Auf ihren Spuren. Sabine von der Wellen

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Auf ihren Spuren - Sabine von der Wellen страница 15

Auf ihren Spuren - Sabine von der Wellen Cecilia Hyde

Скачать книгу

sprang mich die Frage an, ob da mehr dahintersteckt. Was veranlasste sie dazu, sich auf irgendwelche Spielchen einzulassen? Gefährliche Spielchen?

      In meinem Kopf fasste nur noch Fuß, was ich in diesem Heft und auf den ausgedruckten Seiten gelesen hatte, und wurde für mich zu dem, was Jennie erfüllen wollte. Wie kam man auf so etwas und wie war das zu bewerkstelligen, ohne ein Verbrechen zu begehen oder strafrechtlich verfolgt zu werden? Fand man wirklich für jede kranke Wunschvorstellung den passenden Menschen, der das gerne mit sich machen ließ?

      Ich konnte mir das nicht vorstellen. Überhaupt nicht.

      Aber irgendwie lässt mich das Ganze nicht mehr zur Ruhe kommen. Ich will immer noch Mamas Geheimnisse aufdecken, auch wenn sie mittlerweile eine Facette angenommen haben, die mich wirklich erschüttern und ängstigen.

      Manuel wird es freuen, wenn ich erneut mit ihm auf Recherche gehe. Er brennt darauf, mehr von der Tätigkeit dieser Jeannie zu erfahren. Aber von dem, was ich jetzt vorhabe, weiß er nichts.

      Ich atme tief durch und versuche meine Unruhe, und vielleicht auch Angst, unter Kontrolle zu bringen. Aber mittlerweile ist alles, was ich in Richtung „Mamas Leben“ unternehme, beunruhigend und löst leichte Panikattacken aus.

      Während ich mit leicht zittriger Hand das Handy an mein Ohr halte und warte, versuche ich auszublenden, was um mich herum los ist.

      Ich stehe im Stadtpark, mitten im Getümmel von Spaziergängern, Joggern, Fahrradfahrern, spielenden Kindern, schreienden Müttern und Hundebesitzern, die ihre Hunde hinter einem Stock herjagen lassen. Auf einer Parkbank hocken Jugendlichen, die sich wegen irgendetwas aufspielen und ich sehe einen Gärtner, der mit einem riesigen Gerät einen Abschnitt des Rasens mäht.

      Mir ist irgendwie wohler bei dem Gedanken, das Gespräch in Mitten vieler Menschen zu führen, als würde mich das schützen. Dabei ist das nur ein Telefongespräch!

      „Ja?“, höre ich eine dumpfe, dunkle Stimme unfreundlich Brummen.

      „Hier ist Joel Kammlagen.“

      Vielleicht weiß der Typ nicht, wer ich bin oder ich bin sogar völlig falsch verbunden, weil Michelle mir eine falsche Nummer gab.

      „Joel.“ Der Typ scheint völlig perplex zu sein.

      „Ich bin der Sohn von Cecilia“, erkläre ich schnell.

      „Ich weiß!“, raunt es aus dem Handy. Einen Augenblick höre ich nichts mehr, dann fragt der Mann am anderen Ende der Leitung zurückhaltend: „Wie kann ich dir helfen?“

      Dass er das fragt, gibt mir Hoffnung. Er blockt zumindest nicht gleich ab, auch wenn seine Stimme eher abweisend klingt. Aber was soll ich ihm sagen, was ihn fragen?

      „Michelle sagte, Sie kennen sich mich PCs aus. Ich habe den von meiner Mutter und kann ihn nicht gebrauchen, weil er kennwortgeschützt ist“, stelle ich mein Anliegen so hin, als wäre ich nur ein armer, verlassener Junge, dem nur der Laptop seiner Mutter geblieben ist. „Und ich möchte gerne wissen, was da drauf ist. So als Erinnerung.“

      Der Typ am anderen Ende schockt mich kurz, als er murrt: „Nichts ist da drauf.“ Doch dann besinnt er sich wohl und sagt sehr viel freundlicher: „Und du glaubst, ich kann ihn hacken?“

      „Ich kenne niemanden, den ich sonst fragen kann“, lüge ich und hoffe, er springt darauf an, auch wenn ich ansonsten noch nicht weiß, was ich mir von dem Gespräch überhaupt erhoffe. Schließlich ist der Laptop meiner Mutter schon längst gehackt.

      Einen Augenblick ist die Leitung wie tot. Dann höre ich ein Seufzen und die brummige Stimme wieder, die antwortet: „Okay. Ich schau mal, was ich für dich tun kann. Wo wollen wir uns treffen? Oder soll ich zu dir in die Wohnung kommen?“

      Ich erstarre. „In welche Wohnung?“, frage ich dümmlich, weil ich nicht weiß, ob er die Mietwohnung meint oder tatsächlich unsere WG.

      „Die in der Stadt.“

      Ich schlucke. Der Typ kennt also Mamas Zufluchtsort. Jetzt will ich ihn erst recht kennenlernen. Er hat sich gerade auf meiner Liste nach ganz oben gespielt.

      Schnell überlegend, wende ich dann aber doch ein: „Ich will keine Umstände machen. Ich kann auch zu Ihnen kommen, wenn Sie mir ihre Adresse geben.“

      Ich höre ein seltsames, leises Lachen. Dann höre ich ihn sagen: „Soll mir recht sein. Ich habe deine Nummer. Also, wenn ich in der Stadt bin, melde ich mich und schreibe dir, wo du mich findest.“

      „Okay“, raune ich.

      „Bis dann!“

      „Bis dann!“, beeile ich mich zu antworten und höre nur noch das Besetztzeichen.

      Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und meine Gedanken überschlagen sich. Sofort listet sich alles auf, was ich falsch machte. Ich muss die Nummer unterdrücken, wenn ich irgendwelche Leute anrufe. Aber dass ich zu ihm fahre ist gut. So erfahre ich, wo er wohnt.

      Blödsinn! Dummbeutel! Du erfährst nur, wo er absteigt, wenn er in der Stadt ist.

      Aber immerhin weiß ich jetzt, dass er nicht hier wohnt.

      Doch der Umstand, dass ich zu diesem Typ fahre, von dem ich nichts weiß, lässt meinen Magen dumpf poltern. Wenn das nun irgend so ein durchgeknalltes Arschloch von denen ist, mit denen meine Mutter zu tun hatte?

      Mir wird klar, dass er auf alle Fäll einer von denen ist, mit denen meine Mutter zu tun hatte. Es muss sich bloß noch herausstellen, ob er ein durchgeknalltes Arschloch ist.

       Und ich fahre zu ihm!

      Ich beruhige mich damit, dass er sich vielleicht auch nicht mehr meldet. Aber das wäre auch schade, weil er bestimmt etwas weiß, was mich interessiert. Und er kennt diese Wohnung!

      In meinem Kopf spinnen sich schon Geschichten zurecht. Ich sehe meine Mutter lachend in mein Zimmer stolpern, während ein ekliger Typ sie langsam aus den heißen Dessous schält …

      Poor, da kommt mir sogar mein Frühstück wieder hoch.

      Früher haben mich solche Gedanken nicht so aufgeregt. Da hatte ich sie auch nicht. Sicher war mir klar, dass meine Mutter mal mit Männern ausging. Dafür gab es ja schließlich die Kondome in ihrer Handtasche. Aber das produzierte kaum Gedankengut, weil sie auch nie jemanden mit nach Hause brachte. Darum musste ich mich nie wirklich mit dem Thema auseinandersetzen. Aber nun ist das anders. Nun ist das alles beherrschend in meinem Kopf und jedes bisschen neue Nahrung erschüttert meine Welt ein bisschen mehr. Schrecklich und seltsam aufreibend, weil es dabei nicht um das normale Mann und Frau Zusammentreffen geht, sondern in meinem Kopf sich sofort die Geschichten und Mamas Wäscheauswahl mit hineindrängen.

      Ich gehe durch den Park nach Hause und überlege, ob dieser Marco mir vielleicht etwas sagen kann, dass mich den Tresor knacken lässt. Vielleicht kennt er sogar die Kombination?

      Ich habe begonnen, nun mit System vorzugehen und Nummern durchzuprobieren. Aber bei den vielen Möglichkeiten kann das ewig dauern.

      Als ich in die Wohnung komme, ist niemand da. Ich gehe direkt in mein Zimmer und werfe meine Schultasche an der Tür auf den Boden. Die Schuhe trete ich auch aus und stehe dann einfach nur da, aus dem Fenster auf die Stadt starrend. Irgendwie drängt es mich,

Скачать книгу