Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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Wortlaut des Abs. 1 („können“) ist so zu verstehen, dass von den Maßregeln der Besserung und Sicherung des allgemeinen Strafrechts lediglich die des § 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 StGB angeordnet werden dürfen (BGH MDR 1991, S. 1188 f.). Die Entscheidung, ob diese Maßnahmen ausgesprochen werden, richtet sich ausschließlich nach den entsprechenden Vorschriften des allgemeinen Rechts. Soweit deren Anordnung nach allgemeinem Strafrecht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend vorgesehen ist (§§ 63 und 69 StGB), räumt Abs. 1 dem Richter also kein Ermessen in dem Sinne ein, dass er trotz Vorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von der Anordnung absehen könnte (BGH NStZ 1991, 384 m.w.N.; BGHSt 37, 373 ff., 374 = BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 14; BGH NStZ 1994, 178 [Detter]; Ostendorf § 7 Rn. 3; Eisenberg § 7 Rn. 6; LG Oldenburg NStZ 1985, 447; 1988, 491 [jeweils bei Böhm]; missverständlich OLG Zweibrücken StV 1989, 314). Das schließt im Hinblick auf § 62 StGB nicht aus, dass die besonderen Gesichtspunkte des Jugendstrafrechts beachtet werden müssen und die Anordnung der Maßregeln der Besserung und Sicherung, namentlich der Unterbringung, gerade bei Jugendlichen besonders sorgfältiger Prüfung bedarf (allg. M.; vgl. BGH NJW 1951, 450 f.; NStZ 1991, 384 m.w.N.; BGHSt 37, 373; BGH Beschl. v. 9.12.1992 – 3 StR 434/92 m.w.N.; s. Rn. 4 m.w.N.). Diese Prüfung hat aber im Rahmen der rechtlichen Subsumtion nach den jeweils einschlägigen Vorschriften des allgemeinen Strafrechts (§§ 63, 64, 68, 69 StGB) zu erfolgen. Sind diese Tatbestände auch unter Berücksichtigung der jugendtümlichen Besonderheiten des Falles erfüllt, so muss das Gericht danach entscheiden (ständige Rspr. des BGH, s. BGH Beschl. v. 26.4.1996 – 2 StR 138/96; BGH NStZ 1999, 123 f.; 1998, 185, 505 [Detter]; NStZ 1996, 428; NStZ 1995, 173, 489; NStZ 1994, 178; BGH MDR 1991, S. 1188 f.; StV 2005, 63). Die Anordnung der übrigen Maßregeln in Abs. 1 steht im Ermessen des Gerichts. Zum gebundenen Ermessen bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 s. Rn. 7 ff. Ein irgendwie gearteter Vorrang der Maßnahmen des JGG vor den Maßregeln der Besserung und Sicherung besteht, wie schon § 5 Abs. 3 zeigt, nicht. Zum Verhältnis zu Zuchtmitteln und Jugendstrafe s. § 5 Rn. 15 ff., 18. Zur Unzulässigkeit, Maßregeln der Besserung und Sicherung durch eine Weisung nach § 10 anzuordnen oder deren gesetzlichen Voraussetzungen zu umgehen vgl. § 10 Rn. 16–19.

II. Einzelne Maßregeln der Besserung und Sicherung

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      Für die einzelnen Maßregeln der Besserung und Sicherung gelten die jeweils einschlägigen Vorschriften des StGB (insbesondere auch § 62 und § 67 StGB), so dass auf die dazu vorliegende Literatur und die Rechtsprechungsnachweise verwiesen werden kann. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf durch das JGG veranlasste Besonderheiten. Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Anordnung von Maßregeln, wenn der Täter nicht therapiefähig ist, eine Behandlung ablehnt oder der Mittel eines psychiatrischen Krankenhauses nicht bedarf, s. etwa Kruis StV 1998, 94.

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      Die Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die sich allein nach § 63 StGB bestimmen, sind gerade bei Jugendlichen besonders sorgfältig zu prüfen, insbesondere hinsichtlich seiner Gesamtpersönlichkeit, wobei bei Sexualtätern insbesondere die Pubertät zu berücksichtigen ist, hinsichtlich der Art seiner Erkrankung, seines Vorlebens und seiner Lebensbedingungen und aller sonst in Frage kommenden Umstände (BGH NJW 1951, 450 f.; BGHSt 37, 373; NStZ 1993, 527 [Böhm]; SchlHOLG SchlHA 1957, 161; ThürOLG Beschl. v. 29.1.2007 – 1 Ws 16/07). Von der Vernehmung hierfür in Betracht kommender Auskunftspersonen kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, dass ein bestimmtes Verhalten als wahr unterstellt wird (SchlHOLG a.a.O.). Je länger die Unterbringung dauern soll, desto strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges sein (BVerfG StV 1986, 160). Zur Unterbringung bei fehlender strafrechtlicher Verantwortlichkeit (§ 3) s. § 3 Rn. 28–30).

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      Da Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus von dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht werden, nach dem das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit und der Freiheitsanspruch des Einzelnen gerechten Ausgleich verlangen (BVerfG StV 1986, 162), darf eine Abhilfe der Gefährdung der Rechtsordnung nicht auf andere Weise als die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus zu schaffen sein; dabei ist zu prüfen, ob eine ausreichende Sicherung in diesem Sinne etwa durch Familienmitglieder, ggf. mit Unterstützung durch das Jugendamt, erreicht werden kann (BGH NJW 1951, 450 f.) oder ob der Zweck der Maßregel nicht auch durch die weniger beschwerende Maßregel der Unterbringung in einer Erziehungsanstalt erreicht werden kann (BGH NStZ 1993, 527 [Böhm]). Erst wenn über die Unmöglichkeit solcher weniger einschneidender Maßnahmen Klarheit geschaffen ist, hat das Gericht eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BGH NJW 1951, 450 f.). Die Unterbringung eines 17-Jährigen in einem psychiatrischen Krankenhaus kann immer nur in besonderen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein (BGH NStZ 1991, 384 = MDR 1991, 1188 f.; BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 1). All diese Gesichtspunkte sind in der Hauptverhandlung festzustellen und im Urteil darzulegen.

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      Es genügt die bestimmte Wahrscheinlichkeit, der Jugendliche werde die Rechtsordnung künftig unmittelbar bedrohen (BGH GA 1959, 339 [Herlan]). Nicht erforderlich ist indessen, dass verbindlich vorhergesagt werden kann, der Jugendliche werde anschließend keine Gefahr mehr für die Sicherheit der Allgemeinheit sein. Fehlende Erfolgsaussichten stehen – anders als bei der Unterbringung nach § 64 StGB (Rn. 7) – der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht grundsätzlich entgegen, weil diese Maßregel in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit dient und die Heilung nur ein erwünschter Nebenzweck ist (für Erwachsene: HansOLG Hamburg MDR 1995, 947 f. m.N.). Grundsätzlich zur Anordnung der Unterbringung eines Jugendlichen in einem psychiatrischen Krankenhaus vgl. BGH MDR 1991, S. 1188 f.

      7

      Die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 7; § 61 Nr. 2 StGB) bestimmen sich nach § 64 StGB. Außerdem gelten die zu Rn. 2

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