Einführung in die Praxis der Strafverteidigung. Olaf Klemke

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Einführung in die Praxis der Strafverteidigung - Olaf Klemke Praxis der Strafverteidigung

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solchen Fällen zu, in denen diese einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge des Angeklagten nachträglich die Tatsachengrundlage entzieht („Rügeverkümmerung“).[23] Da verwundert es nicht, dass die Zahl der aufgrund einer Verfahrensrüge erfolgreichen Revisionen ständig abnimmt. Gelegentlich wird davon gesprochen, die Rechtsprechung etabliere eine „Diktatur des materiellen Rechts“. Es ist zu hoffen, dass sich die Rechtsprechung wieder dem Sinn und der Bedeutung der verfahrensrechtlichen Formerfordernisse öffnet, eingedenk des folgenden Zitats Rudolf von Jherings:

      Der Verteidiger kann im Interesse seines Mandanten nicht zuwarten, bis die Rechtsprechung den Wert der Formenstrenge hoffentlich wiedererkennt. Er hat vielmehr gegen jede Verletzung von Verfahrensvorschriften mit den ihm von der Strafprozessordnung zur Verfügung gestellten Mitteln einzuschreiten und so in jeder Hauptverhandlung aufs Neue für ein faires, rechtsstaatliches Verfahren zu kämpfen.

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      Sollte das Eintreten des Verteidigers für die Einhaltung der den Angeklagten schützenden Formen dazu führen, dass der Schuldnachweis nicht geführt werden kann und der schuldige Angeklagte freizusprechen ist, sollte dies das Selbstverständnis des Verteidigers nicht erschüttern. Das Gesetz selbst geht davon aus, dass auch der schuldige Angeklagte nur in der von ihm vorgegebenen Verfahrensweise abgeurteilt werden darf.

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      Dies gilt auch für die Verteidigung im Jugendstrafverfahren. Der sog. „Erziehungsgedanke“ des Jugendstrafrechts wird von den „staatlichen Erziehungsträgern“ als trojanisches Pferd verstanden, mit denen die Fesseln der beschuldigtenschützenden Formen des Strafprozesses abgeworfen werden sollen. Die Verfahrensbeteiligten (einschließlich des Verteidigers) sollen in harmonischer Eintracht am Jugendlichen herum erziehen. Derjenige Verteidiger, der auf Einhaltung der schützenden Formen der Strafprozessordnung besteht, wird als „Fremdkörper“ oder als „Störenfried“ angesehen, der die sonst einvernehmliche staatliche Erziehungsveranstaltung „sprengt“. Nach wie vor gilt jedoch: auch Jugendstrafrecht ist und bleibt Strafrecht. Es besteht daher kein Anlass für den Verteidiger, eine „Strafverteidigung light“ zu fahren und Beihilfe zum staatlichen Erziehungsunterricht zu leisten. Alles andere wäre Verrat am jugendlichen Mandanten.

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      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es für den Verteidiger grundsätzlich unbeachtlich sein muss, ob er einen Angeklagten verteidigt, den er für schuldig oder aber für unschuldig hält. Dahs sieht dies anders. Er meint, es sei für den Anwalt,

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      Dieser Ansicht ist entgegenzutreten. Der Strafverteidiger darf sowohl bei der Frage der Übernahme eines Mandates als auch bei derjenigen, welche Verteidigungsstrategie er wählt, nicht moralisch-ethische Maßstäbe anlegen, sondern ausschließlich rechtliche. Die Verteidigung ist keine moralische, sondern eine rechtliche Institution. Weder der Gegenstand des Mandats noch die (vermeintliche) Schuld des Mandanten sind ein Grund, die Übernahme eines Mandats abzulehnen.

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      Denkbar ist, dass der Verteidiger das Mandat ablehnt, weil er Vorbehalte gegen die Person des Mandanten hat. Dies kann der Fall sein, wenn bereits bei der Mandatsanbahnung für den Verteidiger offensichtlich ist, dass zwischen ihm und dem potentiellen Mandanten „die Chemie nicht stimmt“. Insbesondere kann sich bereits im Verlauf des ersten Gespräches ergeben, dass es sich bei dem Mandanten um eine

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