Giuseppe Verdi. Leben, Werke, Interpreten. Christian Springer

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Giuseppe Verdi. Leben, Werke, Interpreten - Christian Springer

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di San Bonifazio, dem so gefeierten, mit Beifall bedachten jungen Debutanten des vergangenen Jahres, ließen die Zuschauer unseres großen Theaters vorgestern abend eine eindringliche Warnung zukommen. Seine neue Opera buffa Un giorno di regno wurde ganz anders aufgenommen als seine erste. Das Publikum schwieg oder mißbilligte das Urteil derer, die Applaus für angebracht hielten. Die Ouverture, zwei Duette zwischen zwei Bässen im ersten und im zweiten Akt und die Arie der Abbadia wurden gelobt; alles andere fiel durch, und es besteht wenig Hoffnung, daß sich an den folgenden Abenden an diesem harten Urteil etwas ändern wird, es sei denn, die Sänger wären bereit, mit einer korrekteren Aufführung einige der Schönheiten hervorzuheben, die Experten in den Musiknummern erkannt haben.

      Das ist natürlich Pech für Verdi, doch darf es ihn nicht verbittern; er soll sich vielmehr von dem neuen Weg, den er beschritten hat, verabschieden und wieder zu den leidenschaftlichen Inspirationen des ernsten Dramas zurückkehren; der Komponist des Oberto möge sich nicht selbst aus der Welt der Zuneigung, der Liebe, der ergreifenden und zarten Kantilenen verbannen, die ihm seine erste Schlacht gewannen, um sich in dieses Labyrinth veralteter Formen, abgedroschener Phrasen, einer kalten und knechtischen Nachahmung allzu willfähriger Motive zu wagen. Die Zukunft steht ihm noch offen, die Zukunft betrügt niemand, der sich nicht selbst betrügt.

      Die Aufführung dieser Oper gibt uns Gelegenheit, einige der derzeitigen Sänger unseres Theaters darauf aufmerksam zu machen, daß sie, gleich welche Aufnahme sie bei den Zuschauern finden werden, gleich welcher Dämon der Rivalität oder des Neids an ihrer Künstlerseele nagen mag, die öffentliche Meinung weder herausfordern noch verachten dürfen, daß ihre Verhaltensweise stets dem strengsten Respekt und jenem Anstand untertan sein muß, der jeden Gedanken an Ungebührlichkeit ausschließen müßte, um keine härteren Worte zu wagen. Außerdem kann man noch hinzufügen, daß selbst dann, wenn die Oper nicht gefällt, die Darsteller sie dennoch dem Publikum mit unverändert gutem Willen darbieten müssen, denn aufzuhören zu singen oder nur die Lippen bei den Musiknummern zu bewegen, beweist eine schuldhafte Unkenntnis der eigenen Pflicht; denn das Publikum gibt kein Geld für die Bühnenhelden aus, damit sie nur nach Lust und Laune in den von ihnen bevorzugten Augenblicken singen; und schließlich kann die Gleichgültigkeit und die Lässigkeit eines Sängers auch in einer nicht genehmen Oper als eine Hauptursache für deren Durchfall angesehen werden.[109]

      Wie sich wenige Jahre später herausstellen wird, ist das Urteil des Publikums aber keineswegs endgültig:

      Möchtest Du etwas zum Lachen haben? Die Opera buffa, die ich vor vier Jahren für die Scala geschrieben habe und die durchgefallen ist, hat in Venedig einen aufsehenerregenden Erfolg erlebt. Das Theater ist doch wirklich etwas Komisches.[110]

      In seinem Autobiographischen Bericht erinnert sich Verdi an eine lange Phase, in der er das Komponieren aufgeben und von Musik partout nichts mehr wissen wollte. Auch hier überwiegt die subjektive Erinnerung vor der objektiven Realität: Zu den für Un giorno di regno geplanten Terminen setzt Merelli Oberto-Vorstellungen an, die Verdi selbst dirigiert. Da statt des Bassisten Marini nur der Bariton Raffaele Ferlotti zur Verfügung steht, der für die abgesetzte Oper engagiert worden ist, sieht sich Verdi vor die Aufgabe gestellt, die Partie des Oberto an dessen stimmliche Mittel anzupassen. Außerdem schreibt er zwei neue Stücke, eine Kavatine für Cuniza und ein Duett Cuniza-Riccardo.

      In der Karnevalssaion 1841 wird Oberto in Neapel gespielt. Verdi ist nicht anwesend, wieder singt die Rainieri-Marini die Leonora, die Cuniza ist diesmal ein echter Alt, weshalb wieder die Partitur der Uraufführung herangezogen wird. Dem Werk ist in Neapel kein besonderer Erfolg beschieden.

      Ebenfalls in der Karnevalssaison wird die Oper in Genua aufgeführt. Hier betreut Verdi die Produktion selbst, wiederum komponiert er neue Musik.

      Der Oberto ging Samstag in Szene und wurde kühl aufgenommen. Beifall gab es für die Ouverture, für die Introduktion sogar heftigen Applaus mit Herausrufen für Catone und auch für mich und Applaus für die Kavatine der Marini. Das Duett zwischen Ferlotti und der Marini kühl aufgenommen (es ist ein neues Stück). Bei dem darauffolgenden Chor, der ebenfalls neu ist, kühle Aufnahme (anzumerken ist, daß ich bei dieser Oper eine Bühnenmusik hinzugefügt habe). Wenig Beifall für das darauffolgende Duett. Das Terzett kühl. Das Finale ebenfalls. Im zweiten Akt Applaus für alle Nummern, doch sehr zurückhaltend. [...] Die Marini hat [gestern abend] mit soviel Einsatz und so gut gesungen wie nie zuvor und im Schlußrondò verdiente sie sicher viel Applaus. Das ist die wahre Geschichte. Ich muß Dich jedoch darauf aufmerksam machen, daß sich das hiesige Publikum zur Hälfte aus Genuesern und zur anderen Hälfte aus Turiner Soldaten zusammensetzt, die seit eh und je in Opposition zueinander stehen.[111]

      Kurz nach der Aufführung des Oberto in Genua – nur etwas mehr als ein Jahr nach der Uraufführung in Mailand – ist die Rede davon, diese Oper in Parma aufzuführen.

      Ich höre mit Freude, daß man im Frühjahr den Oberto in Parma geben will; aber ich weiß nicht, ob es ratsam ist, diese Oper in dieser Stagione aufzuführen, weil sie, obgleich sie keines großen Aufwandes an Dekoration und Kostümen bedarf, dennoch vier Sänger erfordert, die vorzüglich singen können, denn alle haben Arien, um Vorteil für sich daraus zu ziehen; es gibt Duette, da ist ein Terzett und ein Quartett, das die beste Nummer der Oper ist. Dann bedarf es eines Männerchores und eines Frauenchores. Im übrigen kann die Baßpartie jetzt von jedem Bariton gesungen werden, denn sie wurde im vergangenen Herbst für Ferlotti umgeschrieben. Ich werde mit Vergnügen hören, wofür man sich entscheiden wird, und zeichne als Ihr aufrichtiger Freund.[112]

      1859 wird die Oper unter dem Titel Il finto Stanislao in Neapel aufgeführt, verschwindet dann aber bald von den Spielplänen.

      D

      ie bestimmende Figur bei den beiden ersten Opernaufträgen Verdis ist der Impresario Bartolomeo Merelli (Bergamo 1794 – Mailand 1879). Er kam als Sohn des Verwalters der Grafen Moroni zur Welt und wuchs in Bergamo auf, wo er auch die Schule besuchte. Dort begann er, Rechtswissenschaften zu studieren. Gleichzeitig studierte er Komposition bei Simon Mayr, wo Gaetano Donizetti sein Studienkollege war. Für einige frühe Donizetti-Werke verfaßte Merelli die Libretti, darunter Enrico di Borgogna und Una follia (beide 1818), Piccioli virtuosi ambulanti (1819), Le nozze in villa (1820-21), Zoraide di Granata (1822; später von Jacopo Ferretti überarbeitet). Er setzte seine Karriere vorerst als Librettist fort und arbeitete für Vaccaj (vier Libretti zwischen 1818 und 1824), für seinen Lehrer Mayr (zwei Libretti) und für Morlacchi. Er bearbeitete auch Texte anderer Autoren, darunter Rossinis Il viaggio a Reims für die Aufführung in Wien.

      Seine Biographie weist bis 1830 – das Jahr, in welchem er erstmals als Impresario in Varese in Erscheinung trat – weiße Flecken auf. 1812 wurde der Achtzehnjährige wegen eines vermuteten versuchten Diebstahls bei einer Adeligen verhaftet, nach sechs Monaten wurde die Anklage allerdings mangels Beweisen fallengelassen. Er blieb bis zum Abschluß der Untersuchungen weitere drei Monate in Haft und wurde dann vorläufig auf freien Fuß gesetzt, blieb aber unter Polizeibeobachtung.

      In den Folgejahren organisierte er kleinere Opernspielzeiten in Cremona und Como. Nachdem er sich mit dem Pächter des Wiener Kärntnertortheaters Carlo Balochino (1770-1851) zusammengetan hatte, war er von 1836 bis 1848 Direktor dieses Opernhauses. Gleichzeitig gelang ihm die Verwirklichung seines Lebensziels: die Übernahme des Monopols für die Aufführungen an der Mailänder Scala von 1836 bis 1850, was ihn aber nicht daran hinderte, neben den beiden angeführten Verpflichtungen auch anderswo Produktionen auf die Bühne zu bringen, wie beispielsweise Pacinis Saffo im Teatro di San Carlo in Neapel (1840).

      Er führte ein fürstliches Leben, besaß Villen, Pferde, Kutschen, sammelte Gemälde und unternahm alles, um seinen Vorgänger Domenico Barbaja zu übertrumpfen. Er wurde auch

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