Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeuten mithin die besondere Sachnähe zum Finanzierungszweck und die korrespondierende Finanzierungsverantwortung, dass die zweckentsprechende Verwendung des Abgabenaufkommens zugleich gruppennützig wirkt[597]. Eine Sonderabgabe ist danach nur dann zulässig, wenn das Abgabenaufkommen vollständig im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen verwendet wird. Eine Einstellung in die allgemeinen Haushalte des Bundes oder der Länder scheidet grundsätzlich aus; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn haushaltsrechtliche Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass das Aufkommen – in Abweichung von dem allgemeinen Non-Affektationsprinzip – ausschließlich gruppennützig verwendet wird. Nicht von der Sonderabgabenrechtsprechung erfasst wäre demgegenüber die Verwendung des Aufkommens zur Ausstattung eines privatrechtlich verfassten Vermögens. Etwaige Überschüsse, die der Fonds aus den Mitteln der Sonderabgabe erzielt, sind, sofern eine gruppennützige Verwendung der Mittel nicht mehr erfolgt oder der Fonds aufgelöst wird, den Abgabenschuldnern zu erstatten[598].
e) Überprüfungs- und Dokumentationspflichten
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Die Sonderabgabenjudikatur des Bundesverfassungsgerichts war von Anfang an dadurch gekennzeichnet, dass dem parlamentarischen Gesetzgeber eine Überprüfungspflicht in der Zeit aufgegeben wurde. Der die Sonderabgabe einführende Gesetzgeber ist verpflichtet, Mechanismen zur kontinuierlichen, i.d.R. jährlichen Überprüfung der Notwendigkeit der Abgabe zu regeln. Bereits in der Leitentscheidung zur Ausbildungsplatzförderungsabgabe heißt es: „Der Gesetzgeber ist bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung einer in die spezifische Verantwortung einer Gruppe fallenden Aufgabe durch Erhebung einer Sonderabgabe von Verfassungs wegen gehalten, stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels ‚Sonderabgabe‘ aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist […]. Denn die Sonderabgabe bedarf – im Gegensatz zur Steuer – als Ausnahmeinstrument der fortdauernden Legitimation durch hinreichende Rechtfertigungsgründe“[599]. Diese periodische Überprüfungspflicht wurde in der Folgejudikatur stets beibehalten[600].
Darüber hinaus sind seit einer Rechtsprechungsergänzung 2003 Sonderabgaben, die in Nebenhaushalte („Fonds“) fließen, im Interesse einer wirksamen parlamentarisch-demokratischen Legitimation haushaltsrechtlich vollständig zu dokumentieren[601].
III. Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz
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Die Verbandskompetenz für den Erlass eines eine Sonderabgabe einführenden Gesetzes richtet sich – wie bei den übrigen nichtsteuerlichen Abgaben – nach den allgemeinen Sachkompetenzen des Art. 70 ff., nicht nach den Steuerkompetenznormen des Art. 105 GG. Der Gesetzgeber muss durch die Sonderabgabe auf den jeweiligen Kompetenzbereich gestaltend einwirken, um sich „auf Art. 70 ff. GG stützen und im Einzelfall über den bundesstaatlich begründeten Ausschließlichkeitsanspruch der in Art. 104a GG normierten Regeln hinwegsetzen“ zu können. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn die Einführung einer Sonderabgabe der Verfolgung eines – über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehenden – Sachzwecks dient[602]. Erträge aus Sonderabgaben fließen dem Rechtsträger zu, dem der Abgabenertrag gesetzlich zugeordnet wird – nur in diesem eingeschränkten Sinne folgt die Ertrags- der Gesetzgebungskompetenz[603]. Die Verteilung der Verwaltungszuständigkeit richtet sich nach den Art. 30, 83 ff. GG.
Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht › § 67 Abgabenrecht › G. Sonstige Abgaben
G. Sonstige Abgaben
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In die Kategorie der sonstigen Abgaben fallen Abgabentatbestände, die weder Steuern, noch Vorzugslasten (Gebühren oder Beiträge) oder Sonderabgaben sind. Solche Abgaben sind angesichts des fehlenden numerus clausus der Abgabenformen grundsätzlich denkbar. Sie sind oft als Allgemeinlasten ausgestaltet, werden aber nicht in erster Linie zum Zwecke der Erzielung von Aufkommen erhoben, sondern verfolgen einen besonderen Lenkungszweck (Ausgleichs- und Lenkungsabgaben). Häufig werden sie – mangels weiterreichender Klassifizierungen – als Abgabentypus sui generis bezeichnet. Diese Aussage trifft vor allem auf die Sozialversicherungsbeiträge und die überkommene Rundfunkgebühr zu.
1. Ausgleichsabgaben
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Ausgleichsabgaben sind Abgaben, die spezifische Lasten oder Vorteile ausgleichen wollen. Sie werden erhoben, wo Einzelne im öffentlichen Interesse besondere Pflichten übernommen haben, ihnen solche Pflichten auferlegt worden sind oder ihnen ein besonderer Vorteil zugeflossen ist, ohne dass ihnen damit ein zuzurechnender Aufwand erwachsen ist. Beispiele für Ausgleichsabgaben bilden die Schwerbeschädigtenabgabe und die Fehlbelegungsabgabe, deren Verfassungsmäßigkeit auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt hat[604]. Das der Entscheidung zugrunde liegende Schwerbehindertengesetz vom 24. April 1974[605] sah vor, dass Arbeitgeber, die über ein bestimmtes Volumen an Arbeitsplätzen verfügten, einen bestimmten Prozentsatz an schwerbehinderten Arbeitnehmern beschäftigen mussten. Die Arbeitgeber, die dies unterließen, waren abgabepflichtig. Bei der Fehlbelegungsabgabe wurden diejenigen Inhaber öffentlich geförderter Wohnungen in Anspruch genommen, deren Einkommen über einer bestimmten Grenze lag. Der Abgabentatbestand knüpfte an die Fehlbelegung einer Sozialwohnung an. Das Bundesverfassungsgericht qualifizierte sie als Abschöpfungsabgabe, die der Rückabwicklung staatlich gewährter Subventionsvorteile diene[606]. Der Einnahmeerzielungszweck fehlt demgegenüber bzw. tritt weitestgehend zurück.
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Problematisch ist die Abgrenzung zur Sonderabgabe. Die steuerähnliche Sonderabgabe ist gegenleistungsfrei, die Fehlbelegungsabgabe hingegen gleicht die vergünstigte Wohnmöglichkeit und somit einen mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil aus; sie steht mit der ursprünglich beim Bau der Sozialwohnung gewährten Subvention „in einem unlösbaren sachlichen Zusammenhang“[607]. Dieses Ergebnis wird noch dadurch bestätigt, dass die abgeschöpften Mittel wieder zweckgebunden der Förderung des sozialen Wohnungsbaus zugeführt werden[608]. Auch diese systematisch eigenständige Abgabe bedarf freilich einer besonderen Legitimation, wenn sie unter Inanspruchnahme einer Sachkompetenz aus Art. 70 ff. GG erhoben wird. Diese folgt daraus, dass bei der Fehlbelegungsabgabe eine Gesetzgebungskompetenz in Anspruch genommen wird, um aus Gründen der Gestaltung eines Sachbereichs – der Förderung des sozialen Wohnungsbaus – staatliche Einnahmen zu erzielen und diese im Rahmen des Sachprogramms zweckgebunden zu verwenden. „Die durch die Abschöpfung gewonnenen finanziellen Mittel werden durch die Zweckbindung und Zuweisung … wieder der Förderung des sozialen Wohnungsbaus zugeführt“[609].