Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Читать онлайн книгу Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 18
Ich verdränge den Gedanken an ihn. Es gibt nur noch One-Night-Stands und keine Liebe und Gefühle mehr.
Ich schließe die Augen und versuche die Erinnerung an das, was Erik in mir auslöste, wegzudrängen. Aber sofort schiebt sich Marcel in meine Gedanken.
Ich schüttele unwillig den Kopf und verdränge auch ihn daraus … und aus meinem Herzen.
Auch vorbei.
Tim ist einen Moment irritiert und sieht mir skeptisch in die Augen. Doch dann scheint ihm egal zu sein, wie ich das hier nennen will und er küsst mich gierig, seinen Körper auf meinen pressend.
Ich erwidere seinen Kuss und lege meine Arme um ihn. Es ist nicht wie vor zwei Wochen, als er das letzte Mal da war. Es ist gar nichts da, außer diesem Schmerz, der mich niederdrücken will.
Aber der Aspekt, dass ich meine Freiheit bezahle und mir das alles als einziger Weg erscheint, um alle Gefühle abzutöten und ich kein schlechtes Gewissen mehr haben muss, reicht, um es mir erträglich zu machen. Ich denke, vielleicht werde ich auch noch ein Freund von One-Night-Stands. Etwas anderes wird es für mich auf jeden Fall nicht mehr geben. Das schwöre ich mir in diesem Augenblick. Und wer weiß? Vielleicht gefällt es mir auch irgendwann.
Es ist schon nach fünf, als Tim den Mercedes aus der Garage fährt. Er besteht darauf, dass wir einen Großeinkauf machen, weil er mich einfach für die nächste Zeit versorgt wissen will. Er ist so angetan von der Situation, dass er mir am liebsten die Welt zu Füßen legen möchte.
Ich füge mich dem, mir klar darüber, dass ich auch das wieder irgendwie abzahlen muss.
Eine Stunde später tragen wir Getränke und tütenweise Essen ins Haus. Tim kennt sich mit Schnellkost aus. Wir haben Dosen mit Ravioli, Nasigoreng, Eintöpfe, Gulaschsuppe und dergleichen gekauft. Der Kühlschrank ist voll mit Aufschnitt, Paprika, Gurken und Tomaten, sowie verschiedene Marmeladesorten. Das kleine Gefrierfach füllen wir bis zum Bersten mit Pizzen, Brot und Buttergemüse.
Tim zieht mich in seinen Arm. „So, nun bin ich beruhigter. Du bist schon dünn genug. Wenn ich nach der Tour wieder da bin, werde ich dafür sorgen, dass du etwas auf die Rippen bekommst.“
Wenn er nach der Tour wieder da ist?
Mit meinem Einzug in seine Wohnung geht Tim davon aus, dass er mich fest für sich hat. Ich lasse ihn in dem Glauben, beruhigt darüber, dass er bald wieder gehen muss.
Tim beschließt, abends mit mir Essen zu gehen. Er möchte mich unbedingt ausführen und ich räume meine Kleidung in den Schrank ein, gehe duschen und mache mich schick. Als ich ausgehfertig im Schlafzimmer erscheine, wo er auf dem Bett liegend sich eine Fernsehsendung anschaut und auf mich wartet, kann er sich ein zufriedenes: „Wow, hast du dich für mich so aufgebrezelt?“, nicht verkneifen.
„Escortdamen machen das so“, erwidere ich und grinse ihn an.
Er runzelt die Stirn, während er sich aus dem Bett hievt. „Als was wolltest du dein Geld verdienen?“, fragt er verunsichert. „Ich hoffe, dass mit dem Cafe stimmt.“
Ich lache, vor allem über seinen ernsten Gesichtsausdruck. „Natürlich! Ich habe nicht vor auch an andere meinen Körper zu verkaufen.“
Tim zieht hörbar die Luft ein und baut sich vor mir auf. „Was soll das? Du tust so, als wäre das zwischen uns nur gekaufte Liebe“, knurrt er mit aufsteigender Wut.
Ich halte es für besser, ihn zu beruhigen, auch wenn mir das Ganze durchaus diesen Eindruck macht. Sex ohne Liebe. Denn frage ich mein Herz, für wen es schlägt, dann ist das nicht Tim. Das wurde mir klar, als ich mit ihm schlief.
„Ich mache doch nur Spaß. Komm, sei froh, dass ich nicht wieder so durchhänge wie letztes Mal. Vergiss nicht, ich habe mich erneut von Marcel getrennt“, raune ich.
Er nickt. „Weiß ich. Aber deine Reaktion diesmal beruhigt mich auch nicht gerade. Zumal ich nicht da sein werde, um ein Auge auf dich zu haben.“
Ich schenke ihm ein beruhigendes Lächeln. „Ich habe in den letzten Wochen viel gelernt und auch viele Erfahrungen gesammelt und sehe mich durchaus in der Lage, mein Leben zu meistern. Und das wieder dank dir.“ Ich schiebe mich an ihn heran und schlinge meine Arme um seine Hüfte. „Und ich schlafe mit niemandem, mit dem ich nicht schlafen will.“
Tims Blick zeugt nicht gerade von Vertrauen in die Sache. Aber er sagt nichts, auch wenn ihm offenbar klar wird, dass ich wirklich nicht mehr dieselbe wie vor zwei Monaten bin. Und er sieht nicht so aus, als würde ihn das irgendwie beruhigen.
Ich lasse ihn los und gehe durch die Küche in den Flur, nicht abwartend, ob er mir folgt. Er wird schon kommen.
An der Wohnungstür ist er dann hinter mir und wir verlassen die Wohnung. Mich überfällt erneut ein Anflug von Traurigkeit und Angst, dass ich meinem Gefühlschaos doch nicht so leicht entkommen kann, wie ich vorgebe.
Wir fahren nach Osnabrück und im Auto kann ich meine Gedanken nicht im Zaum halten. Als wir an Bramsche vorbeifahren, packen mich erneut die Zweifel. Kann ich überhaupt ohne Marcel klarkommen? Er fehlt mir.
Leise schleicht sich die Angst durch meine Eingeweide, weil ich beschlossen habe, mein Leben ohne ihn zu leben. Das erscheint mir fast unmöglich. Und was wird er tun, wenn er heute Abend meinen Zettel findet und sieht, dass ich alle meine Sachen aus der Wohnung geholt habe?
„Nah, so schweigsam“, raunt Tim und hantiert an seinem Autoradio. „Möchtest du zu einem bestimmten Lokal oder kann ich aussuchen?“
„Du kannst aussuchen. Aber bitte nichts, wo ich Ellen und so treffe.“
Ellen wäre erträglich …. Erik nicht. Der Gedanke an ihn reißt mich noch tiefer in einen Abgrund als der an Marcel.
Tim wirft mir einen schnellen Blick zu. „Das habe ich auch nicht vor, obwohl die kleine Stammkneipe von euch ja ganz schön ist. Aber ich möchte essen gehen und dich heute mal für mich allein haben.“
Ich denke nur: Das hast du ja schließlich auch bezahlt.
Mein Nuttendenken verwirrt mich. Wahrscheinlich sind das meine überdrehten Nerven und der verzweifelte Versuch, mein Handeln irgendwie vor mir selbst zu rechtfertigen.
Plötzlich kommt mir alles falsch vor und die Angst schleicht sich in meinen Kopf, dass ich mich selbst am meisten mit diesem Handeln verletze.
Als wir durch Osnabrück fahren, klaube ich mir eine Sonnenbrille von Tim von der Ablage und setze sie mir auf.
„Blendet es dich?“, fragt Tim besorgt.
„Meine Augen sind heute etwas empfindlich“, antworte ich. Aber mir geht es in erster Linie darum, dass ich keinem begegnen möchte, der mich kennt. Vor allem keinen dunkelgrünen BMW oder schwarzen Mustang.
Wir fahren durch die Stadt hindurch, auf die andere Stadtseite, die ich vom Durchfahren mit Erik kenne. Dort lenkt Tim den Mercedes auf den Parkplatz eines griechischen Restaurants.
„Hier war ich mal mit meinem Vater und seiner Familie. Da kann man wirklich gut essen.“
Wir steigen aus und ich lasse mich von ihm an der Hand ins Lokal führen. Aber