Giuseppe Verdi. Leben, Werke, Interpreten. Christian Springer
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1847 stellten sich erste stimmliche Schwierigkeiten ein, seine letzten wichtigen Engagements waren in der Saison 1849-50 in Paris (Théâtre Italien) und in Madrid. Danach mußte er seine Karriere beenden. Der für seine exzessiven Urteile bekannte englische Kritiker Henry Chorley befand: „[...] his voice was superb and richly strong, with tones full of expression as well as force [...], but either he was led away by bad taste or fashion into drawling and bawling, or he had never been thoroughly trained.“ Ab 1851 war Moriani als Gesangspädagoge in Florenz tätig.
Verdis Präferenz für Shakespeare
W
ährend die Avola und Macbeth dem „phantastischen“ Genre zugerechnet werden können, gehören die Masnadieri nicht dazu. Für die Avola wie für die Masnadieri würde Verdi einen guten Tenor (für die Partien des Jaromir bzw. Karl Moor) benötigen. Als sich herausstellt, daß Fraschini nicht frei und Moriani, den sich Verdi in Bergamo angehört hat, in miserabler stimmlicher Verfassung ist, verlagert Verdi seine Aufmerksamkeit von der Avola, die er bereits ad acta gelegt hat, und den Masnadieri, an denen er bereits zu arbeiten begonnen hat, auf Macbeth. Zwischen den Zeilen seiner Korrespondenz ist aber schon zu lesen, daß sein Interesse vor allem dem Macbeth gilt, auch wenn er es strikt vermeidet, den Titel der Oper zu nennen.
Die Zeit drängt und man muß eine Entscheidung treffen: um eine Arbeit von einiger Bedeutung zu machen, genügen die verbleibenden Monate gerade noch. Nun, wenn Du den Vertrag mit Fraschini ausgehandelt und abgemacht hast, so ist das ausgezeichnet, und ich werde dann eines von den Sujets, die ich Dir angedeutet habe, machen. Falls Du Fraschini nicht fest engagiert hast, möchte ich kein Risiko mit anderen Tenören eingehen und mir ihretwegen Sorgen machen müssen: aus diesem Grund habe ich ein Sujet im Auge, bei dem man auf den Tenor verzichten kann. In diesem Fall würde ich unbedingt die zwei Künstler benötigen, die ich Dir hier nenne: die Loewe und Varesi. Varesi ist heute der einzige Künstler in Italien, der die Partie, die ich im Sinne habe, ausführen kann, und zwar wegen seiner Art zu singen, wegen seines Ausdrucks und auch wegen seiner Erscheinung. Alle anderen Künstler, auch die, die besser sind als er, könnten diese Rolle nicht so ausführen, wie ich es will, ohne Ferri[287] seine Meriten abzusprechen, der eine schönere Erscheinung und eine schönere Stimme hat, und, wenn Du so willst, auch der bessere Sänger ist, der aber in dieser Rolle mit Sicherheit nicht die Wirkung erzielen könnte wie Varesi. Versuche also, einen Tausch zu machen und Ferri abzutreten, und damit ist alles geregelt. Das Sujet ist weder politisch, noch religiös: es ist phantastisch. Entscheide also: entweder nimmst Du Fraschini (und in diesem Fall würde mir die Barbieri[288] besser passen) oder, wenn Du Fraschini nicht bekommen kannst, unternimm alles Menschenmögliche, um Varesi zu engagieren. Wenn Du meinst, werde ich, um die Dinge zu vereinfachen, diese Angelegenheit selbst mit Varesi aushandeln, sofern Du mich dazu ermächtigst. Der Rest der Truppe kann aus guten zweiten Sängern zusammengesetzt sein, aber ich brauche einen sehr guten Chor ...; doch darüber reden wir später. Antworte mir sofort postwendend und sieh zu, daß alle meine Bemühungen und Vorarbeiten für diese vermaledeiten Sujets nicht fruchtlos bleiben.[289]
Es liegt also auf der Hand, daß Verdis Präferenz dem Shakespeare-Stoff gilt, für den er vor allem eine erstklassige ausdrucksstarke Sopranistin und einen ihr ebenbürtigen Bariton benötigt. Zu diesem Zweck kontaktiert er – möglicherweise ohne die angesprochene Ermächtigung Lanaris – Felice Varesi:
Möchtest Du also zur Fastenzeit nach Florenz kommen? Wenn Du willst, werde ich für Dich den Macbeth schreiben!... Gib mir kurz und postwendend Antwort: laß mich wissen, wann Du in Florenz sein wirst und wann Du auftreten würdest: denk daran, daß du nur verpflichtet bist, in meiner eigens für Dich geschriebenen Oper zu singen. Kurz gesagt, schreibe mir Deine Bedingungen und Deine finanziellen Forderungen; ich bitte Dich, diese soweit als möglich einzuschränken, denn Du weißt, daß Lanari sicherlich keine großen Opfer auf sich nehmen will. Antworte mir postwendend, und vergiß auf nichts. Addio, addio, in Eile. Antworte schnellstens und halte die Angelegenheit geheim.[290]
Zwei Tage später, als noch keine Antwort von Varesi vorliegt, posaunt Muzio die noch keineswegs feststehende Neuigkeit bereits im kleinen Kreis aus.
Vielleicht werden in der Oper des signor Maestro in Florenz weder Moriani noch Ferri singen. Alles hängt jetzt von der Antwort von Varesi ab. Wenn Varesi bereit ist, während der Fastenzeit in Florenz zu singen, dann schreibt er [Verdi] den Macbeth, in dem es nur zwei Hauptrollen gibt: Cordelia[291] und Macbeth – die Loewe und Varesi; die anderen sind Nebenrollen. Kein Schauspieler kann derzeit den Macbeth besser darstellen als Varesi, sowohl wegen seiner Art zu singen als auch wegen seiner Intelligenz und auch wegen seiner kleinen, häßlichen Figur. Vielleicht werden Sie jetzt sagen, er singt ohne Stimme; aber das macht nichts, denn die Partie wird fast zur Gänze deklamiert, und das kann er sehr gut.[292]
Varesi ist interessiert und gibt positive Nachricht. Verdi antwortet ihm umgehend. (Die Post funktionierte trotz der damaligen Beförderungsmittel nicht nur zuverlässiger, sondern merkwürdigerweise oft auch wesentlich rascher als heute.)
Ich habe Deinen lieben Brief erhalten. Wenn die Angelegenheit hinsichtlich des Preises machbar ist, werde ich versuchen, Dir eine vorteilhafte Bezahlung zu verschaffen; vielleicht wird es Schwierigkeiten geben wegen der drei Vorstellungen, und mir scheint, daß es eigentlich notwendig wäre, vier[293] Vorstellungen zu machen etc. Wenn die anderen Schwierigkeiten überwunden werden können (davon mündlich), hoffe ich, daß wir uns wegen des übrigen einigen werden. Wenn Du nach Mailand kommst, laß mich sofort nach Deiner Ankunft wissen, wo ich Dich finden kann, denn bis dahin werde ich vielleicht die endgültige Antwort Lanaris erhalten haben ...
P.S. Ich lege Dir weiterhin Geheimhaltung ans Herz; sag mir auch, ob es Dir möglich wäre, über den 18. März hinaus in Florenz zu bleiben. Denn es stimmt zwar, daß er [Lanari] andere Bässe[294] hat, aber wenn die Oper mit Dir aufgeführt wird, muß man sie auch mit Dir weiterspielen.[295]
Am 3. September ist anscheinend noch immer nichts entschieden.
Man weiß nichts Endgültiges wegen Florenz, innerhalb der nächsten Woche wird alles vorbei [= entschieden] sein. Entweder wird Fraschini da sein und er [Verdi] wird deshalb die Masnadieri machen, oder er wird nicht da sein, dann wird er den Macbeth mit Varesi machen, was besser wäre, weil es ein Stoff ist, den die ganze Welt kennt. [...][296]
Die letztere Bemerkung Muzios über den Macbeth dürfte aus dem Munde des signor Maestro stammen, denn Muzio hat das Drama wohl kaum gekannt (vgl. seinen Brief vom 27. August 1846, in dem er die Cordelia in diesem Stück vermutet). Am Vortag hat Verdi Piave aber bereits ein Exposé des Macbeth angekündigt.
Morgen oder übermorgen schicke ich Dir das Exposé des Macbeth. Ich lege ihn Dir aus ganzer Seele ans Herz!...[297]
Eine solche Formulierung ist für Verdi ungewöhnlich und weist darauf hin, daß er inzwischen – unabhängig von Lanaris Antwort – zum Macbeth tendiert.
Shakespeare in Italien
I
m Italien des 17. und 18. Jahrhunderts war Shakespeare als Lieferant von Vorlagen für Opern nicht sonderlich gefragt gewesen. Die italienische Shakespeare-Rezeption lief vorwiegend über französische