Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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Eine besonders gravierende Abweichung vom Entwicklungsgebot enthält der 2007 ins Gesetz aufgenommene § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB für die sogenannten Bebauungspläne der Innenentwicklung sowie die Bebauungspläne nach § 13b BauGB, für die zugleich das beschleunigte Verfahren geschaffen wurde. Bei allen Lockerungen des Entwicklungsgebots galt stets, dass die gesetzlich vorgesehene Abfolge der Planungsstufen nicht in dem Sinne verkehrt werden darf, dass es zu einer faktischen Bindung des Flächennutzungsplans an den Bebauungsplan kommt[158]. Genau dies geschieht, wenn aufgrund der genannten Regelung mit dem Bebauungsplan von den Vorgaben des Flächennutzungsplans abgewichen werden kann und der Flächennutzungsplan lediglich im Wege der Berichtigung angepasst wird. In diesem Bereich verliert der Flächennutzungsplan seine Steuerungswirkung[159]. Das Gesetz verlangt zwar als einschränkende Voraussetzung, dass „die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets nicht beeinträchtigt werden“ darf. Dies wäre jedoch grundsätzlich auf der Grundlage der Darstellungen des Flächennutzungsplans zu beurteilen[160]. Der Umstand, dass die Berichtigung des Flächennutzungsplans überdies lediglich ein redaktioneller Vorgang sein soll, der auch keines Bauleitplanverfahrens bedarf[161], wirft überdies die Frage auf, wie die Kohärenz des Flächennutzungsplans, insbesondere im Hinblick auf das zugrunde liegende Abwägungsgefüge gewahrt werden soll. Der Einwand, der Flächennutzungsplan leide nach einer derartigen Berichtigung an einem Abwägungsfehler, liegt jedenfalls nahe. Zu Recht wird verlangt, dass die in dem Bebauungsplan enthaltene „Änderung“ des Flächennutzungsplans auch als solche planbar sein müsste[162]. Das setzt aber eine abwägende Auseinandersetzung mit dem planerischen Konzept des Flächennutzungsplans voraus, was wiederum dem Zweck des beschleunigten Verfahrens zuwiderläuft und dieses überfrachten dürfte. Es bleibt zu konstatieren, dass der Gesetzgeber sich mit der Regelung des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB für die gemäß § 13a Abs. 1 und § 13b BauGB infrage kommenden Bereiche von dem Prinzip der Zweistufigkeit der Bauleitplanung verabschiedet[163]. Dies erscheint umso bedenklicher, als der Bebauungsplan der Innenentwicklung in der Praxis intensiv eingesetzt wird[164]. Dies geschieht ohne Not. Die mit dem Verfahren des § 13a BauGB intendierte Beschleunigung ließe sich wohl ohne allzu große Abstriche auch über die Regelung des § 8 Abs. 3 BauGB erreichen. Der Gesetzgeber folgt mit der Regelung des § 13a BauGB hingegen dem Leitbild einer projektorientierten Einzelfallplanung (siehe dazu oben Rn. 8).
c) Inhalt
aa) Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 BauGB
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Der mögliche Inhalt der Bebauungspläne ergibt sich im Wesentlichen aus § 9 BauGB. Im Mittelpunkt steht hierbei der Katalog möglicher Festsetzungen in § 9 Abs. 1 BauGB. Dieser Katalog ist – vorbehaltlich weiterer gesetzlich vorgesehener Festsetzungsmöglichkeiten – abschließend. Damit schafft § 9 Abs. 1 BauGB die im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Dies ist wegen der Außenrechtswirkung des Bebauungsplans, der in die Grundrechte eingreift, notwendig[165]. Noch deutlicher als der Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB bringt § 9 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck, dass die Bauleitplanung inhaltlich weit über die eigentliche Bautätigkeit hinausgreift. In einer groben Kategorisierung können unterschieden werden: Festsetzungsmöglichkeiten, die sich primär mit der baulichen Nutzung von Grundstücken beschäftigen (Nrn. 1–9); solche, die Infrastruktur- und ähnliche Einrichtungen im weiteren Sinne betreffen (Nrn. 11–17, 21, 22, 26); Festsetzungen, die die „nichtbauliche“ Freiraumnutzung regeln (Nrn. 10, 18–20, 25); und Festsetzungsmöglichkeiten, die im weiteren Sinne dem Immissionsschutz dienen (Nrn. 23, 24).
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In welchem Umfang die Gemeinde von den Festsetzungsmöglichkeiten Gebrauch macht, ist ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit überlassen. Im Mittelpunkt stehen – schon aufgrund der Anforderungen an einen qualifizierten Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB – die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB zu Art und Maß der baulichen Nutzung sowie Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche und Stellung der baulichen Anlage. Zusammen mit den Festsetzungen über die Verkehrsflächen (Nr. 11) bestimmen sie die Struktur und das Gepräge des jeweiligen Gebiets. Aber auch Bebauungspläne, die selbst hinter der Vorgabe des § 30 Abs. 1 BauGB zurückbleiben und lediglich einzelne Festsetzungen treffen, sind möglich.
bb) BauNVO
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Die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB werden dabei durch die Vorschriften der BauNVO weiter konkretisiert. Die auf der Grundlage des § 9a Nr. 1 und 2 BauGB erlassene Verordnung dient der Vereinheitlichung der Festsetzungen in den Bauleitplänen – die BauNVO findet auch auf Flächennutzungspläne Anwendung – im Bundesgebiet. Zusammen mit der auf § 9a Nr. 4 BauGB beruhenden PlanzV gewährleistet sie eine verbesserte Lesbarkeit der Pläne durch die Setzung einheitlicher Standards. Zugleich hat dieses System den Nachteil einer gewissen Starrheit. Die planerisch zu steuernden Lebenssachverhalte sind sehr vielgestaltig und entziehen sich in vielen Fällen einer typisierenden Betrachtungsweise. Die Stadtplanung benötigt dementsprechend ein hohes Maß an Flexibilität. Diese kann durch ein abstraktes Regelwerk wie die BauNVO nicht ohne Weiteres gesichert werden. Um die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, sieht die BauNVO eine Vielzahl von Öffnungs- und Abweichungsmöglichkeiten vor, mit denen auf die Besonderheiten des Einzelfalls reagiert werden kann. Nachteil dieser Öffnungsmöglichkeiten ist wiederum eine nicht unerhebliche Verkomplizierung des Regelwerks.
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Die BauNVO gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste (§§ 1–15 BauNVO) beschäftigt sich mit der Art der baulichen Nutzung. In § 1 Abs. 1 und 2 BauNVO werden zunächst die möglichen Bauflächen und die Baugebiete abschließend aufgezählt. Das Herzstück des ersten Abschnitts bilden die Regelungen der §§ 2 bis 9 BauNVO. Hier werden die zulässigen Nutzungen für die einzelnen Baugebietstypen vorgegeben, wobei die Regelungen einem einheitlichen Muster folgen. Auf die allgemeine Bestimmung des Zwecks des Baugebiets in Abs. 1 folgt eine Aufzählung der regelmäßig zulässigen Nutzungen in Abs. 2 sowie der ausnahmsweise im Sinne des § 31 Abs. 1 BauGB zulässigen Nutzungen in Abs. 3. Zu beachten ist, dass die Wirkung der allgemeinen Zweckbestimmung des Gebiets (Abs. 1) über eine erläuternde Charakterisierung hinausgeht. Gegenüber der Aufzählung der Regel- und Ausnahmenutzungen hat die jeweilige allgemeine Zweckbestimmung begrenzende Wirkung. Dies folgt aus dem ungeschriebenen Erfordernis der Gebietsverträglichkeit. Gebietsunverträglich sind danach solche Vorhaben, die aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirken[166]. Es bedarf also einer typisierenden Betrachtungsweise, die die Frage stellt, „ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, die [dem Gebietscharakter entsprechende Nutzung des Gebiets] zu stören“[167]. Das Kriterium der Gebietsverträglichkeit ist insbesondere abzugrenzen von dem einzelfallbezogenen Korrektiv des § 15 Abs. 1 BauNVO[168].
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Durch die Zuordnung der Nutzungen zu bestimmten Baugebietstypen erhält ihre Verteilung über das Gemeindegebiet eine gewisse Ordnung. In einem Baugebietstyp sind jeweils solche Nutzungen zusammengefasst, die miteinander verträglich sind. Dadurch