Die Rechte des Verletzten im Strafprozess. Klaus Schroth
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Schließlich befasst sich die Richtlinie auch noch mit Aspekten des Schutzes des Verletzten. Dabei geht es einerseits um den konkreten Schutz des Verletzten vor neuerlichen Übergriffen oder Einschüchterungsversuchen seitens des Täters andererseits soll eine sog. sekundäre Viktimisierung durch das Verfahren bzw. die übrigen Verfahrensbeteiligten vermieden werden. Art. 18 bezieht nicht nur den eigentlichen Verletzten in den Anwendungsbereich dieses Schutzes ein, sondern erweitert diesen auch auf dessen Familienangehörige. Während nach Art. 19 primär Begegnungen zwischen dem mutmaßlichen Täter und Geschädigten außerhalb der Hauptverhandlung zu vermeiden sind, gewährt Art. 20 das Recht, dass sich der Verletzte von einer Vertrauensperson begleiten lässt. Um einen angemessenen Umgang mit Verletzten mit besonderen Schutzbedürfnissen sicherzustellen, sieht Art. 23 diverse Maßnahmen vor, zu denen etwa eine möglichst schonende Ausgestaltung von Vernehmungen während des Ermittlungsverfahrens, gleichgeschlechtliche Vernehmungspersonen oder das Verhindern einer unnötigen Preisgabe von privaten Informationen im Rahmen der Hauptverhandlung gehört. Wann dem Verletzten ein besonderes Schutzbedürfnis zukommen soll, richtet sich nach Art. 22, wenngleich die dort geforderte, frühzeitige und individuelle Begutachtung und damit Festlegung der Verletzteneigenschaft zu deutlichen Spannungen mit der Unschuldsvermutung führt.[7]
Anmerkungen
ABl. EU 2012, Nr. L315/57, ausführlich zum Verlauf der Reformbestrebungen zu dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission; Barton/Kölbel Ambivalenzen der Opferzuwendung des Strafrechts, S. 77 ff.; Bock ZIS 2013, 201 ff.; zu den internationalen Einflüssen auf den Opferschutz vgl. auch Böttcher in FS Egg, 73ff.
ER Das Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger, ABl. EU 2010, Nr. C115/1, 10.
vgl. dazu weiterführend: Bock ZIS 2013, 201 ff.
vgl. dazu weiterführend: Bock ZIS 2013, 210 f.
EK Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtsschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Stärkung der Opferrechte in der EU, KOM (2011), 254, endgültig vom 18.5.2011; EK Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen im Zivilrecht, KOM (2011) 276, endgültig vom 18.5.2011; EK Vorschlag für die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfer von Straftaten sowie über die Opferhilfe, KOM (2011), 275, endgültig vom 18.5.2011.
vgl. dazu auch ausführlich Bock ZIS 2013, 205 ff.
Bock ZIS 2013, 209; Kölbel/Bork Sekundäre Viktimisierung als Legitimationsformel, S. 31; Stgn. der Strafverteidigervereinigungen vom 8.1.2012 zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie für die Opferhilfe, S. 2 ff.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013
XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013 › 1. Vorgeschichte
1. Vorgeschichte
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Der Entwurf der Bundesregierung für das „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs“[1] war in erheblichem Maße beeinflusst von den Ergebnissen des von der Bundesregierung eingesetzten Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“.[2] Ausgangspunkt der gesetzgeberischen Überlegung war, dass sich gerade solche Betroffene aufgrund des von ihnen oftmals so empfundenen Scham- und Schuldgefühls zum Teil erst nach Jahrzehnten dazu durchringen können, die geschehenen Straftaten anzuzeigen und straf- bzw. zivilrechtlich gegen die Täter vorzugehen. Im damaligen Entwurf wurden Vorschriften zur Vermeidung von Mehrfachvernehmungen, zur Ausweitung der Bestellung von Verletztenanwälten sowie zur Stärkung von Verletztenrechten aufgeführt. Außerdem sollten die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche erst nach 30 Jahren verjähren, soweit Opfer sexuellen Missbrauchs und vorsätzlicher Verletzung anderer höchst persönlicher Rechtsgüter betroffen sind. Neben der Vermeidung von Mehrfachvernehmungen und der Erleichterung der Bestellung eines Verletztenanwalts für volljährig gewordene Missbrauchsopfer wurden die Ausschlussmöglichkeiten der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung mit minderjährigen Verletzten ergänzt und die Informationsrechte von Verletzten erweitert. Der Entwurf präzisierte auch die Vorschriften über die Zuständigkeit der Jugendgerichte in Jugendschutzsachen und fasste die Qualifikationsanforderungen an Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte verbindlicher.[3] Dieser Gesetzesentwurf wurde in der Stellungnahme des Bundesrates vom 27.5.2011 noch ergänzt, so u.a. indem in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB die Altersgrenze auf 21 Jahre erhöht werden sollte.
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Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Gesetzesentwurf