Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Das Leben

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unbedingt heute noch anrufen, wenn es dir bessergeht.“ Erik lehnt seinen Kopf an die Rückenlehne des Bettes und murmelt: „Ich hatte nicht erwartet, dass er das mit uns so wegsteckt. Er meint, ich bin ein besserer Schutz für dich und er schrotet meinen Mustang mit seinem Golf, wenn ich dir doch noch Drogen unterjuble oder dir sonst etwas antue.“ Er lacht leise auf und ich bin verwirrt. Mir schießt der Gedanke durch den Kopf, dass Marcel klargeworden sein muss, dass Erik das mit dem Mustang war, den er in Bramsche immer gesehen hatte.

      „Hat er sonst noch etwas wegen deinem Auto gesagt?“, frage ich verunsichert.

      Erik scheint genau zu wissen, was ich meine. „Ja, dass ich ihm für alles eine Probefahrt schulde.“

      Das entlockt mir ein Lächeln. Das ist mein Marcel! Er ist nicht sauer auf uns, möchte aber einmal Eriks Auto fahren.

      „Ich sagte doch, er tauscht mich gegen dein Auto sofort ein“, witzele ich.

      Erik lässt mich von seiner Brust auf das Kissen sinken und lehnt sich über mich, um mich ansehen zu können: „Ganz so ist es nicht. Er liebt seinen Golf und er steht auf meinen Mustang. Aber für dich würde er beide zu Schrott fahren.“

      Er sieht mich ernst an und ich streiche ihm mit der Hand über die Wange mit den Bartstoppeln. „Er hat mich gefragt, ob wir schon etwas miteinander gehabt haben, als ihr noch zusammen wart“, sagt er leise und sein ernster Gesichtsausdruck verunsichert mich. „Ich habe nein gesagt. Ich konnte ihm das nicht antun. Er scheint ein ganz umgänglicher Kerl zu sein.“

      Es fehlt nur noch, dass Erik sagt: „Wenn ich eine Frau wäre, würde ich mich auch in den verlieben.“ Das hatte Tim zumindest mal gesagt.

      „Das ist lieb von dir. Das hat Marcel auch nicht verdient“, sage ich mitgenommen.

      „Ich weiß. Und weißt du, was mir gestern klar wurde?“ Erik sieht mich unschlüssig und etwas verunsichert an.

      Ich schüttele den Kopf.

      „Du hast diesen eigentlich ganz annehmbaren Kerl wegen mir verlassen. Und auch Tim mit seinem dicken Mercedes, dem vielen Geld und dem Leben auf einem roten Teppich. Ich weiß nicht, ob ich das verdiene?“

      „Tust du! Du verdienst alles Gute auf dieser Welt und hast auch ein dickes Auto, Geld und einen roten Teppich können wir uns noch kaufen, wenn du unbedingt einen haben willst“, raune ich und streiche ihm wieder über die Wange.

      „Ach Carolin! Du bist wie ein Stehaufmännchen. Gestern noch völlig am Ende und heute baust du mich schon wieder auf und machst Witze.“ Er küsst mich und ich fühle mich von seinen Worten getragen.

      Ich muss stark sein! So etwas wie gestern darf mir nicht noch mal passieren.

      Am Nachmittag rufe ich meine Mutter an und muss einiges über mich ergehen lassen. Sie ist entsetzt, dass ich nicht mehr mit Marcel zusammen bin und eine Wohnung in Osnabrück habe, von der sie die ganze Zeit nichts wusste. Und dass ich krank bin, beunruhigt sie. Marcel hatte ihr aber wohl nicht gesagt, dass es ein Nervenzusammenbruch war.

      „Willst du nicht besser zu uns kommen? Papa holt dich heute Abend ab.“

      „Mama! Ich werde hier versorgt“, raune ich nur und sie keift: „Marcel sagte, dass du einen Neuen hast! Wann wolltest du uns von dem erzählen? Und das alles, wo doch Julian auch noch seine Verhandlung diese Woche hat. Kannst du denn dorthin überhaupt mit?“

      „Das muss ich! Aber ich werde keine Aussage machen. Ich werde mein Zeugnisverweigerungsrecht vorschieben. Als seine Schwester kann ich das und werde das auch tun. Ich hoffe, das beruhigt dich.“

      Das weitere Gespräch ist für mich nur noch eine Qual. Meine Mutter will nur eins und das um jeden Preis - Julian aus der Untersuchungshaft haben.

      Nach dem Gespräch mit ihr lasse ich mich aufs Sofa zurücksinken. Erik ist zur Apotheke gegangen, um meine Medikamente zu holen und ich kann mich nur zusammenrollen und tief durchatmen, um die aufsteigende Unruhe und Angst zu bekämpfen, die mir schon wieder die Luft abschnüren will. Ich will auch, dass Julian aus dem Gefängnis kommt und endlich alles ein Ende hat. Ein Ende, dessen Ausgang mir in diesem Moment echt egal ist. Hauptsache es ist endlich vorbei.

      Am Abend ruft Marcel mich an. Seinem Großonkel geht es nicht gut und er hatte ihn nur kurz besuchen dürfen. „Ich habe ihn zwar über diese Organisation ausgefragt, aber er konnte mir nichts darüber sagen.“

      „Wie heißt diese Organisation?“, frage ich etwas enttäuscht.

      „Die Al Kimiyaischen Freidenker oder so. Al Kimiya heißt so viel wie Chemie auf Arabisch. Es gab nicht viel, was ich darüber herausfinden konnte und was dann auch noch einigermaßen verständlich ist. Ich weiß auch nicht, wo die herkommen oder wo die ihren Sitz haben.“

      „Okay! Ist auch erst mal egal. Und was ist mit deinem Großonkel? Warum geht es ihm so schlecht?“, frage ich, um wenigstens ein wenig Anteilnahme zu zeigen. Erik ist noch in der Dusche und ich bin froh darüber, dass er von dem Gespräch nichts mitbekommt.

      „Nah, das Alter“, antwortet Marcel nur und er tut mir leid. Er liebt seinen Großonkel und für ihn wäre es schlimm, wenn er nicht mehr da wäre.

      „Ich hoffe, es geht ihm bald wieder besser“, sage ich ehrlich mitfühlend.

      Einen Augenblick herrscht Stille in der Leitung. Dann räuspert sich Marcel. „Und, wie geht es dir?“, fragt er und seine Stimme wird so weich, dass mir mein Herz schwer wird.

      „Alles wieder okay. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich bin so schnell nicht kleinzukriegen. Das weißt du doch.“

      „Ich weiß nur, dass du zwar viel aushältst, aber nicht auf ewig und nicht in diesem Maße. Wir haben es doch gestern gesehen! Aber Erik ist wenigstens körperlich allem gewachsen, was dir etwas antun könnte. Ich hoffe nur, er hat auch genug Herz und Köpfchen“, murrt er und ich weiß, er ist verletzt, weil ich mit jemand anderen zusammen bin und dem ganz offensichtlich all das entgegenbringe, was ich ihm nicht mehr entgegenbringen will.

      „Das hat er“, antworte ich nur. „Er wird auf mich achtgeben und wenn er mal nicht kann, dann habe ich ja noch meinen Freund, der auch immer für mich da ist und der mir einer der liebsten Menschen auf der Welt ist“, sage ich, weil ich das Gefühl habe, ihn aufbauen zu müssen.

      „Ach echt! So einen dummen Volltrottel gibt es in deinem Leben auch noch, der trotz allem immer noch für dich da ist?“, raunt Marcel und lacht leise auf.

      „Das hoffe ich zumindest!“

      Es ist erneut still in der Leitung und ich warte auf seine Antwort, die letztendlich ergeben an mein Ohr dringt: „Ja, den hast du wohl“, raunt er leise und ernst. „Und dieser Volltrottel muss jetzt Schluss machen. Die Jungs warten. Wir wollen noch Fußball schauen.“

      „Okay, Marcel! Und Danke!“

      „Für dich doch immer.“

      Dr. Bremer kann mir ein Erscheinen vor Gericht nicht ersparen. Aber Erik begleitet mich bis vor das Gebäude. Dort nimmt mich Marcel in Empfang, mit klarer Order von Erik, ihn anzurufen, wenn ich es irgendwie nicht schaffe. Er bleibt auf Abruf in der Nähe, soll aber möglichst nicht in Erscheinung treten, damit keiner weiß, wo und bei wem ich hinterher untertauche.

      Da ich immer noch nicht in Osnabrück

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