Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Erschöpft von den Auswirkungen des Wochenendes und dem Tag, der hinter uns liegt, liegen wir beide nur da und hängen unseren Gedanken nach, bis uns der Schlaf in seine Dimensionen lockt.
Am nächsten Tag fahren Ellen und ich wieder zur Fahrschule. Es ist unsere dritte Theoriestunde und wir rauchen noch schnell eine Zigarette, bevor wir uns in das graue Gebäude mit der riesigen, gelben Aufschrift begeben. Die beiden Mädels, die mich am Donnerstag ansprachen, kommen an uns vorbei und ich frage sie, wie ihre ersten Fahrstunden waren.
„Oh, schrecklich!“, sagt Nina und lässt ihre schiefen Hasenzähne aufblitzen. „Voll chaotisch! Ich dachte ständig, ich ramme was.“
Sarah winkt ab. „Ach, Heulsuse! Ich fand das gestern voll cool. Ich glaube, ich bin echt gut!“
Sarah macht mir Hoffnung und auch Ellen lassen ihre Worte nicht kalt. Sie hat noch viel mehr Angst vor dem Fahren als ich.
Wir rauchen zu Ende und Sarah zieht ihre Freundin schon in das Gebäude der Fahrschule.
Ich frage Ellen, den beiden hinterhersehend: „Wir müssen noch die Passbilder abgeben und wann wollen wir den Erste-Hilfe-Kurs machen?“
Erik hatte mir am Morgen beim Frühstücken gesagt, dass ich in der Fahrschule nach einem Termin dafür fragen soll.
Statt darauf zu antworten, knurrt Ellen: „Ne, nicht der schon wieder! Und sooo dreist! Unfassbar!“
Ich sehe sie verunsichert an und drehe mich um, ihrem Blick folgend.
Grinsend kommt Werner bei uns an, wirft seine lange, blonde Strähne etwas zur Seite, um seine grünen Augen eine freie Sicht zu bieten und sagt: „Hi, ihr zwei Hübschen. Unsere dritte Stunde! Und schon fleißig Fragenkataloge gewälzt?“
„Was willst du denn schon wieder?“, knurrt Ellen nur, statt ihm zu antworten.
Ich lächele ihn an und drehe mich zu ihm um. „Ne, noch gar nicht! Aber diese Woche muss ich ernsthaft damit anfangen.“
„Aber bestimmt! Sonst ziehen wir nicht gleich, wenn du durch die erste Prüfung rasselst“, sagt er und lacht über meinen Gesichtsausdruck. Dabei legen seine vollen Lippen zwei blendend weiße Zahnreihen frei und auf seinen Wangen bilden sich zwei kleine Grübchen, die nur erscheinen, wenn er ausgelassen lacht. Einen Moment verunsichert er mich ein wenig.
Ich sehe schnell Ellen an, die sich einfach umdreht und mich am Arm hinter sich herzieht.
An uns vorbei strömen ganze Völkerscharen in die Fahrschule und ich frage mich schon, ob wir so früh sind, dass noch keiner reingegangen ist oder ob es heute so voll wird.
Carsten und Tobias scheinen nicht da zu sein. Zumindest sitzen auf ihren Plätzen zwei Mädchen, die beide besser zwei Stühle genommen hätten.
Ellen sieht sich nach freien Plätzen um. Aber es scheint alles besetzt zu sein, bis auf die zwei Plätze, auf denen wir letzte Woche auch schon saßen. Ellen grinst und zieht mich nach hinten. Sie wirft sich auf den Platz neben einen Jungen mit roten Haaren, den ich noch nie hier gesehen habe und ich setze mich auf den letzten Platz am Reihenende.
Klaus, der Theorielehrer, kommt herein und mit ihm Werner.
Ellen grinst schadenfroh, weil kein Platz mehr frei ist.
Werner sieht sich um. Hinter ihm kommen noch zwei weitere Jungen in den Raum, die wohl neu sind. Sie wirken angesichts des Platzmangels verunsichert und ein wenig verstört.
„Holt euch bitte von dem Stapel draußen einen Stuhl und setzt euch an den Rand. Vielleicht lassen euch nette Tischnachbarn ihren Tisch mitbenutzen“, sagt Klaus.
Werner verschwindet als erstes in den Gang und die anderen beiden folgen ihm. Er kommt auch als erstes wieder in den Raum, einen weißen Plastikstuhl in den Händen und steuert direkt auf mich zu.
„Das ist doch jetzt nicht wahr?“, knurrt Ellen ungehalten und ich lächele Werner zu. Was soll ich auch anderes tun, um Ellens Unfreundlichkeit zu kompensieren.
„Darf ich?“, fragt er und ich nicke. „Klar! Kein Problem.“
Er setzt sich an die Tischkante meines Tisches, dicht an mich heran.
Ellen wirft ihm einen bösen Blick zu, muss sich dann aber nach vorne wenden, weil Klaus uns erklärt, was wir als Erstes an diesem Tag tun werden.
„Ich gebe allen eine Fragenseite und ihr schaut mal, was ihr darauf ausgefüllt bekommt.“
Nah toll. Das kann ja was werden.
Klaus gibt einen Stapel Zettel herum und jeder nimmt einen runter. Zeitgleich folgt eine Kiste mit Kugelschreibern.
„Die Kugelschreiber hätte ich gerne wieder zurück“, ruft Klaus und Gemurmel und Gelächter hebt an.
„Sind die nicht im Preis mit drin?“, ruft einer.
„Nein, und ich habe auch nur begrenzt welche. Also bitte! Legt sie später in die Kiste zurück oder lasst sie auf dem Tisch liegen.“
Als ich endlich den Zettel vor mir liegen habe und einen Kugelschreiber in der Hand halte, mache ich ein wenig Platz für Werner, damit auch er seinen Zettel problemlos auf den Tisch legen kann.
„Danke!“, raunt er und sieht sich den Zettel an.
Ich werfe Ellen einen hilflosen Blick zu. Oh Mann! Es ist zwar nur zum Ankreuzen, aber das kann auch schwer sein, wenn man nicht weiß, was man ankreuzen soll.
„Manchmal gehen auch mehrere Antworten“, raunt Werner und beginnt Kreuze zu setzen.
Ich lese mir die Fragen durch und die möglichen Antworten. Die erste geht leicht. Als ich bei der zweiten Frage ein Kreuzchen setzen will, schiebt Werner mit seinem Kugelschreiber meinen eine Antwort tiefer.
Ich sehe ihn aus dem Augenwinkel an und er zwinkert mir zu.
Als ich mich auf die nächste Frage stürzen will, tippt er auf eine weitere Antwort bei der vorherigen und ich lese sie mir nochmals durch.
„Ach so?“, flüstere ich leise.
„Ja!“, flüstert er zurück.
So geht es den ganzen Zettel weiter. Er gibt mir fast immer die Antworten auf irgendeine Art und Weise vor und ich lese schon fast gar nicht mehr die Antworten, sondern warte ab, was er so meint. Da er einen anderen Fragenzettel hat als ich, lese ich eine seiner Fragen und weiß die Antwort. Frech kreuze ich mit meinem Kugelschreiber seine Antwort an.
„Danke!“, säuselt er und schenkt mir ein Lächeln mit Grübchen.
„Bitte!“, raune ich leise und setze mich zurück, um etwas mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Sein Lächeln kann einen schon aus dem Gleichgewicht bringen.
„Poor! Ich muss zu Hause üben“, mault Ellen neben mir mürrisch. „Das ist ja voll schwer!“
Ich beuge mich zu ihr und sehe mir ihre Fragen an. Da sie den gleichen Zettel wie Werner hat, gebe ich ihr die letzten drei Antworten vor