Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Erik steigt beschwingt aus dem Mustang aus, die Blicke der um uns stehenden ignorierend, die sein Auto mustern.
Für mich zählt nur Erik und als er so um sein Auto herumgeht und suchend in die Menge lugt, schlägt mein Herz schneller.
Auch Daniel steigt aus und auch er schaut sich um.
Plötzlich habe ich das Gefühl, die beiden sind nicht zufällig da. Ist etwas passiert?
Schnell bewege ich mich durch die um uns Stehenden auf Erik zu, der mich in dem Moment entdeckt.
„Erik, alles in Ordnung?“, frage ich schon, als ich ihn noch nicht mal erreicht habe.
Er sieht mich an und seine Augen leuchten auf. Aber er sagt nichts, sondern kommt mir entgegen, zieht mich an sich und küsst mich.
Ich bin nicht nur irritiert, sondern auch etwas peinlich berührt. Diese Auftritte machen mich immer noch verlegen.
Erik lässt mich los und grinst: „Jetzt schon.“
Ich drehe mich zu Ellen um, die Daniel einen Kuss gibt, mir zuwinkt und schnell in den BMW steigt.
Ich wollte sie doch noch wegen Werner zusammenstauchen, aber sie scheint es mit einem Mal sehr eilig zu haben und Daniel zieht mit seinem BMW an dem Mustang vorbei, hupt kurz und weg sind sie.
„Komm! Ab nach Hause!“, knurrt Erik mir in seiner Gangstermanier zu und gibt mir einen Klaps auf den Po.
Ich sehe ihn etwas ungehalten an, weil ich so etwas gar nicht mag. Das mimt immer ein wenig den Anstrich von Nutten-Zuhälter Konstellation.
Eriks Blick wandert düster über die Leute hinweg und mir wird auf einmal klar, dass dieser Auftritt wohl überlegt ist. Deswegen hat Ellen sich so schnell aus dem Staub gemacht. Sie weiß, wie sehr ich so einen Auftritt hasse und ich denke mir, sie hat ihn höchstpersönlich erbeten.
„Können wir jetzt fahren?“, brumme ich resigniert. Sowas werde ich aus diesen Zeiss-Clarkson wohl niemals herausbekommen.
Erik hält mir sogar die Beifahrertür auf, was ihm einen mittlerweile bösen Blick von mir einbringt. Aber er ignoriert den lässig.
Als er einsteigt, den Motor aufbrüllen lässt und den Mustang auf die Straße treibt, sehe ich nicht noch mal zurück zu den vielen jungen Leuten. Ab heute werden sie mich mit anderen Augen sehen, das steht schon mal fest.
„Was ist?“, fragt Erik gut gelaunt.
„Nichts!“, knurre ich und er lacht. „Ich liebe das, weil ich weiß, wie wenig dir an solchen Auftritten liegt.“
„Ja, Danke. Schon klar. Jetzt wissen alle Bescheid!“, murre ich, kann aber nicht länger böse auf ihn sein, weil seine Augen so zufrieden glänzen und um seinen Mundwinkel dieses belustigte Lächeln spielt, das ich so an ihm mag, weil es mir zeigt, dass es ihm gut geht. Und wenn ihn solche Auftritte glücklich machen …
Am nächsten Morgen treffe ich Ellen an der Schule. Sie wurde wieder vor mir von Daniel dort abgeliefert und muss nun erschrocken feststellen, dass ich noch nicht mit ihr fertig bin.
„Guten Morgen!“, säuselt sie, als ich Erik hinterherwinke.
Ich sehe sie mit bösem Blick an, was ihre gute Laune verfliegen lässt.
„Kein guter Morgen. Zumindest nicht für dich!“, fahre ich sie an und tue so, als wäre ich noch stinksauer. Sie soll mir einfach sagen was sie mit diesem Werner für ein Problem hat.
„Ich habe nichts gemacht“, sagt sie in Abwehrhaltung.
Sie zum Schulhof ziehend, frage ich barsch. „So, nicht? Und was ist das mit diesem Werner? Kannst du mir mal sagen was du gegen den hast? Der will doch nur nett sein!“
Ellen bleibt wie erstarrt stehen und lacht böse auf. „Ach, wegen dem bist du sauer? Das ist doch wohl nicht wahr.“
„Ich bin nicht wegen dem sauer, sondern weil du ihm gegenüber so feindselig bist. Was ist denn bloß mit dir los?“
Langsam weitergehend scheint sie meiner Frage ausweichen zu wollen. Aber als ich neben ihr bin, raunt sie: „Gleich am ersten Tag … du hattest es so eilig und bist zum Bus gerannt, weißt du noch? Da hat er mich angequatscht und nach deinem Namen gefragt. Ich fand, dass ihn der nichts angeht. Aber er ließ nicht locker und meinte, dass du doch bestimmt die Maddisheim bist“, erwidert sie. „Und dann hat er gesagt, dass er noch nie so ein hübsches Mädchen gesehen hätte und ich habe ihm erklärt, dass er keine Chance hat, weil du einen Freund hast. Da hat er nur gelacht und gesagt, dass das Mädchen, das ihm widerstehen kann, erst noch geboren werden muss. Poor! Ich fand den so ätzend!“
Ich sehe sie erstaunt an. So gesehen kann ich ihre Abneigung verstehen und auch ihr Misstrauen ihm gegenüber. Aber meinen Namen kann er auch irgendwo aufgeschnappt oder auf dem Anwesenheitszettel gelesen haben und mir ist völlig egal, woher er den weiß. Was mir nicht egal ist, ist allerdings der Umstand, dass sie mir nicht mehr vertraut. Werner ist hübsch … und nett. Aber das war´s auch schon.
„Gut!“, sage ich. „Du bist doch schon mal klar Nummer eins, die kein Problem hat, ihm zu widerstehen und glaub mir … ich bin Nummer zwei. Aber deswegen muss ich weder unfreundlich sein noch so tun, als wäre er nicht da. Wir können ganz normal mit ihm umgehen, wie mit jedem jungen Mann, der uns nicht interessiert. Du tust so, als wäre er eine Bedrohung! Ist doch klar, dass er wer weiß was von sich denkt.“
Den Blick, den Ellen mir zuwirft, kann ich nicht deuten. Aber als wir durch den Gang der Schule gehen, nickt sie plötzlich und meint: „Eigentlich hast du recht. Er muss denken, ich sehe ihn als Konkurrenz für Erik an.“
„Genau! Und glaub mir: Eine Konkurrenz für Erik muss erst mal geboren werden und nichts anderes.“
Wir biegen in die Klasse ein, wo uns die anderen Mädels empfangen, als wären wir zwei verschollene Kinder. Jetzt, wo es kalt und ungemütlich draußen ist, warten sie nicht mehr vor der Schule auf uns und wir sehen uns meistens erst in der Klasse.
Ich ziehe meine Jacke aus und werfe sie über den Stuhl, als Michaela neben mir erscheint. „Julian ruft dich heute Abend an. Ist das okay?“
„Natürlich!“, sage ich, obwohl mich bei dem Gedanken an ihn immer noch ein seltsam beunruhigendes Gefühl beschleicht. Aber ich will ihm erzählen, was mir am Wochenende passiert ist und seine Meinung dazu hören.
Die Lehrerin kommt in den Raum und legt einen Packen Zettel auf den Tisch.
Wir setzen uns hin und sie begrüßt uns: „Guten Morgen!“
Wir antworten brav und sie schenkt uns ein Lächeln. „Ich habe eure Briefe wieder mitgebracht und war überrascht. Es heißt doch, dass eure Generation nicht nur keine Fantasie mehr hat, sondern auch des Schreibens nicht mehr fähig ist. Ich muss dem wirklich widersprechen. Ich habe ganz tolle Briefe von euch bekommen. Ich habe sie benote, was nicht ganz einfach war. Ich muss gestehen, meine Benotung ist durch den Aspekt, wie weit mich ein Brief berührt hat und wie weit er mir eine Bedeutung wiederspiegelte, ausgefallen. Natürlich sind Briefe etwas Persönliches und ich werde keinen vorlesen. Aber ich werde euch sagen, welches die Besten waren und wenn ihr wollt, könnt ihr diejenigen Fragen, ob sie ihn euch