Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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      Macht die Erziehung des Jugendlichen im Sinne der Verhütung weiterer Straftaten es erforderlich, so kann der Richter mit den Zuchtmitteln Erziehungsmaßregeln nach Maßgabe des § 8 verbinden. Dies wird sich dann empfehlen, wenn neben der Aufrüttlung im Sinne von § 13 Abs. 1 eine länger dauernde erzieherische Beeinflussung, zu der die Zuchtmittel nicht gedacht sind (allg.M.), angezeigt erscheint. Neben einer Jugendstrafe kommen Zuchtmittel nur in der Form der Auflagen in Betracht (§ 8 Abs. 2).

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      Wie alle jugendstrafrechtlichen Rechtsfolgen steht ihre Anordnung unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ihr Eingriffsgehalt trotz der obsoleten Terminologie („Zuchtmittel“) nicht von vorneherein größer ist, als derjenige der Erziehungsmaßregeln, so dass eine Subsidiarität der Zuchtmittel gegenüber den Erziehungsmaßregeln nicht besteht (eingehend § 5 Rn. 17). Dass Zuchtmittel wegen ihres „ernsten Charakters“ bei „jugendlichen Flegeleien“ auszuscheiden hätten (so Brunner/Dölling § 13 Rn. 3), kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gesagt werden. Die ebenso ernsthaften Erziehungsmaßregeln übersteigen häufig den Eingriffsgehalt der Zuchtmittel (nicht nur der Verwarnung), so dass, wenn nicht nach §§ 45, 47 verfahren werden kann, auch und gerade bei kleineren Verfehlungen Zuchtmitteln der Vorzug zu geben ist, wenn sie genügen und Erziehungsmaßregeln nicht angebracht sind (s. § 5 Rn. 17). Zur Systematik der Rechtsfolgen s. im Übrigen § 5 Rn. 15–18.

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      Abs. 2 enthält einen abschließenden Katalog und schließt damit andere Formen der „Züchtigung“ aus. Der Eingriffsgehalt dieser Maßnahmen reicht vom bloßen eindringlichen Vorhalt (Verwarnung, § 14) über Handlungs- und Leistungspflichten (Auflagen, § 15) bis hin zum Freiheitsentzug (Jugendarrest, § 16). Zum grundlegenden Unterschied zwischen dem Jugendarrest des § 13 Abs. 2 Nr. 3 und dem Ungehorsamsarrest des § 11 Abs. 3 s. § 11 Rn. 11. Auswahl und Umfang richten sich nach dem Ausmaß des Tatunrechts und den erzieherischen Erfordernissen, die im Einzelfall angezeigt sind, um den Jugendlichen von weiteren Straftaten abzuhalten. Zur Verbindung mehrerer Zuchtmittel oder mit anderen Maßnahmen s. § 8 und hier Rn. 5).

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      Gemäß Abs. 3 haben die Zuchtmittel nicht die Rechtswirkungen einer Strafe. Abs. 3 schließt damit aus, dass die Verhängung von Zuchtmitteln dem Täter dort zum Nachteil gereicht, wo in einem Gesetz für eine bestimmte Rechtsfolge der formalrechtliche Begriff der Strafe tatbestandlich vorausgesetzt ist. Diese Vorschrift hatte vor allem für den durch das 23. Strafrechtsänderungsgesetz abgeschafften § 48 StGB (Rückfall) und den früheren § 42m (heute § 69) StGB Bedeutung. Nachdem die Rechtswirkungen der Führungsaufsicht und der Sicherungsverwahrung nach Sachlage nicht in Betracht kommen, ist Abs. 3 in der Praxis zurzeit nur noch insofern relevant, als sich der zu Zuchtmitteln Verurteilte als nicht vorbestraft ausgeben darf (allg.M.). Wurden in einem Urteil lediglich Zuchtmittel verhängt, dann darf in einem späteren Verfahren zum Nachteil des Angeklagten zwar verwertet werden, dass er sich bisher nicht immer einwandfrei geführt hatte, dagegen darf nicht strafschärfend berücksichtigt werden, der Angeklagte sei bereits „einschlägig vorbestraft“ (BGH Urt. v. 13.3.1975 – 4 StR 50/75).

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      Überall dort, wo ein Gesetz den Begriff Strafe als Rechtsfolge einer Tat verwendet, ist § 13 Abs. 3, der von Rechtswirkungen der Strafe spricht, nicht anwendbar. So kann das Gericht auch von der Verhängung von Zuchtmitteln absehen, wenn ein Gesetz bestimmt, dass der Richter unter bestimmten Voraussetzungen von Strafe absehen kann (z.B. § 60 StGB; BayObLGSt 61, 171 ff.; NStZ 1991, 584; s. § 5 Rn. 21 m.w.N.). Die Gefahr der Verurteilung zu Zuchtmitteln begründet auch ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 StPO; dies war bereits früher anerkannt (BGHSt 9, 34 ff.) und ergibt sich heute aus der Formulierung des Gesetzes, wonach die „Gefahr, wegen einer Straftat (...) verfolgt zu werden“ für das Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 StPO ausreicht. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist auch zulässig, wenn der Täter nur zu Zuchtmitteln verurteilt ist. Dies bedurfte früher eingehender Begründung (BGHSt 6, 394 zu dem damaligen § 42m StGB), ergibt sich heute jedoch aus dem Gesetz selbst, da § 69 StGB nur noch voraussetzt, dass der Täter wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt worden ist. Die Eintragung der Verurteilung zu Zuchtmitteln in das Erziehungsregister ist nun in § 60 Abs. 1 Nr. 2 BZRG geregelt; die Eintragung in das Zentralregister darf nur unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 BZRG erfolgen. Zu den Grundzügen des Strafregisterrechts s. außerdem eingehend § 97 Rn. 8 ff. Die Verurteilung zu Zuchtmitteln ist grundsätzlich auch der Begnadigung zugänglich (allg.M.). Entgegen OLG Düsseldorf (NJW 1961, 891) und OLG Hamm (JR 1972, 73, 74) kann § 13 Abs. 3 daher auch nicht zu der Begründung dafür herangezogen werden, dass § 331 StPO im Verhältnis von Jugendstrafe zur Bewährung und Jugendarrest nicht gilt (Brunner JR 1972, 74 ff.).

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      Desgleichen hindert Abs. 3 nicht an der Anwendung von § 154 StPO im Jugendstrafverfahren, so dass die Staatsanwaltschaft auch dann gem. § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung einer Jugendstraftat absehen oder das Gericht gem. § 154 Abs. 2 StPO das Verfahren

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