun, recht weit hergeholt. Naiv. Finden Sie nicht?“ Isara ballte verärgert die Fäuste „Richtig“ das hätte sie selbst bedenken müssen, wie dumm sie gewesen war!
„Er hatte gemeint, dass er mir auf diese Weise weiterhin die Möglichkeit gäbe, mich selbst entscheiden zu können.“ „Entscheiden?“ „Ja, das ist kompliziert.“ Isara kniff die Augen zusammen „Wissen Sie, dass Wakaner unsere Gedanken lesen können?“
Ralph war überrascht. Diese Frau trug mehr Geheimnisse mit sich herum als man denken könnte. „Hat ER Ihnen das GESAGT?“ sie schüttelte den Kopf „Nein, hab ich selbst gemerkt. Als ich mit ihm in Sarg zu tun hatte. Anhand seines Verhaltens und seinen Aussagen war es die einzig schlüssige Erklärung gewesen. Und als er merkte, dass ich es wusste, blieb er freundlich, auf seine Art und Weise natürlich, und gab mir jedoch klar zu verstehen, dass ich mit meinem Leben spielen würde, würde ich es jemandem erzählen. War unheimlich. Aber ich hielt mich daran. Vermutlich würde es mir ohnehin niemand glauben.“ Isara beobachtete Ralphs Reaktion „Sie halten mich für verrückt. Aber bitte“ sie legte die Hände flehend zusammen „Bitte sagen Sie es niemandem.“ sie lehnte sich zurück in den Sessel.
Verschnaufte. Fürchterlich, wie sie quasselte! Wie ein Wasserfall. Sie musste sich bremsen, unbedingt. Wie konnte ihr das nur geschehen?! Sonst beherrschte sie sich doch! Aber es tat so gut. Endlich raus damit. Diese elende Spannung ein wenig lösen zu können.
Die junge Frau tat ihm leid. Ralph fühlte deutlich, wie sie um ihre Beherrschung rang. Dass sie ihn zu verhören versuchte dachte er schon lange nicht mehr. Es fühlte sich viel mehr wie eine Beichte an. Sie war erleichtert endlich über diese Dinge sprechen zu können. Und er konnte es ihr nachfühlen, nur zu gut. Er rieb sich mit der rechten Hand seinen Bart. Studierte Isara und fragte sich, warum dieser Zylin das getan hatte? Aus seiner Erfahrung wusste er, dass Wakaner viel von ‚Ehre’ und ‚Respekt’ hielten. War man anständig mit Ihnen, erwiderten sie das. Andererseits hatte er auch noch nie einen nachtragenden Wakaner getroffen. Menschen gegenüber zeigten sie sich grundsätzlich gleichgültig.
„Tut mir leid.“ entschuldigte sich Isara nach der kleinen Schweigepause. „Was tut Ihnen leid?“ „Dass ich Sie hier so vollmülle.“ sie winkte ab „Eigentlich weiss ich, was ich wissen wollte.“ sie deutete auf ihren Bauch „Ich bin beruhigt. Jetzt muss ich es nur noch allen als Tattoo verkaufen und mich irgendwo verkriechen, bis ich mich wieder unter Kontrolle habe. Das ist sonst wirklich nicht meine Art. Unmöglich.“ sie schloss die Augen „Wenn Kitel das wüsste!“ sie atmete einmal tief ein und aus „Und Zylin darf es schon gar nicht erfahren. Oh nein. Er hatte Recht! Mit allem! Ich war so eine dumme Kuh! Ich hätte nicht herkommen dürfen. Was hab ich getan?!“
Gerne hätte Ralph das Nervenbündel in die Arme genommen. „Bitte beruhigen Sie sich.“ Isara fing an zu weinen. Sie hätte nicht herkommen dürfen. Hatte einem wild fremden Mann, einem verurteilten Sträfling!!, all diese Dinge erzählt. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?! Ralph