Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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Verhängung von Jugendstrafe (BGH NJW 2009, 2694 m. Anm. Rose ZJJ 2010, 196 ff).

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      Ob dieser Zweck in Abweichung von der gesetzlichen Reihenfolge den Vorwegvollzug oder Vorwegvollzug eines Teils der Jugendstrafe erfordert, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Persönlichkeit des Täters, der Länge der Freiheitsstrafe und der Art der notwendigen Behandlung (ständige Rspr. des BGH, s. etwa BGHSt 33, 285 m.w.N.; ferner die Rechtsprechungsnachweise bei Detter NStZ 2001, 136 f.; 2000, 190; 1999, 499). Im Einzelfall ist damit also nicht ausgeschlossen, dass dem Vollzug der Strafe der Vorrang vor der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu geben ist; das kann insbesondere der Fall sein, wenn es sich um eine Jugendstrafe handelt (BGH Urt. v. 14.7.1987 – 1 StR 250/87 = BGHR StGB § 67 Abs. 2 Zweckerreichung, leichtere 7). Dabei genügt es nicht, dass gegenwärtig keine erfolgversprechende Therapie möglich ist; erforderlich ist vielmehr, dass im konkreten Fall der Vorwegvollzug der Strafe geeignet erscheint, die Therapiebereitschaft des Verurteilten in dem Sinne zu fördern, dass der Vorwegvollzug der Strafe den Angeklagten dem Maßregelziel näherbringt (BGHSt 33, 287). Das ist dann der Fall, wenn mit einer gewissen Weiterentwicklung des Angeklagten durch den Strafvollzug zu rechnen ist, der Vollzug der Jugendstrafe also die Aussicht bietet, dem Angeklagten im Rahmen der weiteren Entwicklung seiner noch unfertigen Persönlichkeit bewusst zu machen, dass die Gesellschaft ihm ebenso wie anderen Straftätern gegenüber auf Verletzungen von Rechtsgütern mit dem Mittel der Strafe reagieren muss, und ihn damit für spätere therapeutische Maßnahmen besser vorzubereiten, als es eine sofortige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vermöchte (BGHSt 33, 289). Die Strafe kann gem. § 67 Abs. 2 StGB dann vor der Maßregel vollzogen werden, wenn sie als Vorstufe der Behandlung für deren Zweck erforderlich ist, etwa bei Protest- und Verweigerungsverhalten oder mangelndem Durchhaltewillen für Langzeittherapie.

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      Aus anderen Gründen, etwa wegen eines fehlenden Therapieplatzes in einer vorhandenen Anstalt gem. § 93a, darf der Vorwegvollzug nicht angeordnet werden (BGH MDR 1978, 803 [Holtz]; NStZ 1981, 492; NStZ 1982, 132; s. auch § 93a Rn. 3, 4). Zum Vorwegvollzug bei angeordneter Unterbringung neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren s. nunmehr § 67 Abs. 2 S. 2–4 StGB. Zur Vollstreckungsreihenfolge im Übrigen kann auf die allgemeine Kommentarliteratur zu § 67 StGB verwiesen werden (vgl. etwa Fischer § 67 Rn. 3 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung).

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      Die Abweichung von der regelmäßigen Reihenfolge der Vollstreckung ist grundsätzlich gesonderter revisionsrechtlicher Prüfung zugänglich (BGH StV 1991, 65; a.A. noch OLG Hamm NStZ 1985, S. 447 [Böhm]). Eine Rechtsmittelbeschränkung auf die Nichtanordnung der Unterbringung nach §§ 63 oder 64 StGB ist unwirksam. Ist nämlich über die Frage der Unterbringung zu entscheiden, so kann eine Verurteilung zu Jungendstrafe nicht vorweg selbstständig in Rechtskraft erwachsen, weil dem Tatrichter sonst die ihm gemäß § 5 Abs. 3 obliegende Beurteilung und Entscheidung unmöglich gemacht würde (BayObLG JZ 1989, 652; s. § 5 Rn. 19; in diesem Sinne auch BGH Beschl. v. 18.1.1993 – 5 StR 682/92 = BGHR JGG § 5 Abs. 2 Absehen 1). Zum Verhältnis der Strafzumessungserwägungen zu den für die Unterbringung beachtlichen Gesichtspunkten s. § 5 Rn. 19.

IV. Verfahren

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      Zuständig für die Vollstreckung der Maßregeln der Besserung und Sicherung, insbesondere für die Entscheidungen über Beginn, Fortdauer und Aussetzung, ist der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter, §§ 82 Abs. 1, 84 JGG; §§ 462a, 463 Abs. 1 StPO (BGHSt 26, 163; 27, 190; OLG Koblenz GA 1975, 285; OLG Karlsruhe JR 1980, 468). Dies gilt auch dann, wenn der Verurteilte zur Tatzeit Heranwachsender war, aber Jugendstrafrecht zur Anwendung gekommen ist. Dass der Verurteilte zwischenzeitlich erwachsen geworden ist, ist unerheblich (OLG Karlsruhe JR 1980, 468 m.w.N.; OLG Düsseldorf OLGSt Nr. 1 zu § 82). Ist gegen einen Heranwachsenden nur eine Maßregel nach § 7 Abs. 1 angeordnet und enthält das Urteil keine ausdrücklichen Erörterungen zu § 105, so ist die Strafvollstreckungskammer für die Vollstreckung zuständig, denn § 105 erfordert ausdrückliche Feststellungen, wenn auf einen Heranwachsenden Jugendstrafrecht angewendet werden soll (OLG Düsseldorf OLGSt Nr. 1 zu § 82 JGG).

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      Nach der Neuregelung in § 85 Abs. 4 geht die Vollstreckung nach der Aufnahme des Verurteilten in den Maßregelvollzug auf den Jugendrichter über, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, oder der gem. § 85 Abs. 2 S. 2 durch Rechtsverordnung bestimmt ist. Unterhält die Anstalt Außenstellen, so ist der Sitz der Hauptanstalt maßgeblich (BGH Beschl. v. 17.12.1993 – 2 ARs 426/93 = NStZ 1994, 204 f.). Ist vor dem Ende des Strafvollzugs über eine zusätzlich angeordnete Maßregel zu entscheiden (§ 67a Abs. 1 StGB), so erstreckt sich die örtliche Zuständigkeit des Jugendrichters als Vollstreckungsleiter für die Vollstreckung der Jugendstrafe auch auf die Entscheidungen über die Maßregel (BGHSt 27, 190, 191; OLG Karlsruhe JR 1980, 468). Dies gilt auch nach der Neuregelung in § 85 Abs. 4, um ein Auseinanderfallen dieser voneinander abhängigen Entscheidungen zu verhindern. Die Abgabe aus wichtigen Gründen richtet sich auch im Maßregelvollzug nach § 85 Abs. 5 (BGHR JGG § 85 Abs. 3 [a.F.], Vollstreckungsabgabe 1). Der Gesichtspunkt der Vollzugsnähe allein ist indessen noch kein wichtiger Grund (BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf NStE Nr. 2 zu § 85 JGG; § 85 Rn. 13). Zur Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer für Folgeentscheidungen bei nach DDR-Recht angeordneten Einweisungen s. KG NStZ 1994, 148.

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      Für den Vollzug der Maßregeln gelten §§ 136 bis 138 StVollzG sowie die §§ 53, 54, 56 StVollstrO im Rahmen von § 1 Abs. 3 StVollstrO. Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen im Vollzug, die nicht den Beginn, die Fortdauer und die Aussetzung der Unterbringung, für die der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter zuständig ist (Rn. 21), gilt § 92.

B. Nachträgliche Sicherungsverwahrung (Absätze 2 bis 5) I. Allgemeines

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