Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Читать онлайн книгу Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 11
„Tim hat ausgesagt, dass er nur meinte, dass Julian euch umbringen wollte und er wäre ausversehen vor das Auto von Julian gelaufen und dieser hätte ihn ins Auto gebracht, um ihn zu einem Arzt zu fahren. Aber er wollte zu dir und ist freiwillig mit in das Labor gegangen. Dass Julian dich in den Hals geschnitten hat, auch wenn das angeblich versehentlich geschah, wie Tim diesmal auch bestätigte, lag angeblich daran, weil du ihn getreten hast. Fast wollten sie Tim sogar eine Nebenklage wegen Falschaussage anhängen und er hätte das echt in Kauf genommen, hat Marcel gesagt. Der neue Anwalt hatte leichtes Spiel und fegte alles vom Tisch und da die Untersuchungshaft schon mit anzurechnen ist, reicht wohl eine Bewährungsstrafe für das Maß der Anschuldigungen aus“, höre ich Erik leise sagen und in seiner Stimme schwingt Wut mit.
Ellen schaltet sich ein. „Marcel war ziemlich aufgebracht. Dieser Anwalt konnte alle überzeugen, dass Julian nur durch ein gescheitertes Experiment und durch die Dämpfe, die dadurch entstanden sind, einen Aussetzer hatte. Und sein Ausraster kam nur, weil er nicht wollte, dass seine Schwester und sein Bruder etwas miteinander anfangen. Dass Tim vorher ausgesagt hatte, dass er ihm in das Labor gefolgt war, weil er zu dir wollte, besiegelte alles. Wer will schon, dass der Bruder mit der Schwester …“ Sie schüttelt den Kopf. „Diese verlogenen Arschlöcher!“
Ich sehe sie an und weiß, was sie meint. Sie ist die Einzige, die weiß, was der Preis für Tims Verrat ist. Sie kennt die Zeilen von der Bildrückseite.
Den Tee vor mich hinstellend, streicht sie mir über die Wange.
„Du hast uns. Wir sind deine Kampfbrigade. Erik war nicht umsonst jahrelang in seiner Muckibude. Das war Vorsehung! Es sollte so laufen! Auch mit euch beiden.“ Sie grinst Erik an, der mich loslässt und sich wieder auf den Stuhl neben mir wirft.
„Das denke ich auch“, raunt er leise und ich sehe ihm an, dass er immer noch schrecklich bedrückt ist. Er hat Angst um mich und kann genauso wenig wie ich die neue Situation einschätzen.
„Ich hoffe, das reicht auch“, flüstert er und sieht Daniel an, als könne der ihm eine Antwort darauf geben.
Drogendealer und Zuhälter
In der Nacht schlief ich gut. Wahrscheinlich war das noch die Wirkung der Beruhigungsspritze von Dr. Bremer. Als ich um halb sieben wach werde und mich nach Erik umschaue, liegt er wach neben mir und starrt an die Decke.
Das Licht, das durch das Fenster in unser kleines Reich scheint, beleuchtet sein Gesicht und er wendet den Kopf, als er neben sich eine Regung ausmacht.
„Guten Morgen!“, sage ich und lächele ihn an.
„Guten Morgen!“, antwortet er mit belegter Stimme und ich sehe an dem Braun seiner Augen und seinem blassen Gesicht, dass es für ihn nicht so ein guter Morgen ist.
Ich fahre mit meiner Hand über seine Brust, die feucht und kalt ist. „Wie geht es dir?“, frage ich ihn dabei und er sieht mich verdutzt an. „Wie geht es dir?“, fragt er zurück und klingt etwas ungehalten.
„Gut! Ich habe gut geschlafen. Und du?“
Seine Augenränder geben mir schon eine Antwort.
„Geht so.“ Erik sieht wieder zur Zimmerdecke.
Sein Anblick tut mir weh. Ich muss aufstehen … etwas tun. Dass er so leidet, verursacht in mir ein beklemmendes Gefühl, das mich wieder runterzieht. Ich will das nicht sehen.
Schnell schiebe ich die Decke weg und stehe auf. „Ich gehe duschen“, sage ich und verlasse das Schlafzimmer.
Er sagt etwas, aber ich laufe schon durch das Wohnzimmer in den Flur. Zurückgehen und Nachfragen möchte ich nicht. Ich weiß, Erik wird gleich aufstehen und sich irgendwo das weiße Pulver in die Nase ziehen oder eine Pille einwerfen und mir ist klar, ich darf das nicht zu sehr an mich heranlassen, wenn ich nicht wieder zusammenbrechen will. Ich muss stark sein für das, was mich erwartet und für ihn mit.
Als das heiße Wasser über meinen Körper läuft, spüre ich, wie in mir die Lebensgeister wiedererwachen, die mich seit Sonntag verlassen zu haben scheinen.
„Warum duschst du so früh am Morgen?“, höre ich Erik von der Tür her fragen.
Ich drehe mich zu ihm um, ihn durch das langsam beschlagene Glas der Duschwand ansehend. „Ich glaube, ich bringe heute mal die Wohnung auf Vordermann, gehe einkaufen und am Nachmittag zu Alessia“, antworte ich ihm mit übertrieben guter Laune.
„Bestimmt nicht“, knurrt er mit übertrieben schlechter Laune.
Ich dusche mich weiter und wasche mir meine Haare. Als ich aus der Duschkabine steige, steht er davor und hält mir ein Handtuch hin. Ich lasse mich von ihm einwickeln und er zieht mich in seine Arme. „Das war ein Scherz, hoffe ich! Du bist noch krankgeschrieben.“
Ich lächele ihn nur an.
„Gut“, sagt er beruhigt, davon ausgehend, dass ich nur scherzte. „Ich muss nämlich heute wieder los. Wir haben wichtige Vorlesungen und ich kann nicht immer fehlen.“
„Stimmt, das geht gar nicht. Ich mache dir einen Kaffee und mir einen Tee. Passt das?“, frage ich und möchte ihm zeigen, dass es mir wieder gut geht.
Er nickt und mir wird klar, er will noch ein wenig hinauszögern, was schon längst als wilde Sehnsucht durch seine Adern rauscht und in seinem Kopf ein Verlangen auslöst, das nicht mal ich befriedigen kann.
Ich ziehe mich an, koche ihm seinen Kaffee und mir einen Tee, während er duscht. Wir haben kein Brot da, also gibt es später etwas vom Bäcker.
Erik setzt sich rasiert und unglaublich gut nach seinem Aftershave duftend an den Tisch.
Ich küsse ihn auf die Wange, um den Geruch einmal tief einatmen zu können.
„Und was machst du heute?“, fragt er und seine Augen blitzen kurz auf, als er meinen Blick sieht.
„Ich sagte doch … Hausputz, einkaufen, Alessia.“
Erik sieht mich mit diesem arroganten Blick an, den er mir manchmal noch präsentiert und ich weiß, er glaubt mir nicht.
Meinen Tee trinkend, lächele ich nur vor mich hin.
Er lächelt auch und raunt: „Du willst mich heute Morgen fuchsen!“
Ich schüttele den Kopf. „Mir geht es gut und ich muss etwas tun. Du gehst zur Uni und ich mache mein Ding.“
Ich klaube mein Handy von der Fensterbank, das gestern irgendwie seinen Weg dorthin gefunden hat. Wahrscheinlich, als mein Vater anrief und Erik das Gespräch entgegennahm. Ich drücke eine SMS rein und Erik wird misstrauisch.
„Wem schreibst du?“
„Alessia, dass ich heute zum Arbeiten komme.“
Das ist der Augenblick, in dem sich Eriks Blick verfinstert, weil ihm klar wird, dass ich es ernst meine. „Das tust du nicht!“
Die ewigen Kämpfe, die ich mit ihm ausfechten muss, kosten mich Kraft.
„Erik, ich kann hier nicht sitzen und