Little Pearl. Madlen Schaffhauser
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Mit noch feuchten Haaren schlüpfe ich in ein paar Jeans und ein bequemes rosa Langarmshirt. Gerade als ich die Knöpfe an der Hose schließe, läutet es an der Tür. Etwas genervt, weil ich schon spät dran bin, sehe ich durch den Spion. Das hat mir Mom beigebracht, als ich noch klein war. Niemals die Tür öffnen, wenn man nicht weiß, wer draußen steht. Obwohl mir das Ganze etwas absurd erscheint, wenn man bedenkt, welchen Job ich habe, mache ich es doch ganz vorbildlich.
Als ich die dunkelbraunen, kinnlangen Haare mit Pony meiner besten Freundin erkenne und sie mich durchs Guckloch mit einer Grimasse begrüßt, entferne ich die Sicherheitskette.
»Was machst du denn hier? Ich dachte, wir würden uns im Diner treffen.« Wir umarmen uns, ehe ich ins Bad zurückgehe, um mich fertig zu machen.
»Da ich mir fast sicher war, dass du nicht rechtzeitig da sein würdest, dachte ich mir, ich könnte auch bei dir warten, statt alleine in einem Restaurant und dabei von allen angegafft zu werden, weil man ohne Begleitung dasitzt. Und siehe da, ich hatte recht.« Sie zupft an meinem Haar. »Die sind ja noch ganz feucht.«
»Wie war dein Tag?«, frage ich, ohne auf ihre Neckereien einzugehen.
Emily lehnt sich mit dem Hintern an den Waschtisch und stützt die Hände darauf. »Ganz in Ordnung.«
Ich höre auf meine Haare zu kämmen und blicke zu meiner Freundin. Etwas in ihrer Stimme lässt mich aufhorchen. »Das klingt nicht gerade begeistert. Lässt dich Matthew immer noch nicht in Ruhe?«
Emily winkt lässig ab, doch ihre grünen Augen sagen etwas anderes.
»Das ist der eigentliche Grund, warum du jetzt hier bist, stimmt’s?«
Ihre Mundwinkel wölben sich ein klein wenig. »Schon unglaublich, wie gut wir uns kennen, nicht?«
Emily und ich sind seit der Grundschule engste Freundinnen. Ich war etwas die Lautere, sie die Scheue. Doch wir verstanden uns auf Anhieb. Haben uns alles erzählt, nie etwas voreinander verheimlicht. Manchmal brauchte es nur einen Blick oder eine Stimmlage und wir wussten, wie es dem anderen geht. So auch jetzt.
»Was hat er getan?«
»Eigentlich nichts«, seufzt sie. »Er hat nur einen großen Blumenstrauß mit meinen Lieblingsblumen vor die Tür gestellt.«
Ihre Mimik gefällt mir nicht. Sie liebt Matthew immer noch. Kein Wunder schließlich waren sie acht Jahre ein Paar. Das Traumpaar von Little Pearl. Sie hatten schon genaue Zukunftspläne. Doch dann, während eines Streits, schlug er ihr mehrmals mitten ins Gesicht.
Mich schüttelt es, wenn ich bloß daran denke. Wie kann man einem Menschen, den man angeblich über alles liebt, nur so etwas antun? Diese Frage stelle ich mir immer wieder, ohne auf eine Antwort zu kommen.
Ich habe Emilys geschwollene Wange und das blaue Auge gesehen, was vollkommen ausreicht, um sie vor ihrem Ex beschützen zu wollen. Und leider auch vor sich selbst, wie sich in diesem Moment wieder zeigt.
Sie sieht mich nicht an und ihre Stimme ist ziemlich leise. »Es ist doch nur einmal passiert.«
»Einmal zu viel.« Es macht mich traurig, dass sie immer noch versucht, Matthews Handgreiflichkeiten schönzureden.
Ohne ein weiteres Wort gehe ich in die Küche, nehme mein Handy vom Tisch, scrolle durch die Galerie und kehre ins Bad zurück, wo Emily immer noch ans Waschbecken gelehnt dasteht.
Sie weiß ganz genau, was jetzt kommt. Ich erkenne es an ihren glänzenden Augen. Meine Methode, ihr ins Gedächtnis zu rufen, was Matthew mit ihr gemacht hat, ist vielleicht etwas brutal, aber sehr erfolgreich.
Ich drehe mein Smartphone um, das ich an meine Brust gedrückt hatte und zeige ihr das Foto, das ich damals aus einem Impuls heraus, geschossen habe. »Siehst du dich?«
Emily nickt, mittlerweile rollen ihr Tränen über die Wangen.
Ich ziehe sie in eine feste Umarmung, muss mich beherrschen, nicht ebenfalls zu weinen. »Du wirst einen Besseren finden. Einen der sich nicht an dir vergreift. Der dich schätz und liebt, wie du es verdient hast«, flüstere ich ihr ins Ohr und fahre ihr sanft über die Haare.
»Du bist die tollste Freundin, die man sich wünschen kann, weißt du das?«, murmelt sie irgendwann in mein Shirt, ehe sie sich aus meinen Armen löst.
Ich lächle sie an, ziehe ein Taschentuch aus der Kleenex-Box, die auf dem Waschbecken steht und reiche es ihr. »Das ist gar keine Frage«, antworte ich spöttisch.
Als Emily herzhaft lacht und mich versucht in den Oberarm zu knuffen, ich ihr jedoch gerade noch ausweichen kann, weiß ich, dass wir das große Übel für heute abwenden konnten.
»Vielleicht solltest du ein anderes Shirt anziehen«, meint sie lässig, ehe sie sich zum Spiegel über dem Waschbecken dreht und den verschmierten Mascara wegwischt.
Mein rosa Oberteil ist voll schwarzer Wimperntusche.
Emily sieht mich über den Spiegel entschuldigend an.
»Kein Ding.« Ich gehe über den Flur in mein Schlafzimmer. »Wenigstens muss ich mir die Haare nicht mehr föhnen«, rufe ich, während ich im Schrank nach einem neuen Kleidungsstück suche. Letztendlich ziehe ich meine schwarze Lieblingsbluse an. »Wollen wir? Ich habe einen Mordshunger.« Emily wirft eben das gebrauchte Taschentuch weg, als ich wieder zu ihr gehe und den letzten Knopf zumache.
»Meiner knurrt auch schon.« Wie zur Unterstreichung legt sie ihre Hände auf den Bauch.
Das Hometown Diner ist höchstens zehn Gehminuten von meinem Haus entfernt, weshalb wir uns entschließen zu Fuß zu gehen. Bevor wir um die Ecke biegen, werfe ich noch einen Blick auf mein B&B. Einen Kontrollblick, wie Emily mich immer aufzieht. Alles scheint in Ordnung zu sein. Also hake mich bei meiner Freundin ein und ziehe sie die Straße entlang. Im Zentrum herrscht noch reges Treiben, als wir in die Main Street kommen. Während im Winter nur vereinzelte Touristen hierher finden, verhält es sich in den anderen Jahreszeiten genau andersrum. Von Frühling bis Herbst verdoppelt - wenn nicht gar verdreifacht - sich hier die Einwohnerzahl. Die Häuser aus rotem Backstein und viktorianischem Baustil und die überdachten Fußwege vor den Ladenfenstern ziehen jedes Jahr tausende Urlauber an. Was gut für mein Geschäft ist.
Emily betritt vor mir das Diner - es ist so etwas wie unser Stammlokal -, und ich folge ihr an einen freien Tisch. Die Einrichtung stammt aus den Fünfzigern. Sitzbänke aus roten Polstern. Graue Tische und schwarz, weiße Fliesen. Es gibt sogar noch eine alte Jukebox, die regelmäßig bedient wird.
Praktisch alle Plätze sind besetzt. Ich gönne es Dan - ein alter Freund meiner Eltern -, dass sein Restaurant auch nach Jahren noch einen so großen Erfolg bei den Touristen hat. Was bestimmt nicht allein an der Lage liegt. Er und seine Frau versprühen eine angenehme Atmosphäre, wissen, wie man die Gäste behandeln muss, damit sie wiederkommen. Das beste Beispiel dafür sind Emily und ich. Seit ich zurückdenken kann, komme ich mindestens einmal in der Woche hierher, um einen riesigen Burger zu verschlingen.
»Na ihr zwei.« Leyla, Dans Adoptivtochter steht an unserem Tisch und lächelt uns freundlich an. In der Hand hält sie schon ihren Block und Stift, obwohl sie unsere Bestellung auswendig kann. Denn wir nehmen immer dasselbe. »Ich habe mich schon gefragt, wann ihr vorbeikommt.« Sie zwinkert uns belustigt zu.
Leyla ist vier oder fünf Jahre älter