Die Rechte des Verletzten im Strafprozess. Klaus Schroth
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Die Schutzaltersgrenze für Kinder und Jugendliche wurde in den §§ 60 Nr. 1, 397a Abs. 1 Nr. 4 StPO sowie § 172 GVG von 16 auf 18 Jahre angehoben und damit eine Angleichung an verschiedene internationale Abkommen, wie der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, der EU-Grundrechtscharta und weitere verschiedene Übereinkommen des Europarats vorgenommen. Mit der Anhebung der Schutzaltersgrenze für jugendliche Verletzte und Zeugen von Straftaten wurde auch die Altersgrenze im Jugendstrafverfahren für jugendliche Täter angepasst. Unter erleichterten Bedingungen konnte nun ein Verletztenanwalt gem. § 80 Abs. 3 S. 2 JGG i.V.m. § 395 Abs. 4 StPO beigeordnet werden.
c) Stärkung der Rechte von Zeugen
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Durch die Neufassung des § 48 Abs. 1 StPO wurde aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit die allgemein anerkannte Pflicht eines Zeugen, vor Gericht auszusagen, gesetzlich normiert. § 68b Abs. 1 und Abs. 2 StPO stellten klar, dass Zeugen bei allen Vernehmungen, also auch schon bei Vernehmungen durch die Polizei, einen anwaltlichen Beistand hinzuziehen konnten, sofern dies nicht die geordnete Beweiserhebung beeinträchtigte. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Zeugenbeistand für besonders schutzwürdige Zeugen wurde durch § 68b Abs. 2 StPO ebenfalls vereinfacht. Ablehnende Entscheidungen der Staatsanwaltschaft konnten zudem gerichtlich überprüft werden. § 163 Abs. 3 StPO stellte in einem umfassenden Katalog klar, welche Vorschriften zum Schutz von Zeugen von der Polizei zu beachten sind. In § 68 Abs. 2 und Abs. 3 StPO wurden die Rechte der Zeugen erweitert, in bestimmten Fällen keine Angaben zu ihrem Wohnsitz machen zu müssen. § 68 Abs. 4 StPO regelte, dass Zeugen bei entsprechender Gefährdungslage auch nach Abschluss ihrer Vernehmung noch die Entfernung der Angaben zu ihrer Identität oder zu ihrem Wohnort aus der Akte verlangen konnten.
Anmerkungen
BGBl. I, 2280 v. 31.7.2009.
Vgl. dazu etwa Schroth NJW 2009, S. 2916 ff. m.w.H.; Lüderssen in FS Hirsch S. 879.
So in der Bgr. des RegE, BR-Drucks. 178/09 v. 20.2.2009, S. 1 (13).
Vgl. hierzu Teil 1, VI. Rn. 23 f.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › X. EU-Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten vom 25.10.2012
X. EU-Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten vom 25.10.2012
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › X. EU-Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten vom 25.10.2012 › 1. Vorgeschichte
1. Vorgeschichte
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Bereits im Jahr 2001 hatte der ER einen „Rahmenbeschluss über die Stellung von Opfern im Strafverfahren“ erlassen, der auf eine grundlegende Angleichung der prozessualen Rechte von Verletzten in den Mitgliedsstaaten zielte, die durch Verbrechen zu Schaden gekommen waren. Die „Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI“[1] vom 14.11.2012 hatte die weitere Stärkung und Harmonisierung der Rechte von Verbrechen Betroffenen zum Ziel und diente nicht zuletzt auch der Umsetzung des „Stockholmer Programms“ des ER, in dem die Leitlinien der Union im Bereich der Innen- und Sicherheitspolitik für die Jahre 2010–2014 festgelegt worden waren. Dort wurde betont, dass jedenfalls bestimmte Gruppen von Verletzten einer besonderen Unterstützung sowie eines besonderen rechtlichen Schutzes bedürfen und dies einen „integrierten und koordinierten Ansatz“ auf dem Gebiet der Rechte des Verletzten erforderlich mache.[2] In Umsetzung dieser Bestrebungen erfolgte schließlich im Mai 2011 die Vorlage eines ganzen Maßnahmenpaketes zur Stärkung der Verletztenrechte in der EU, das auf drei Säulen stand: Einerseits einer „Mitteilung über die Stärkung der Opferrechte in der EU“[3], andererseits einem „Richtlinienvorschlag über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie für die Opferhilfe“ und schließlich einem „Verordnungsvorschlag über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen im Bereich des Zivilrechts“[4].[5]
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › X. EU-Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten vom 25.10.2012 › 2. Wesentlicher Inhalt
2. Wesentlicher Inhalt
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Zu den wesentlichen Vorgaben in der EU-Richtlinie[6] gehörte ein weiter Verletztenbegriff, unter den alle natürlichen Personen fallen, die durch eine Straftat einen Schaden erlitten haben, unabhängig davon, ob dieser körperlicher, psychischer, seelischer oder wirtschaftlicher Natur ist. Ergänzend dazu wurde klargestellt, dass bei Tötungsdelikten auch nahe Familienangehörige des Getöteten als Verletzte angesehen werden, wobei hierunter gem. Art. 2 lit. a und b nicht nur Ehepartner oder Angehörige in direkter Linie, sondern auch Geschwister, Unterhaltsberechtigte und sogar auch diejenigen Personen gehören, die durch die Straftat den Lebensgefährten verloren haben. Dabei ist auffällig, dass bei natürlichen Personen ein denkbar weiter Anwendungsbereich eröffnet wurde, andererseits juristische Personen von der Richtlinie in keiner Weise erfasst sind.
In dem Bestreben, den Verletzten in die Lage zu versetzen, seine Rechte auch effektiv und vollumfänglich wahrnehmen zu können, wurden die Informationsrechte des Geschädigten weiter ausgestaltet. Grundlage dabei bildet Art. 3, wonach der Geschädigte das Recht hat, „zu verstehen und verstanden zu werden“, wodurch letztlich eine effektive und an der individuellen Situation des Verletzten angepasste Informationsweitergabe sichergestellt werden soll. Dies stellt letztlich eine Art Programmsatz dar, der die Praxis zu einem sensiblen Umgang mit dem Betroffenen und dessen individueller Situation anhalten soll. Soweit mögliche Sprachbarrieren eine sachgerechte Information des Betroffenen unmöglich machen, besteht gem. Art. 7 ein Anspruch auf Hinzuziehung eines Dolmetschers und Übersetzung der relevanten Schriftstücke. Bereits beim ersten Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden sind dem Verletzten gem. Art. 4 grundlegende Informationen über seine Rechte und den weiteren Verfahrensablauf zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren hat der Verletzte gem. Art. 5 ff. einen Anspruch auf Informationen über Einstellungsentscheidungen, Ort und Zeitpunkt der Hauptverhandlung, die gegen den Täter erhobenen Beschuldigungen, ergangene rechtskräftige Entscheidungen, den Fortgang des Verfahrens sowie bspw.