Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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Gerichten (§§ 104 Abs. 1 Nr. 1 und 112). Der Jugendrichter darf allerdings nach § 39 Abs. 2 nicht auf Jugendstrafe von mehr als einem Jahr erkennen. Entgegen § 18 Abs. 1 beträgt bei Heranwachsenden die Höchststrafe zehn Jahre, bei Mord und Vorliegen der besonderen Schwere der Schuld 15 Jahre (§ 105 Abs. 3).

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      In der Praxis werden zu mehr als der Hälfte Jugendstrafen bis zu einem Jahr verhängt (1990 = 62,4 %, 1995 = 56,8 %, 2000 = 54,8 %, 2005 = 54 %, 2008 = 53,1 %, 2012 = 48,9 %, 2017 = 48,5 %), von denen in den meisten Fällen die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird (Zahlenangaben für 2017 bei § 21 Rn. 2). Durch Anrechnung der Untersuchungshaft nach § 52a und der Möglichkeit der Aussetzung des Restes zur Bewährung gem. § 88 verringert sich die tatsächliche Vollzugsdauer in den verbleibenden Fällen. Häufig liegt sie dann unter dem Mindestmaß von sechs Monaten, auch wenn die §§ 52a Abs. 1 S. 3 und 88 Abs. 2 dieses Ergebnis zu verhindern suchen. Beide Vorschriften beruhen auf Annahmen zur erzieherischen Notwendigkeit eines Mindestzeitraums, die von der kriminologischen Sanktionsforschung jedoch nicht hinreichend bestätigt werden konnten (Dünkel 1990, S. 435 und Eisenberg § 18 Rn. 4).

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      Dauer der Jugendstrafe 2012 (insgesamt: 14 803) und 2017 (insgesamt: 9 685)

      Quelle: Statistisches Bundesamt Strafverfolgung 2012, 281; 2017, 293.

Absolute Zahlen Anteil in % Aussetzungsquote in %
2012 2017 2012 2017 2012 2017
6 Monate 2 020 1 142 13,7 11,8 86,7 84,8
6–9 Monate 2 307 1 560 15,6 16,1 83,5 81,6
9–12 Monate 2 904 2 000 19,6 20,6 74,5 75,2
1–2 Jahre 5 409 3 527 36,5 36,4 55,9 58,4
2–3 Jahre 1 405 935 9,5 9,6
3–5 Jahre 662 474 4,5 4,7
5–10 Jahre 96 47 0,7 0,5

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      An die Stelle der auf die einzelnen Delikte zugeschnittenen speziellen Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts tritt im Jugendstrafrecht ein genereller Strafrahmen, der durch Mindest- und Höchstmaß bestimmt wird. Er beträgt bei Jugendlichen sechs Monate bis zu fünf Jahren, bei Verbrechen, für die nach dem allgemeinen Strafrecht wie z.B. bei Raub, schwerer Brandstiftung, Meineid, Vergewaltigung, Mord und Totschlag eine Höchststrafe von mehr als 10 Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, zehn Jahre. Bei Heranwachsenden ist das Höchstmaß der Jugendstrafe nach § 105 Abs. 3 zehn Jahre, bei Mord und Vorliegen der besonderen Schwere der Schuld 15 Jahre. Da die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts nicht gelten, können auch die gesetzlichen Strafänderungsgründe (seien sie obligatorisch oder fakultativ, seien sie benannt oder unbenannt) nicht zu einer Strafrahmenverschiebung im Jugendstrafrecht führen. Insoweit hat z.B. § 243 StGB („Besonders schwerer Fall des Diebstahls“) keine Bedeutung und gehört von daher auch nicht in den Urteilstenor, BGH NStZ 1999, 205. Die obligatorischen Strafmilderungsgründe wie die §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1, 30 Abs. 1 und 35 Abs. 2 StGB erlauben keine Unterschreitung des Mindestmaßes von sechs Monaten Jugendstrafe. Die Grenze gilt absolut. Auch im Rechtsmittelverfahren darf deswegen eine z.B. viermonatige Freiheitsstrafe gegenüber einem Heranwachsenden, auf den zu Unrecht allgemeines statt Jugendstrafrecht angewendet worden ist, nicht durch eine Jugendstrafe von vier (oder gar sechs) Monaten ersetzt werden (vgl. § 55 Rn. 46; Ostendorf § 18 Rn. 3). Eisenberg (§ 18 Rn. 7 u. § 55 Rn. 89) geht davon aus, dass das Verschlechterungsverbot das in § 18 Abs. 1 verankerte Mindestmaß der Jugendstrafe bricht. Dem Grundsatz der reformatio in peius ist in diesen Fällen jedoch dadurch Rechnung zu tragen, dass eine andere jugendstrafrechtliche Sanktion unterhalb der Schwelle der Jugendstrafe gewählt wird. Der generelle Strafrahmen wird auch hinsichtlich des Höchstmaßes absolut begrenzt, so dass auch bei Anwendung von § 31 eine Überschreitung unzulässig ist (Einzelheiten bei § 31 Rn. 14, 40, 65; zur Untergrenze der Einheitsjugendstrafe nach Einbeziehung eines früheren Urteils einerseits LG Mannheim NStZ 1997, 388 (nicht notwendig höher) und andererseits führe nach Seiser NStZ 1997, 374 neues Tatunrecht zu höherer Einheitsjugendstrafe; dazu Brunner NStZ 1999, 36, wonach diese aufgrund besserer Erkenntnis der Täterpersönlichkeit milder ausfallen kann).

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      Mindest- und Höchstmaß der Jugendstrafe sind umstritten. Nach Nr. 1 RiJGG a.F. zu § 18 beruht das gesetzliche Mindestmaß auf der Erkenntnis, dass in einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten eine wirksame erzieherische Einwirkung grundsätzlich nicht möglich ist. Kriminologisch ist diese Erkenntnis höchst zweifelhaft. Das erhöhte Mindestmaß widerspricht auch der internationalen Entwicklung, die zu einem kurzfristigen Freiheitsentzug tendiert, wenn ein solcher schon nicht zu vermeiden ist (besonders deutlich in den Niederlanden, der Schweiz und Skandinavien; zusammenfassender Überblick bei Dünkel

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