Kartellrechtliche Schadensersatzklagen. Fabian Stancke
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Einen derartigen Zusammenhang verneinend hat das OLG Koblenz entschieden, dass Sachverhalte, die zeitlich weit auseinander liegen und auch hinsichtlich der betroffenen Probleme keine Bezugspunkte aufweisen, die Voraussetzungen des § 88 GWB nicht erfüllen. Dieser Bewertung lag eine Klage wegen (unzulässiger) Preisbildung i.S.d. § 38 Abs. 1 Nr. 11 GWB a.F. zugrunde, mit der widerklagend eine Werbekonzeption des Klägers angegriffen wurde.422
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Das LG Stuttgart hat im Jahr 2006 die Rechtsmissbräuchlichkeit des Einsatzes von § 88 GWB durch Erhebung einer kartellrechtlichen Unterlassungsklage und Verbindung mit einer vertraglichen Schadensersatzklage, für die keine anderweitige internationale Zuständigkeit bestanden hätte, verneint.423 Eine derartige Verbindung nach § 88 GWB sei nach Auffassung des Gerichts zwar „trickreich“, könne jedoch nicht ohne weitere Anhaltspunkte als rechtsmissbräuchlich gewertet werden.
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Im Einzelfall stellt sich die Entscheidung darüber, ob ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang nach § 88 GWB vorliegt, als Ergebnis einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls dar.
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Die Verbindungsmöglichkeit besteht gemäß § 88 Hs. 2 GWB auch dann, wenn für die Klage wegen des anderen Anspruchs eine ausschließliche Zuständigkeit gegeben ist – das Kartellrecht „sticht“. Die Norm gilt für die objektive und subjektive Klagehäufung sowie die Widerklage. Sie ist eine Erweiterung der Klageverbindung nach § 260 ZPO, weil auf die Voraussetzung der Zuständigkeit des befassten Gerichts für sämtliche Ansprüche verzichtet wird. Darüber hinaus findet § 88 GWB auch Anwendung auf die Fälle der subjektiven Klagehäufung im Wege der Streitgenossenschaft nach §§ 59ff. ZPO. Hierbei ist entscheidend, dass die Betroffenen aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind. § 88 GWB findet allerdings bei Streitigkeiten verschiedener Rechtswege keine Anwendung; es muss sich ausschließlich um bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten handeln.424
5. Instanzenzug
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Für die Berufung gegen Endurteile und Beschwerden gegen sonstige Entscheidungen in Kartellsachen nach § 87 GWB sind die Kartellsenate der Oberlandesgerichte zuständig, § 91 GWB.425 Eine Kartellberufungssache kann auch dann vorliegen, wenn sich der kartellrechtliche Charakter erst in zweiter Instanz ergibt.426 Entscheidend ist, ob materiell eine Kartellsache i.S.v. § 87 Satz 1 oder 2 GWB vorliegt, unabhängig davon, ob das Landgericht auch als Kartellgericht entschieden hat. Die umstrittene Frage, ob die Zuständigkeit des Kartellsenats auch dann begründet ist, wenn das Landgericht allein formal als Kartellgericht entschieden hat, ohne dass es sich materiell um eine Kartellrechtssache handelt,427 hat der BGH nun geklärt. Die formale Entscheidung eines Landgerichts als Kartellgericht genügt nicht für das Vorliegen einer Kartellberufungssache.428 Dafür spricht zum einen der gesetzgeberische Wille, in der 6. GWB-Novelle eine materielle Anknüpfung festzuschreiben. Zum anderen sollten die kartellrechtlich spezialisierten Spruchkörper nicht mit Streitigkeiten belastet werden, in denen sich kartellrechtliche Fragen tatsächlich nicht stellen.429
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Das OLG Frankfurt a.M. hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass § 91 GWB nicht entsprechend auf die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches nach § 1060 ZPO anwendbar ist.430 Die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO geregelte Zuständigkeit gilt ohne Modifikationen, auch wenn ein kartellrechtlicher Bezug vorliegt.431 Anders als bei Berufungen und Beschwerden findet im Verfahren der Vollstreckbarerklärung keine sachliche Nachprüfung der Richtigkeit des Schiedsspruches statt. Vielmehr geht es allein um die Prüfung, ob die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches aus einem der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Gründe zu versagen ist. Die Inhaltskontrolle ist regelmäßig auf eine kartellrechtliche Plausibilitätskontrolle (hält der Schiedsspruch die Grenzen des rechtlich Vertretbaren – sog. ordre public Vorbehalt?) beschränkt, die nicht zwingend den Kartellsenaten vorbehalten ist.432 Hierfür spricht auch, dass sich der Gesetzgeber bei der Neugestaltung des Schiedsverfahrensrechts bewusst für die Schiedsfähigkeit kartellrechtlicher Streitigkeiten entschieden hat, ohne zugleich die Überprüfung entsprechender Schiedssprüche ausdrücklich den Kartellsenaten vorzubehalten.433
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Nach §§ 92, 93 GWB können die Landesregierungen einem bestimmten Oberlandesgericht die Kartellstreitigkeiten zuweisen. Unsicher erscheint daher, ob eine fristwahrende Einlegung der Berufung auch dann erfolgt ist, wenn die Berufung bei dem allgemein zuständigen Oberlandesgericht und nicht bei dem Kartelloberlandesgericht eingelegt wurde.434 Die Rechtsprechung war insoweit jedoch bislang großzügig und hat die Frist auch dann als gewahrt angesehen, wenn die Berufung formal wirksam bei dem allgemein zuständigen Oberlandesgericht eingelegt wurde.435 Dies wurde zuletzt auch durch den BGH bestätigt.436 Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, d.h. wenn ein Berufungskläger in der irrigen Annahme, es liege eine Kartellsache vor, Berufung beim Kartelloberlandesgericht statt beim allgemein zuständigen Oberlandesgericht einlegt.437 Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn keinerlei vernünftige Zweifel an der sachlichen Zuständigkeit des allgemeinen Berufungsgerichts bestehen. In der Praxis empfiehlt es sich, bei Zweifeln hinsichtlich des Vorliegens einer Spezialzuständigkeit, hilfsweise mit Einlegung der Berufung einen Verweisungsantrag entsprechend § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu stellen.
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Ist die Berufung beim Kartelloberlandesgericht eingelegt worden, muss jenes über die nicht auf Kartellrecht gestützten Einwendungen befinden, um die Entscheidungserheblichkeit der kartellrechtlichen Einwände im Sinne der §§ 91, 87 Satz 2 GWB zu bestimmen. Denn erst, wenn feststeht, dass die nichtkartellrechtlichen Einwendungen nicht durchgreifen und es streitentscheidend auf die Beurteilung der kartellrechtlichen Vorfrage ankommt, entfällt die Zuständigkeit des allgemeinen Berufungsgerichts und die Entscheidungskompetenz des Kartellgerichts entsteht.438 Das Kartelloberlandesgericht kann die bei ihm eingelegte Berufung nicht zwecks Prüfung und Beurteilung der nichtkartellrechtlichen Einwendungen an das allgemeine Berufungsgericht verweisen. Der Kartellsenat muss sich daher u.U. in die für ihn fremde Rechtsmaterie (etwa des Designrechts, des Markenrechts oder des Patentrechts) einarbeiten.439
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Kommt es in solchen Konstellationen zu einer Verweisung vom allgemein zuständigen Oberlandesgericht an das zuständige Kartelloberlandesgericht, ist dieser Beschluss grundsätzlich bindend.440 Nur objektiv willkürliche Verweisungsbeschlüsse sind ausnahmsweise unbeachtlich.441 Erklären sich in einem solchen Fall sowohl das allgemeine Oberlandesgericht als auch das Kartelloberlandesgericht für unzuständig, kommt es zu einer Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO.442
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Von der Konzentrationsermächtigung in §§ 92, 93 GWB haben drei Landesregierungen wie folgt Gebrauch gemacht (Stand März 2020):
– Bayern (§ 33 Abs. 2 GZVJu):Zuständig für den OLG-Bezirk München: OLG MünchenZuständig für den OLG-Bezirk Bamberg und Nürnberg: OLG Nürnberg; für Entscheidungen über sofortige Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist das OLG München allein zuständig
– Niedersachen (§ 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz):Zuständig ist das OLG Celle
– Nordrhein-Westfalen (§ 2 Kartellgerichte-Bildungs-VO):Zuständig ist das OLG Düsseldorf
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Die Vorschrift des § 89 Abs.