Auf ihren Spuren. Sabine von der Wellen

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Auf ihren Spuren - Sabine von der Wellen Cecilia Hyde

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auf Timo oder bestenfalls Manuel und sieht mich nur als Kind der WG.

      Timo grinst mich an und ich stehe auf und gehe Orangensaft aus dem Kühlschrank holen. „Will noch jemand?“, versuche ich das Thema zu wechseln und sehe, dass Katja und Timo sich erneut breit grinsend einen Blick zuwerfen.

      Da keiner antwortet, nehme ich nur mir ein Glas mit zum Tisch und sehe erneut, dass Manuel verstohlen Katja mustert. Was ist nur mit ihm los?

      Bevor ich mich wieder an den Tisch setze, steuere ich lieber auf mein Zimmer zu. „Sagt Bescheid, wenn ich abräumen helfen soll.“ Meine Zimmertür lasse ich krachend ins Schloss fallen. Irgendwie regt mich heute alles auf.

      Keiner holte mich zum Abräumen. Ich werde wach und sehe auf meinem Nachttischeckregal das volle Glas Orangensaft stehen. Mamas Radiowecker sagt mir, dass es schon Nachmittag ist.

      Mein Herz pocht dumpf bis in meine Schläfen und ich fühle mich verschwitzt und unruhig. Ich weiß, es liegt an dem Traum. Darin kam ich in unsere Wohnung und hörte Katja aufkreischen. Als ich ins Wohnzimmer stürmte, lag sie auf dem Tisch, nackt und mit Schokolade besudelt, die Timo und Manuel von ihrer Haut leckten.

      Statt ihr zu helfen, zog ich mich aus. Ich weiß, ich wollte sie in dem Moment und das war es, was mich entsetzt aufwachen ließ.

      Ich will Katja nicht. Auf keinen Fall. Sie ist ein Störenfried in unserer WG und wir ohne sie besser dran.

      Aber mein Herz pocht und auch mein Freund, der sich schmerzhaft in der Hose Platz zu schaffen versucht. Ich weiß, ich sollte kalt duschen und mal wieder runterkommen. Irgendwie gehen mit mir in letzter Zeit wirklich die Hormone durch.

      Als ich mit frischer Wäsche unter dem Arm aus meinem Zimmer ins Wohnzimmer komme, höre ich das leise Klacken der Gewichte des Trainingsgerätes und sehe zum Fenster.

      „Hi. Ausgeschlafen?“ Es ist Manuel, der meine Gewichtseinheiten stemmt. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass seine eher aus Fettgewebe bestehenden Arme und Beine das hinbekommen. Aber er scheint das nicht zum ersten Mal zu machen und mir wird klar, warum ich immer dachte, dass er das Gerät nicht benutzt. Er verstellt nie die Gewichte.

      „Hol dir keinen Bruch“, werfe ich nur mürrisch zurück und frage: „Wo sind die anderen?“

      „Weg. Ausgeflogen. Timo trifft sich mit welchen aus der Uni und Katja … keine Ahnung.“

      Ich nicke nur und gehe ins Badezimmer, schließe ab und stelle mich unter die Dusche. Irgendwie ist mir unwohl. Aber ich brauche einige Zeit, bis mir klar wird, was es ist. Ich gehe Manuel aus dem Weg.

      Ich habe Angst vor dem, was er mir über Mamas Buch sagen wird. Seine Meinung ist mir wichtig und daher fürchte ich sie auch.

      Als ich aus dem Badezimmer komme, sitzt er am Tisch und wedelt mit dem Heft nervös durch die Luft. „Ziemlich kranker Scheiß!“

      Ich nicke nur und werfe mich angezogen mit T-Shirt und kurzer Hose auf einen Stuhl. Es scheint wirklich schön draußen zu sein. Die Sonne scheint und ich sehe durch die großen Fenster endlos blauen Himmel.

      „Alle Geschichten haben diese Kombination aus Buchstaben und Nummern.“ Manuel scheint nicht weiter auf die Inhalte eingehen zu wollen.

      Ich bin froh darüber. „Was glaubst du, können sie bedeuten?“

      Manuel zieht die Schultern hoch. „Keine Ahnung. Hast du noch mehr davon?“

      Ich nicke. „Und Skizzen oder Zeichnungen, die irgendwie zu den Geschichten passen könnten.“

      Manuel zieht die Augenbrauen hoch und ich beschließe, ihm einige zu zeigen. „Komm!“ Schwerfällig schiebe ich mich vom Stuhl, als hätte sich die Wohnung gerade mit Gelatine gefüllt und ist daher schwer zu durchqueren.

      Er folgt mir und ich schließe erneut den Schrank auf und suche einige Blätter heraus, die ich damals hier von der Wand nahm. Nun fällt mir sofort auf, was ich ansonsten noch nie wahrnahm. „Sie haben die gleichen Buchstaben und Nummern am Ende. Schau mal.“

      Manuel greift sich ein Blatt und besieht sich die Nummer. Dann blättert er in dem Heft, findet aber wohl nichts. Er greift eine andere Seite und vergleicht wieder die Kombinationen und ruft: „Hier! Die passt!“

      Ich starre ihn an. Aber er durchforstet schon den Text und sieht sich das Blatt an. Dann raunt er entgeistert: „Das Bild zeigt einen Aufbau von etwas, was sie in der Geschichte verwenden, um jemanden daran festzubinden. Siehst du das?“ Er hält mir die Skizze mit dem Andreaskreuz vor die Nase, das an den Eckpunkten an der Decke befestigt ist und deren Seillänge offensichtlich das Kreuz in alle erdenklichen Posen bringen kann. An jedem Ende der Holzlatten sind außerdem Schnallen befestigt.

      „Warum braucht man sowas?“, frage ich entsetzt, obwohl ich es mir schon denken kann. Es ist die Geschichte mit der gekreuzigten Frau.

      „Steht hier ganz klar. Deine Mutter wollte sich daran festbinden lassen, um einem Pulk in Kutten und Kapuzen gekleideter Männer und Frauen ausgeliefert zu sein, die dann machen, was ihnen gerade in den Sinn kommt.“

      Ich zische wütend: „Das war nicht meine Mutter! Die hat sowas nicht gemacht!“

      „Ist ja schon gut. Vielleicht waren es ja nur Fantasien. Die hat ja jeder und sind nicht verboten.“

      Ich bin wirklich wütend, weil es eigentlich offensichtlich ist und mir weitere Skizzen und die vielleicht dazugehörigen Geschichten einfallen. Und was das für ein Licht auf meine Mutter wirft, kann ich fast nicht mehr ignorieren. Aber das kann einfach nicht sein. Meine Mutter war nicht so!

      Und um meine Wut rauslassen zu können, zische ich Manuel entgegen: „Ja, deine Fantasien hat man heute beim Frühstück gesehen. Manoman. Dir ist bei Katjas Anblick fast einer abgegangen.“

      Manuel öffnet den Mund und schließt ihn wieder, als wäre ihm die Antwort abhandengekommen. Dann setzt er sich in meinem Lederschreibtischstuhl zurück und sieht nur zu mir auf. Leise, als solle das bloß keiner hören, nicht mal ich, raunt er: „Ey, Joel. Sei nicht sauer. Aber du glaubst nicht, was sie gestern gemacht hat!“

      Ich kann mir nicht denken, was er meint. Aber er wartet nicht ab, dass ich danach frage.

      „Die Lektüre hat mich gestern echt durcheinandergebracht. Sie ist wirklich verstörend und ich war etwas geladen. Aber ich dachte, es schlafen alle, als ich ins Badezimmer wollte.“ Manuel sieht mich nicht an und beginnt das Blatt, dass er noch in der Hand hält, aufzurollen. „Katja war aber noch wach und kam aus dem Bad. Sie sah mich und sie sah … naja.“ Er schluckt schwer und als wolle er es schnell hinter sich bringen, raunt er noch leiser: „Sie hat mir einen geblasen.“ Er sieht auf, weil ihm wahrscheinlich einfällt, dass ich nicht weiß, was er meint. Aber ich weiß das. Ich habe es in einem Porno gesehen.

      Er fügt hinzu und kann die Begeisterung in seiner Stimme kaum im Zaum halten: „So richtig. Bis zum End. Ich schwör dir, das war der Wahnsinn!“

      Ich starre Manuel nur an und versuche nicht die Bilder hochtreiben zu lassen, die Katja mit einem Schwanz im Mund zeigen. Mit meinem Schwanz. Denn das Bild drängt sich plötzlich in mir hoch.

      „Das ist so eine elende Schlampe“, zische ich aufgebracht. „Die macht auch alles, um hier weiterhin umsonst wohnen zu können.“

      Manuel sieht mich perplex an.

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