Strafrecht Besonderer Teil. Olaf Hohmann
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Der (wirtschaftliche) Wert der erstrebten Vorteile ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Es kommt m.a.W. nicht darauf an, ob sich der Täter durch die Tötung in beträchtlichem Umfang oder nur geringfügig besser stellen will.[131]
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Streit besteht dagegen über die Frage, ob es für die (zumindest erstrebte) Vermögensmehrung ausreicht, dass der Täter lediglich ihm drohende Einbußen abwehren, insbesondere die Geltendmachung ihm gegenüber bestehender Forderungen vereiteln will (Ersparung von Aufwendungen).
Beispiele:
A tötet die schwangere B, um nicht für das von ihm stammende Kind Unterhalt zahlen zu müssen.[132]
C bringt D um, um diesem ein Darlehen nicht zurückzahlen zu müssen.[133]
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Die Frage ist richtigerweise zu bejahen. Denn auch bei dieser Fallgestaltung handelt der Täter in erheblicher Weise rücksichtslos, um seine Vermögenslage im Ergebnis günstiger zu gestalten, als sie sich ohne die Tat entwickeln würde.[134] Es wirkt sich auf den Unrechtsgehalt bei wertender Betrachtung nicht in relevanter Weise aus, ob – im obigen Beispiel (vgl. Rn. 66) – A tötet, um auf diese Weise seiner Unterhaltsverpflichtung von vornherein zu entgehen, oder ob er zunächst Zahlungen leistet, sich aber dann mittels Tötung der B die entsprechende Geldsumme „zurückholt“.
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An derart rücksichtslosem Gewinnstreben i.S. der Habgier fehlt es auch nicht in Fällen, in denen dem Täter die angestrebte wirtschaftliche Besserstellung aufgrund der bestehenden Rechtslage zusteht, er also gewaltsam „zu seinem Recht kommen will“.[135]
Beispiel:
B hat ein A gehörendes Gemälde in Besitz. Als B trotz eines fälligen Anspruchs des A die Herausgabe verweigert, bringt A ihn um und das Bild an sich.
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Der Annahme von Habgier steht schließlich nicht zwingend entgegen, dass der Täter aus mehreren Beweggründen gehandelt hat. Bei einem solchen „Motivbündel“ kommt es vielmehr nach h.M. darauf an, ob das übersteigerte Gewinnstreben im Einzelfall für die Tötung neben den anderen Beweggründen (z.B. Wut, Rache) mitbestimmend, d.h. „bewusstseinsdominant“ war.[136]
d) Sonst niedrige Beweggründe
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Als „Auffangmodalität“ der 1. Gruppe dienen die sonst niedrigen Beweggründe (sog. Motivgeneralklausel). Liegt also eine Tötung aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs oder aus Habgier vor, treten sie hinter dem spezielleren Merkmal zurück.[137]
Aufbauhinweis:
Daher ist zunächst zu prüfen, ob eines der speziellen Merkmale der 1. Gruppe erfüllt ist. Erst in einem weiteren Schritt sind ggf. die sonst niedrigen Beweggründe zu erörtern.[138]
Merke:
Niedrig sind Beweggründe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, durch ungehemmte triebhafte Eigensucht bestimmt und deshalb besonders verwerflich, ,,ja verächtlich“ sind.[139] Besteht ein sog. Motivbündel, muss das Hauptmotiv derart zu bewerten sein.[140] Ausschließlich gleichrangige Handlungsantriebe müssen ausnahmslos niedrig sein.[141]
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Die Bewertung der Beweggründe in Bezug auf die Tat als verachtenswert hat aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe maßgeblichen Faktoren – für jeden Beteiligten gesondert –[142] zu erfolgen.[143] Dabei können neben Tatumständen und Lebensverhältnissen des Täters[144] namentlich seine Persönlichkeit bestimmende Faktoren berücksichtigt werden (vgl. Rn. 74).[145] Niedrig sind die Beweggründe dann, wenn sie menschlich nicht mehr verständlich sind.[146] Diese (restriktive) Würdigung gibt Gelegenheit, die Taten „abzuschichten“, bei denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe unverhältnismäßig wäre. Das entscheidende Kriterium besteht darin, ob zwischen dem Anlass der Tat und ihren Folgen ein unerträgliches, d.h. besonders krasses Missverhältnis besteht.[147]
Beispiele:
A erschießt einen Stadtstreicher aus Verärgerung darüber, dass dieser seinen „Stammplatz“ unter einer Brücke trotz eines einige Tage zuvor durch A ausgesprochenen „Platzverweises“ nicht verlassen hat.[148]
B tötet den ihm unbekannten C und verbrennt dessen Leiche in seinem Auto, um auf diese Weise selbst als tot zu gelten und beruflich wie privat ein „neues Leben“ beginnen zu können.[149]
D erschießt seine Schwägerin E, um zu verhindern, dass deren von ihm verursachte Schwangerschaft bekannt wird.[150]
F wird bei einer Geschwindigkeitskontrolle mit seinem Fahrzeug „geblitzt“. Um ein Bußgeldverfahren gegen sich zu verhindern, erschießt er den Polizisten G.[151]
H ersticht I, weil diese sich nicht auf ein Gespräch mit ihm eingelassen hat.[152]
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Ein solches Missverhältnis ist erst recht in Fällen zu bejahen, in denen das Opfer zu den wutauslösenden Frustrationen des Täters nichts beigetragen (sog. Inkonnexität)[153] oder der Täter dessen ihm unerträglich erscheinendes Verhalten durch vorangegangenes Tun selbst herbeigeführt hat.
Beispiele:
A möchte ein illegales Autorennen gewinnen. Deshalb fährt er mit mehr als 160 km/h trotz roten Ampelsignals in eine innerorts gelegene Kreuzung ein. Sein Fahrzeug kollidiert mit demjenigen des sich regelkonform verhaltenden B. Dieser stirbt infolge schwerster Verletzungen noch am Unfallort.[154]
C steckt einen Gegenstand mehrere Zentimeter tief in den After eines bis dahin ruhig liegenden Säuglings. Als dieser infolge der Schmerzen laut zu weinen beginnt und es C nicht gelingt, ihn zu beruhigen, schüttelt und schlägt C ihn mehrfach, so dass er stirbt.[155]
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Als weitere Beispiele niedriger Beweggründe kommen insbesondere Tatmotive wie Wut, Hass und Rachsucht,[156] ebenso Neid und übersteigerte Eifersucht,[157] „besonders krasse Selbstsucht“,[158] Missachtung des personellen Eigenwerts des zum beliebigen Objekt degradierten Opfers[159] sowie Ausländerfeindlichkeit[160] – wobei es genügt, dass der Täter sich die rassistischen Beweggründe anderer zu eigen macht –[161] in Betracht.
Beispiele:
A ist in einem gegen sich geführten Strafverfahren vom Zeugen B wahrheitsgemäß belastet worden. Um diesen hierfür zu „bestrafen“, ersticht A ihn.[162]
Mit demselben Ziel erschießt C seinen Bekannten D, weil dieser seine Schulden nicht zurückgezahlt hat.[163]
E tötet F, die Mutter des gemeinsamen Kindes, um dieses „allein zu besitzen“.[164]
G wirft ihr neugeborenes Kind in einen Graben, weil sie „noch etwas