Compliance Management im Unternehmen. Martin R. Schulz
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Gegenstand der Einziehung ist das „erlangte Etwas“, also die „Gesamtheit der messbaren wirtschaftlichen Vorteile, die dem Täter oder Teilnehmer durch, aus oder für die Tat zugeflossen sind“. Die Bestimmung des erlangten Etwas erfolgt in einem ersten Schritt grundsätzlich nach dem sog. Bruttoprinzip.216 Durch die Tat erlangt ist damit jeder wirtschaftlich messbare Vorteil im Vermögen des Bereicherten, auch etwa ersparte Aufwendungen. Erst danach erfolgt eine wertende Konkretisierung, ob bzw. in welchem Maße etwaige Aufwendungen oder Gegenleistungen des Täters abzugsfähig sind. Gemäß § 73d Abs. 1 StGB sind bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist. Der Umfang des Erlangten kann gem. § 73d Abs. 2 StGB geschätzt werden.
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Bei Korruptionsdelikten ist die Bestimmung des erlangten Etwas aufseiten des Vorteilsgewährenden, insbesondere, wenn dieser für eine juristische Person gehandelt hat, jedoch schwierig. Hat der Täter durch eine Bestechung etwa einen Auftrag generiert, so waren einige Instanzgerichte in extensiver Auslegung des Bruttoprinzips zu dem Schluss gekommen, dass im Fall der Korruption der gesamte Werklohn für den Auftrag Gegenstand der Einziehung sei.217 Ein derartiges Verständnis hat der BGH jedoch zurückgewiesen: Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Unternehmer bei der durch Korruption beeinflussten Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss selbst –, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn. Das Erlangte ist mithin „lediglich“ der Gewinn aus dem Auftrag.218
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Neben der selbstständigen Einziehung, wenn keine bestimmte Person wegen der Tat verurteilt werden kann (§ 76a Abs. 1 StGB), hat der Gesetzgeber mit der erweiterten selbstständigen Einziehung gem. § 76a Abs. 4 StGB ein gänzlich neues Abschöpfungsinstrument eingeführt. Gleichsam dem US-amerikanischen Institut der „non conviction based confiscation“ kann so Vermögen völlig unklarer Herkunft unabhängig vom Nachweis einer konkreten rechtswidrigen Tat eingezogen werden. Voraussetzung ist lediglich, dass der (Vermögens-)Gegenstand in einem Verfahren wegen einer in § 76a StGB benannten Katalogtat (überwiegend sog. organisierte Kriminalität) beschlagnahmt wurde und dieser aus (irgendeiner) rechtswidrigen Tat herrührt. Da der Straftatenkatalog aber auch die Delikte der Steuerhinterziehung, des Schmuggels und der Geldwäsche enthält, kann auch dieses Institut im Unternehmensbereich durchaus zur Anwendung kommen.
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Um eine Vereitelung der drohenden Einziehung im Rahmen von mitunter jahrelang andauernden Strafverfahren zu verhindern, sichern die Ermittlungsbehörden regelmäßig bereits im laufenden Ermittlungsverfahren entsprechende Vermögenswerte (des Unternehmens) mittels der strafprozessualen Institute der Beschlagnahme (§§ 111b–111d StPO) sowie des Vermögensarrests (§§ 111e–111h StPO) zur Sicherung der späteren Einziehung von Wertersatz. Vollzogen werden derartige Arreste in der Regel durch die Pfändung von (Firmen-)Konten. Bereits hier zeigt sich, dass nicht nur die endgültige Einziehung, sondern auch bereits die vorläufige Pfändung von Unternehmensvermögen zu erheblichen Problemen, sei es wegen der dadurch entstehenden Außenwirkung oder aufgrund einer angespannten Liquiditätslage, führen kann, die existenzgefährdend sein und Worst Case in die Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit führen können.
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Neben der Festsetzung einer Unternehmensgeldbuße (§ 30 OWiG) kann eine Einziehung nicht erfolgen (§ 30 Abs. 5 OWiG). Hinsichtlich derselben Tat darf die Einziehung auch nicht etwa kumulativ angeordnet werden, wenn eine Gewinnabschöpfung durch das festgesetzte Bußgeld nicht erfolgt sein sollte.219
c) Das Unternehmen als Nebenbeteiligter im Strafverfahren
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Da sich das Strafverfahren ausschließlich gegen natürliche Personen richtet, die Einziehung jedoch gemäß §§ 73ff. StPO regelmäßig auch Unternehmenswerte betrifft, ordnet das Gericht gemäß der §§ 424ff. StPO an, dass der Dritte (das Unternehmen) an dem Strafverfahren beteiligt wird. Im strafrechtlichen Hauptverfahren entsprechen die Befugnisse des Einziehungsbeteiligten gem. §§ 427ff. StPO denjenigen des Angeklagten.
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Nach den §§ 422ff. StPO kann die Einziehung auch im selbstständigen Verfahren gegen das Unternehmen betrieben werden, wenn wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen (etwa wenn ein Täter nicht ermittelt werden konnte oder sich dem Einfluss der deutschen Justiz entzogen hat) keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann, ansonsten aber die materiellen Voraussetzungen der Einziehung vorliegen.
2. Ordnungswidrigkeitenrecht
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Die in der Praxis größten Compliance-Risiken, jedenfalls die finanziell schmerzhaftesten (abgesehen von der Einziehung gem. § 73 StGB), finden sich de facto im Ordnungswidrigkeitenrecht. Neben der bereits angesprochenen Aufsichtspflichtverletzung gem. § 130 OWiG, die gem. § 130 Abs. 3 OWiG mit einer Geldbuße von bis zu 1 Mio. EUR sowie im Ausnahmefall darüber hinaus geahndet werden kann, ist hier in erster Linie die Unternehmens- oder auch Verbandsgeldbuße gem. § 30 OWiG zu nennen.
a) Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG
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Ist eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit aus einem Unternehmen heraus oder im Interesse des Unternehmens begangen worden, so kann dies zur Verhängung einer Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG führen.220 § 30 OWiG ermöglicht die Festsetzung einer Geldbuße gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen unter der Voraussetzung, dass deren Repräsentanten (Organe, Vorstände, Vertreter oder sonstige Leitungspersonen) eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, durch die entweder Pflichten des Verbandes (Unternehmens) verletzt worden sind oder die zu dessen Bereicherung geführt haben oder führen sollten. § 30 OWiG umschreibt keinen eigenen Ordnungswidrigkeitentatbestand, sondern knüpft die Folge einer Geldbuße an eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die sog. Anknüpfungstat, des Vertreters einer juristischen Person. Die Anknüpfungstat kann nicht nur eine beliebige Straftat oder Ordnungswidrigkeit sein (durch die wie gesagt allerdings betriebsbezogene Pflichten verletzt wurden oder das Unternehmen bereichert wurde oder werden sollte), sondern auch eine Aufsichtspflichtverletzung gem. § 130 OWiG,