Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 105 Abs. 1, § 104 Abs. 1 Nr. 1, § 112), auch für rechtswidrige Taten, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts der früheren DDR begangen worden sind (Kap. III. C Abschnitt III Nr. 3 f § 1 der Anlage I zum Einigungsvertrag). Bei Soldaten der Bundeswehr soll der Richter bei der Erteilung von Auflagen die Besonderheiten des Wehrdienstes berücksichtigen, § 112a Nr. 3. Vor der Erteilung der Auflagen soll er den nächsten Disziplinarvorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwachsenden hören, § 112d.

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      Die Auflagen sind Zuchtmittel im Sinne von § 13 Abs. 1 (§ 13 Abs. 2 Nr. 2) und dienen der Ahndung der Tat. Für ihren Inhalt und ihre Voraussetzungen gelten die unter § 13 Rn. 2–5 genannten Grundsätze. Das mit den Auflagen angeordnete Verhalten ist eine echte tatbezogene Sühneleistung (Brunner/Dölling § 15 Rn. 1) mit dem erzieherischen Zweck, den Jugendlichen oder Heranwachsenden vor weiteren Straftaten abzuhalten. Abs. 1 enthält, anders als § 10 für die Weisungen, eine abschließende Regelung der im Jugendstrafrecht zulässigen Auflagen. Andere oder darüber hinausgehende Auflagen kommen nicht in Betracht. Eine erweiternde Auslegung verbietet sich aus den rechtsstaatlichen Gründen der Vorhersehbarkeit, Bestimmtheit und Klarheit gerade bei Maßnahmen im Bereich des Strafrechts. Selbst bei Konkretisierungen und Verfeinerungen der bezeichneten Auflagen ist Zurückhaltung jedenfalls immer dann geboten, wenn grundrechtlich geschützte Bereiche berührt werden. In keinem Falle darf im Wege der erweiternden Auslegung im Ergebnis ein neuer Eingriffstatbestand geschaffen werden (BVerfG StV 1982, 67 ff., 68 zu § 56b StGB).

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      Mit den Auflagen dürfen an den Jugendlichen oder Heranwachsenden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden (§ 15 Abs. 1 S. 2; zur Frage der Unzumutbarkeit s. § 10 Rn. 7). Zur Zumutbarkeit bei den einzelnen Auflagen s. die nachfolgenden Erläuterungen

II. Schadenswiedergutmachung (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1)

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      Die Auflage der Schadenswiedergutmachung ist ein Zuchtmittel i.S.v. § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1 und insoweit nur zulässig, als Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen BGH StV 2017, 713 m.w.N.). Die allgemein als besonders die Sozialisation fördernd anerkannte Auflage (vgl. Brunner/Dölling § 15 Rn. 3; ders. Zbl 1976, 269 ff., 270; Kaiser NJW 1982, 102 ff., 105; Hellmer JZ 1979, 41; zur (im konkreten Einzelfall weniger interessierenden) Anwendungshäufigkeit s. Eisenberg § 15 Rn. 13; zu einzelnen Projekten vgl. etwa Herz BewH 1984, 240; weitere Nachweise § 10 Rn. 48 a.E.), nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wieder gut zu machen (Nr. 1) verfolgt in erster Linie den Zweck einer erzieherischen Einwirkung auf den Täter mit dem Ziel, ihn durch eine repressive Maßnahme von weiteren Straftaten abzuhalten (allg.M.). Als Pflicht mit strafrechtlichem Charakter (Dallinger/Lackner § 15 Rn. 2) zielt sie also in erster Linie auf die Änderung oder Stabilisierung der inneren Einstellung des Jugendlichen in Form von Einsicht, Reue, Sühne ab; der (zivilrechtliche) Erfolg des Schadensersatzes auf Seiten des Opfers ist nur die zwangsläufige Auswirkung dieser Auflage (Hellmer AcP 155 [1956], S. 528 ff., 539 ff., 541; Pentz NJW 1956, 1867; Schall NJW 1977, 1045; allg.M.). Die Wiedergutmachung kann in der Form der Naturalrestitution geschehen, aber auch in der Form von Arbeitsleistungen oder etwa einer Ehrenerklärung (Dallinger/Lackner § 15 Rn. 4). Eine Geldbuße ist keine Wiedergutmachungsleistung i.S.v. Nr. 1.

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      Die Auflage ist eine besondere Ausgestaltung des Täter-Opfer-Ausgleichs (Kaiser NJW 1982, 102 ff., 105). Sie darf sich daher nur auf die Wiedergutmachung des beim Opfer entstandenen Schadens richten, nicht auch auf mittelbar dadurch bei Dritten, insbesondere Versicherungsgesellschaften oder dem Staat (etwa in Form der Verfahrenskosten, s. Rn. 9) entstandene Vermögenseinbußen (in diesem Sinne auch BGH NJW 1956, 1886; BFHSt 9, 365; Dallinger/Lackner § 15 Rn. 3). Derartige Bezüge sind zu abstrakt und für eine erzieherische Einwirkung ungeeignet (BGH NJW 1956, 1886). § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ist keine nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ausreichende gesetzliche Grundlage für die Auflage, „unverzüglich ein Arbeitsverhältnis zu begründen“, selbst wenn damit unmittelbar auf die Wiedergutmachung des Schadens hingewirkt werden soll (BVerfG StV 1982, 67 f.).

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      Die Auflage setzt einen durch die Tat verursachten Schaden voraus, der zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächlich noch besteht (BGHR StGB § 56b, Wiedergutmachung 1, bestimmte Form; HansOLG MDR 1980, 246). Wann dies der Fall ist, richtet sich ebenso wie Art und Umfang des Schadens ausschließlich nach bürgerlichem Recht (allg.M., vgl. HansOLG MDR 1980, 246; 1982, 341; OLG Stuttgart NJW 1980; 1114; Brunner Zbl 1976, 270 ff.; Baur, GA 1957, 340 ff. unter Hinweis auf die Einheit der Rechtsordnung; Jakobs/Molketin Jugendwohl 64 [1983], 159 ff.; Schall NJW 1977, 1045; Pentz NJW 1956, 1867, jeweils m.w.N.; differenzierend Ostendorf § 15 Rn. 7; teilweise a.A. offenbar Hellmer AcP 155 [1956], 528 ff.; Dilcher NJW 1956, 1346 f.; Frehsee NJW 1981, 1253; Spiegel NStZ 1981, 101). Danach darf der Jugendrichter die Auflage nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 nur erteilen, wenn und soweit eine zivilrechtliche Haftung des Täters besteht; andernfalls ist die Auflage rechtswidrig und das Urteil insoweit auf Rechtsmittel (§ 55) hin aufzuheben (BGH 3 StR 176/17 = StV 2017, 713; Brunner Zbl 1976, 270 ff., 277; Dallinger/Lackner § 15 Rn. 2). Demnach kann der Täter zur Wiedergutmachung eines immateriellen Schadens nur dann gem. Nr. 1 verpflichtet werden, wenn dieser auch nach dem BGB eine Ersatzpflicht auslöst (etwa § 253 BGB), was sich aus den Urteilsgründen ergeben muss (BGH 3 StR 176/17 = StV 2017, 713). Denn das, was ein ersatzfähiger Schaden ist, bestimmt für die gesamte Rechtsordnung ausschließlich das BGB (Baur GA 1957, 338 ff., 341). Wenn auch der Jugendrichter an zivilrichterliche

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