Behauptung statt Wahrheit. Erwin Leonhardi

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Behauptung statt Wahrheit - Erwin Leonhardi Moses-Trilogie

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Denken beherrschen. Das Volkslied "Die Gedanken sind frei" ist nicht kirchlichen Ursprungs, es deutet auf den tiefen inneren Wunsch hin, sich von geistigen Einschränkungen zu befreien.

      Durchsetzung

      Besonders die christliche Kirche setzt ihre ureigenen Machtinteressen mit härtester Brutalität durch. Wer sich auflehnt und in Ungnade fällt, wird selbst heutzutage vernichtet, jahrhundertelang sogar grausam hingerichtet.

      Ein modernes Beispiel dafür ist der Umgang der Kirche mit dem Schweizer Philosophen und Theologen Prof. Dr. Hans Küng. Ihm wurde 1979 nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil unter Papst Johannes XXIII. die Lehrbefugnis samt Lehrstuhl entzogen, weil er unter anderem die Unfehlbarkeit des Papstes infrage stellte. Im Gegensatz dazu erfuhr Hans Küng zusammen mit Richard von Weizsäcker höchste Anerkennung, als er von UN-Generalsekretär Kofi Annan 2001 in die Gruppe hochrangiger Persönlichkeiten berufen, die für die Vereinten Nationen das Manifest "Crossing the Divide. Dialogue among Civilizations" (deutscher Titel "Brücken in die Zukunft") verfassten.

      Ein weiteres Beispiel dafür ist der Umgang der Kirche mit der katholischen Theologin Prof. Dr. Uta Ranke-Heinemann. Sie vertritt, neben anderen grundsätzlichen Themen, die Meinung, dass die Jungfrauengeburt ein rein wörtliches Missverständnis ist und nicht biologisch gemeint ist. Daraufhin entzog ihr der Essener Bischof Franz Hengsbach am 15. Juni 1987 die Lehrbefugnis für katholische Theologie.

      Natürlich ist wissenschaftlich gesehen die Jungfrauengeburt bei Menschen völlig unmöglich, außer sehr theoretisch bei künstlichen Befruchtungen und Kaiserschnitt. Die gab es damals aber noch nicht. Also wird eine durch keinen Sachverstand gedeckte Doktrin höher gestellt als die leicht einsehbaren biologischen Tatsachen. Im Übrigen wird im NT direkt am Anfang des Markusevangeliums Josef, Marias Mann, als Nachkomme Davids präsentiert, damit Jesus in diese Reihe hineingepasst werden kann. Offiziell war Josef aber gar nicht der biologische Vater von Jesus, wenn eine Jungfrauengeburt vorlag. So ganz konsequent ist diese Doktrin nicht durchdacht, denn logischerweise muss mindestens eine der beiden Aussagen falsch sein. Ist Josef der Vater, gab es keine Jungfrauengeburt, ist Josef nicht der Vater, gibt es keine genetische Verwandtschaftsbeziehung von Jesus zu David.

      Über ihre Organe wiederholen die Kirchen stereotyp ihre Doktrin im sonntäglichen Gottesdienst und vermitteln ihrer Klientel dabei nach Jahrhunderten noch immer eine kindliche Gottesvorstellung. Formulierungen wie „Ehre sei Gott in der Höhe“ und „vom Himmel hoch“ basieren noch immer auf einem uralten Weltbild. Wo ist örtlich der Himmel der Gläubigen? Wo ist im Kosmos oben und unten?

      Die deutsche Sprache hat hier einen Nachteil, weil sie für den kosmischen Himmel und den religiösen das gleiche Wort verwendet. In der englischen Sprache gibt es dafür zwei verschieden Wörter, nämlich sky und heaven. Das gestattet eher eine transzendente Denkweise und verführt nicht zur Gleichsetzung zweier verschiedener Begrifflichkeiten.

      Eine grundsätzliche Frage besteht darin, warum vor einem Gott, dem nachgesagt wird, er sei allwissend, gebeichtet werden muss. Die Antwort ist einleuchtend, denn die Beichte macht den Sünder zum unterwürfigen Strafwürdigen. Sie verleiht auf bequeme Weise der Kirche die Macht über den Einzelnen, denn nur sie kann, gemäß selbst ernannter Zuständigkeit, vergeben. Das widerspricht grundlegend den Gesetzen der Mosesbücher der Bibel, die hier zweckorientiert ausgehebelt werden.

      Spätestens die in der Offenbarung des Johannes mit grausamen Bildern beschriebenen Endzeitstrafen für Ungläubige machen schwache Gemüter gefügig. Diese Offenbarung klingt nach totaler geistiger Verwirrtheit des Autors. Sie lässt aber erkennen, was sich der fanatische Schreiber für die aus seiner Sicht Ungläubigen wünscht.

      Die Angst vor abstrakten Strafen wird professionell gepflegt. Während sie durch ihre gesamte Zeit der Existenz auf moralisch verwerfliche Weise allen Schichten der Gesellschaft Leben genommen, Eigentum entlockt und so Reichtum angehäuft hat, predigt die Kirche Enthaltsamkeit für die Anhänger und Fegefeuer für jeden, der anders denkt. Linientreues Pseudodenken innerhalb des künstlich festgelegten gültigen Regelraums ist erlaubt, alles andere ist heidnisch oder ketzerisch und somit strafwürdig. Intoleranz in Reinkultur.

      Hölle

      Die Basis der Machtentfaltung der Kirche ist der professionelle Umgang mit der Angst vor Strafe durch die göttlichen Mächte. Angst verschafft Macht über andere, die Gehorsam üben, um unkalkulierbaren Strafen zu entgehen. Typischerweise sind diese Strafen abstrakt, wie beispielsweise Verdammnis der Seele, drohende Krankheit, Verfluchung der Familie, wirtschaftlicher Misserfolg usw. Sie werden zur Abschreckung in eine bildhafte Wirklichkeit transferiert. So schmoren beispielsweise im Christentum angeblich die Seelen von Sündern entsetzlich in der Hölle.

      Mit ein wenig Nachdenken lässt sich der Höllengedanke, die lodernde Feuerhöhle mit speziellem Fegefeuer für Verdammte, als barer Unsinn entlarven. Laut christlicher Lehre ist die Seele körperlos. Sie entweicht direkt nach dem Tod dem Leichnam und tritt vor das Gottesgericht. Dort wird sie nach nicht nachvollziehbaren göttlichen Kriterien in den Himmel oder in die Hölle geschickt. Reuige Sünder können in den Himmel kommen, selbstgefällige Gläubige in die Hölle. Diese beiden Möglichkeiten sind wichtig, denn sie bewirken, dass sich niemand sicher fühlen kann.

      Nur ein Körper mit Bewusstsein und funktionierendem Nervensystem kann Schmerz empfinden. Demzufolge kann das Fegefeuer einer leiblosen Seele nichts anhaben. Für das Empfinden von seelischem Schmerz ist ein Bewusstsein erforderlich. Das ist aber mit dem Gehirn gestorben. Das Ganze ist ein Paradebeispiel für die Einschüchterung von Menschen mithilfe von unbeweisbaren Behauptungen. Wie allein auf die immaterielle Seele wirkende Höllenqualen ernsthaft funktionieren sollen, hat die Kirche nie wirklich erklärt. Sie hat nur Bilder an ihren Altären herstellen lassen, die dem Volk die primitive Vorstellung vom Fegefeuer geben sollten. Diese Bilder waren alles, was ein Analphabet zur Kenntnis nehmen konnte. Für ihn wurden sie in Auftrag gegeben.

      Vor Jahrhunderten hat die katholische Kirche für ungetaufte gestorbene Kinder die Vorhölle erfunden, die erst in jüngster Zeit unter Papst Benedikt XVI., bürgerlich Josef Ratzinger, offiziell wieder abgeschafft wurde. Der Sinn bestand darin, Zwang zu erzeugen, dass die Kinder frühestmöglich getauft und damit von der Kirche vereinnahmt werden konnten.

      Wenn die Erklärungsnot zu groß wird, gibt es immer noch die Pauschalheilung mit dem Satz, die Wege des Herrn seien unergründlich. Unergründlich heißt unberechenbar. Unberechenbarkeit heißt Zufall. Da Gott angeblich das Leben seiner Kinder individuell beeinflusst, sollte Zufall nicht gelten. Eine beliebige unergründliche Macht ist für den Menschen wertlos. Es gibt keinen planbaren Erfolg, weil sich niemand auf die Beliebigkeit einer solchen Macht einstellen kann. Logisch folgt daraus, dass es müßig ist, nach einem gottgefälligen Leben zu streben. Ein Glaubender weiß nie, ob er am Ende belohnt wird, oder ob die Lebensleistung wegen irgendeiner Lappalie oder einer göttlichen Laune, die sich im AT massenhaft zeigt, verworfen wird. Eine von Menschen geschriebene Bibel und eine von Priestern gesprochene dogmatische Auslegung können keine wirkliche Grundlage sein. Sie sind nur das Ergebnis einer konstruierten Vorstellung, mehr nicht. Der zentrale Punkt ist die Vorspiegelung, die Priesterschaft wüsste, wie mit Gott umzugehen ist, und definiere einen passenden Verhaltenskodex, der vor drohenden erdachten Strafen schützt.

      Es gehört eine enorme Arroganz dazu, nicht nachprüfbare abstrakte Strafen zu erfinden und sie als behauptete Wahrheit zu verbreiten. Aber es gehört auch eine entsprechende Portion respektgeprägter Angst dazu, solche sinnfreien Dinge zu glauben. Über Generationen hinweg fallen erfolgreich verführte Gutgläubige darauf herein, weil Ihnen gleichzeitig vorsorglich vermittelt wird, dass allein schon ein infrage stellen der Lehren bereits Sünde sei. So einfach funktionierte das über viele Jahrhunderte bis heute. Fakt ist: Kein einziger Mensch hat jemals eine entsprechende Erfahrung

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