Die Namenlosen. Уилки Коллинз
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Читать онлайн книгу Die Namenlosen - Уилки Коллинз страница 18
Als der Zwischenvorhang zum ersten Mal fiel, hatte Magdalen in sich das ganze Interesse und die Aufmerksamkeit für das Stück gebündelt. Das Publikum applaudierte höflich Miss Marrable, wie es sich für Gäste gehörte, die sich im Haus ihres Vaters versammelt hatten. Gutmütig ermutigte man auch die übrigen Darsteller, um ihnen bei der Bewältigung einer Aufgabe zu helfen, für die sie alle mehr oder weniger spürbar ungeeignet waren. Aber als das Stück weiterging, riss nichts sie zu einem Ausdruck echten Interesses hin, wenn Magdalen nicht auf der Bühne stand. Es war nicht zu verbergen: Miss Marrable und ihre Busenfreundinnen wurden hoffnungslos in den Schatten gestellt von der Novizin, die zur Unterstützung hinzugezogen worden war, nachdem man schon alle Hoffnung aufgegeben hatte. Und das an Miss Marrables Geburtstag! Im Hause ihres Vaters! Und nach den unaussprechlichen Opfern der letzten sechs Wochen! Unter allen häuslichen Katastrophen, die das undankbare Theaterprojekt über die Familie Marrable gebracht hatte, vollendete sich nun das krönende Missgeschick in Magdalens Erfolg.
Als das Stück zu Ende war, mischten sich Mr. Vanstone und Norah unter die Gäste im Esszimmer. Miss Garth ließ sie dort allein und begab sich hinter die Kulissen, angeblich um zu sehen, ob sie irgendwie von Nutzen sein könnte; in Wirklichkeit wollte sie sich aber vergewissern, ob der Triumph des Abends Magdalen den Kopf verdreht hatte. Es hätte Miss Garth nicht überrascht, wenn sie herausgefunden hätte, dass ihre Schülerin mit dem Schauspieldirektor Verabredungen über ihren zukünftigen Auftritt in einem öffentlichen Theater traf. Aber wie sich herausstellte, war Magdalen in Wirklichkeit auf der Bühne und nahm mit anmutigem Lächeln eine Karte entgegen, die der Schauspieldirektor ihr mit einer professionellen Verbeugung überreichte. Als der gesittete kleine Mann Miss Garth’ fragenden Blick bemerkte, beeilte er sich zu erklären, dass es sich um seine eigene Karte handelte und dass er Miss Vanstone nur um den Gefallen bitten wolle, ihn bei zukünftigen Gelegenheiten weiterzuempfehlen.
„Dies ist nicht das letzte Mal, dass die junge Dame bei privaten Theateraufführungen mitwirken wird, dafür lege ich meine Hand ins Feuer“, sagte der Schauspieldirektor. „Und wenn das nächste Mal ein Regisseur gebraucht wird, hat sie freundlicherweise versprochen, ein gutes Wort für mich einzulegen. Ich bin immer unter dieser Adresse zu erreichen, Miss.“ Mit diesen Worten verbeugte er sich noch einmal und verschwand diskret.
Im Geist von Miss Garth machten sich vage Verdächtigungen breit und veranlassten sie, unbedingt einen Blick auf die Karte zu werfen. Kein harmloseres Stückchen Karton war jemals von Hand zu Hand gegangen. Auf der Karte stand nichts außer dem Namen des Schauspieldirektors und darunter der Name und die Adresse eines Theateragenten in London.
„Es lohnt sich nicht, sie aufzuheben“, sagte Miss Garth.
Magdalen griff nach ihrer Hand, bevor sie die Karte wegwerfen konnte, brachte sich im nächsten Augenblick in deren Besitz und steckte sie in die Tasche.
„Ich habe versprochen, ihn zu empfehlen“, sagte sie. „Schon das ist ein Grund, die Karte aufzuheben. Und wenn sie sonst nichts bewirkt, wird sie mich zumindest an den glücklichsten Abend in meinem Leben erinnern – das ist der zweite. Kommen Sie!“, rief sie, wobei sie in fiebriger Fröhlichkeit die Arme um Miss Garth legte. „Gratulieren Sie mir zu meinem Erfolg!“
„Ich werde dir gratulieren, wenn du darüber hinweg bist“, sagte Miss Garth.
Eine halbe Stunde später hatte Magdalen sich umgezogen; hatte sich zu den Gästen gesellt; und war in einer Atmosphäre der Glückwünsche hoch über die Reichweite jedes kotrollierenden Einflusses emporgesegelt, den Miss Garth hätte ausüben können. Frank, der in allem, was er tat, zögerlich war, verließ als letzter aus der Theatertruppe den Bereich um die Bühne. Er unternahm keinen Versuch, sich im Esszimmer zu Magdalen zu gesellen, stand aber später in der Diele mit ihrem Mantel bereit, als die Kutschen vorfuhren und die Gesellschaft aufbrach.
„Ach, Frank!“, sagte sie und sah sich zu ihm um, als er ihr den Mantel um die Schultern legte. „Es tut mir so leid, dass alles vorüber ist! Komm’ doch morgen früh und lass uns allein darüber sprechen.“
„Um zehn Uhr im Sträuchergarten?“, fragte Frank im Flüsterton.
Sie zog die Kapuze ihres Mantels hoch und nickte ihm fröhlich zu. Miss Garth stand in der Nähe und bemerkte, welche Blicke zwischen den beiden gewechselt wurden, aber der Lärm der abfahrenden Gäste verhinderte, dass sie die Worte hörte. Hinter Magdalens vordergründig fröhlichem Benehmen stand eine weiche Zärtlichkeit – da war eine plötzliche Nachdenklichkeit in ihrem Gesicht, eine vertrauliche Bereitschaft in ihrer Hand, als sie Franks Arm nahm und hinaus zum Wagen ging. Was hatte das zu bedeuten? Hatte ihr flüchtiges Interesse an ihm als ihrem Schauspielschüler den Samen für ein tieferes Interesse an ihm als Mann gelegt? Hatte das nutzlose Theaterprojekt jetzt, da es vorüber war, schwerwiegendere Folgen, mit denen es umzugehen galt, als nur eine mutwillige Zeitverschwendung?
Die Linien in Miss Garth’ Gesicht wurden tiefer und härter. Verlassen stand sie in der Menge, die um sie wogte. Ihr fielen die warnenden Worte ein, die Norah im Garten an Mrs. Vanstone gerichtet hatte – und zum ersten Mal kam ihr die Idee, dass Norah die Folgen in ihrem wahren Licht gesehen hatte.
Kapitel 7
Früh am nächsten Morgen trafen sich Miss Garth und Norah im Garten und sprachen unter vier Augen miteinander. Als sie sich anschließend zum Frühstückstisch begaben, bestand das einzige erkennbare Ergebnis ihres Gesprächs in einem vielsagenden Schweigen, das sie zu dem Thema der Theateraufführung bewahrten. Mrs. Vanstone war ihrem Mann und ihrer jüngsten Tochter für alles, was sie über die Abendunterhaltung zu hören bekam, zutiefst dankbar. Die Gouvernante und die ältere Tochter hatten sich dagegen offensichtlich entschlossen, das Thema fallen zu lassen.
Als das Frühstück vorüber war und die Damen sich wie gewöhnlich im Salon versammelten, stellte sich heraus, dass Magdalen fehlte. Aber deren Gewohnheiten waren von einer so geringen Regelmäßigkeit, dass Mrs. Vanstone angesichts ihrer Abwesenheit weder Überraschung noch Unbehagen verspürte. Miss Garth und Norah sahen einander vielsagend an und warteten schweigend. Zwei Stunden vergingen – und immer noch keine Spur von Magdalen. Als die Uhr zwölf schlug, erhob sich Norah und verließ wortlos das Zimmer, um nach ihr zu suchen.
Sie war nicht im oberen Stockwerk, um ihren Schmuck abzustauben oder ihre Kleidung in Unordnung zu bringen. Sie war nicht im Gewächshaus, nicht im Blumengarten; nicht in der Küche, um die Köchin zu necken; nicht auf dem Hof, um mit den Hunden zu spielen. War sie etwa mit ihrem Vater ausgegangen? Mr. Vanstone hatte beim Frühstück seine Absicht kundgetan, seinem alten Kumpan Mr. Clare einen morgendlichen Besuch abzustatten und mit einem Bericht über die dramatische Vorstellung das sarkastische Missfallen des Philosophen anzustacheln. Keine der anderen Damen von Combe-Raven wagte sich jemals in das Cottage. Nur Magdalen war verwegen genug für alles – Magdalen hätte dorthin gehen können. Als Norah auf die Idee kam, betrat sie den Sträuchergarten.
An der zweiten Biegung, wo der Pfad sich zwischen den Bäumen mit einer Windung aus der Sichtweite des Hauses entfernte, stand sie plötzlich Magdalen und Frank von Angesicht zu Angesicht gegenüber: Die beiden schlenderten Arm in Arm auf sie zu, die Köpfe dicht zusammengesteckt und in einem Gespräch, das offenbar im Flüsterton geführt wurde.