Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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      Lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass eine solche Prüfung erfolgt ist, führt dies zur Aufhebung des Urteils und zwar wegen des durch Abs. 3 bestehenden Zusammenhangs, sowohl im Straf- als auch im Maßregelausspruch (BGH NStZ-RR 2000, 321 [Böhm]; BGH Beschl. 20.1.1999 – 2 StR 627/98 m.N.; BGH StV 1998, 341; BGH NStZ 1997, 480 f. [Böhm]; BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 1 und 2; BGH StV 1993, 534; NStZ 1994, 528 [Böhm]; BGH StV 1998, 342 ff., 343), und zwar auch dann, wenn der Maßregelausspruch an sich rechtsfehlerfrei begründet ist (BGH Beschl. v. 29.1.2002 – 4 StR 529/01). Das gilt bei rechtsfehlerhaftem Unterbleiben der Maßregel (z.B. bei rechtsfehlerhafter Verneinung der Voraussetzungen des § 64) auch dann, wenn nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (BGH NStZ 1993, 527 [Böhm]). Ergibt diese Prüfung, die nach den oben genannten Kriterien erfolgt (s. Rn. 8–14), dass eine Ahndung entbehrlich ist, so hat sie gemäß § 5 Abs. 3 zu unterbleiben. Die Entbehrlichkeit wird im Falle einer Unterbringung nach § 63 StGB im Regelfall bejaht (BGH StV 1993, 534 m.w.N.). Bei fehlerhaftem Unterbleiben einer Maßregel nach § 64 kommt u.U. nur die Aufhebung des Urteilsausspruchs über die Höhe der Jugendstrafe in Betracht, wenn die Verhängung von Jugendstrafe an sich rechtmäßig war (BGH Beschl. v. 9.1.2002 – 5 StR 543/01).

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      Die Selbstständigkeit der beiden Maßnahmen (s. Rn. 20) bringt es mit sich, dass die Anordnung der Unterbringung grundsätzlich selbstständig anfechtbar ist, und zwar auch dann, wenn sich der Angeklagte nicht gegen die gleichzeitig verhängte Jugendstrafe, sondern lediglich etwa gegen die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenheut wendet, sofern sich nicht aus besonderen Gründen Trennbarkeitshindernisse ergeben. (BGH NStZ 2016, 105). Ist ein Jugendlicher zu Jugendstrafe verurteilt worden, steht § 5 Abs. 3 der Beschränkung eines Rechtsmittels allein auf die Nichtanordnung seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus entgegen. Ist nämlich über die Frage der Unterbringung zu entscheiden, kann eine Verurteilung zu Jugendstrafe nicht vorweg selbstständig in Rechtskraft erwachsen, weil dem Tatrichter sonst die ihm gemäß § 5 Abs. 3 obliegenden Beurteilung und Entscheidung unmöglich gemacht würde (BayObLG JZ 1989, 652 = MDR 1989, 933 = JR 1990, 209). Eine Beschränkung der Revision auf die Nichtanordnung der Unterbringung ist danach – anders als im allgemeinen Strafrecht (vgl. BGH NJW 1963, 1414; BGHSt 5, 312; RGSt 71, 265, 266; BGHSt 15, 279; MDR 1977, 459, 460 [Holtz], jeweils m.w.N.) – unzulässig. Umgekehrt wird deshalb das Urteil auch dann aufzuheben sein, wenn nur der Angeklagte Revision eingelegt, das (rechtsfehlerhafte) Absehen von der Unterbringung jedoch ausdrücklich von der Anfechtung ausgenommen hat, denn der Zusammenhang von Strafe und Maßregel in Abs. 3 schließt es aus, dass die Nichtanordnung der Maßregel vorab in Rechtskraft erwächst (BGH StV 1998, 342, 343 = NStZ-RR 1998, 188 ff., 189 f.; abweichend wohl BGH NStZ-RR 2019, 32).

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      Dem Verschlechterungsverbot steht es nicht entgegen, wenn auf Rechtsmittel des Angeklagten neu über die Straffestsetzung entschieden wird und das Gericht dann auf Grund des festgestellten Drogenmissbrauchs die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnet (BGH NStZ 1993, 527 [Böhm]). Zum Absehen von einer Entscheidung nach § 27 s. § 27 Rn. 15.

VII. Sonstiges

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      Der Urteilstenor enthält, auch wenn nur Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel ausgesprochen werden, nur die angeordnete Maßnahme, nicht auch das „Absehen“ von den übrigen Maßnahmen des § 5. § 260 Abs. 4 S. 4 StPO ist nicht anwendbar. Dagegen müssen die Urteilsgründe (§ 54) Ausführungen darüber enthalten, weshalb die Maßnahmen, auf die erkannt wurde, ergriffen worden sind und weshalb keine andere Rechtsfolge gem. § 5 ausgesprochen wurde, denn die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 5 Abs. 1 und 2 ist (revisions-)rechtlicher Überprüfung insoweit zugänglich, als der Tatrichter die maßgeblichen gesetzlichen Kriterien bei seiner Abwägung erkennen lassen und entsprechend dem gesetzlichen Zweck der Maßnahme(n) bewerten muss. Werden nur Erziehungsmaßregeln angeordnet, so muss das Urteil erkennen lassen, ob eine rechtlich fehlerfreie Abwägung stattgefunden hat und die Gründe dafür benennen, weshalb keine Ahndung nach § 5 Abs. 2 erfolgt ist (§ 54). Da zumindest Zuchtmittel und Erziehungsmaßregeln nicht grundsätzlich im Verhältnis der schwereren zur minderschweren Maßnahme stehen (s. Rn. 17), kann der Angeklagte durch die Anordnung von Erziehungsmaßregeln anstatt von Zuchtmitteln beschwert sein. Die Ausführungen müssen daher erkennen lassen, ob der Tatrichter bei der Ausübung seines Ermessens die dafür maßgeblichen rechtlichen Kriterien beachtet hat. Werden Zuchtmittel oder Jugendstrafe angeordnet, so muss sich aus dem Urteil ergeben, dass Erziehungsmaßregeln nicht ausgereicht haben (§ 5 Abs. 2). Zu den Urteilsgründen bei der Verhängung von Zuchtmitteln bzw. Jugendstrafe s. Erl. zu § 13 und zu § 17; ferner zu den Urteilsgründen allgemein Erl. zu § 54.

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      Sieht eine Vorschrift des allgemeinen Strafrechts vor, dass der Richter unter bestimmten Voraussetzungen, so umfasst diese Ermächtigung auch das Absehen von Zuchtmitteln und Erziehungsmaßregeln (BayObLG St 61, 171 ff. = NJW 1961, 2029 f.; Nothacker S. 315; Dallinger/Lackner § 5 Rn. 18), da sonst der Jugendliche gegenüber Erwachsenen unter Umständen ungerechtfertigt benachteiligt werden müsste. Der Richter wird aber gleichwohl in seine Ermessenserwägungen die erzieherischen Belange des Jugendstrafrechts einzustellen haben, mit der Folge, dass die Notwendigkeit der Erziehung mit Mitteln des JGG ein Absehen von Strafe verbieten kann (BayObLG a.a.O.). Das gilt nicht, wenn das Absehen von Strafe unter bestimmten Umständen gesetzlich zwingend ist, wie etwa Im Falle des § 60 StGB, der auch im Jugendstrafrecht anwendbar ist (BayObLG NStZ 1991, 584). Hier besteht ein solcher Ermessensspielraum

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