Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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dienen mit dem Ziel, eine erneute Straffälligkeit zu verhüten (allg.M.; s.i.E. Rn. 9 ff.); beachtlich kritisch zum Erziehungsgedanken: Kusch Plädoyer für die Abschaffung des Jugendstrafrechts, NStZ 2006, 65 ff.; kritisch auch Streng Jugendstrafrecht, Rn. 15 ff., 18 ff.; zur Diskussion dieses Themas s. auch Kreuzer NJW 2002, 2345, 2346 ff.). Dieses spezialpräventive Ziel, wurde durch die Neufassung des § 2 Abs. 1 durch G. v. 13.12.2007 (BGBl. I, S. 2894) ausdrücklich klargestellt. Andere erzieherische Gesichtspunkte sind nicht von Belang. Für die Frage, ob zur Ahndung einer Straftat Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel oder Jugendstrafe angeordnet werden, sind neben der Schwere des Unrechts und der Höhe der Schuld (s. Rn. 11) vor allem erzieherische Gründe maßgebend (BGH MDR 1976, 769 [Holtz]; NStZ 1983, 448 [Böhm]; Beschl. v. 18.8.1992 – 4 StR 313/92 = BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8). Dieser Erziehungsgedanke steht auch bei den Rechtsfolgen gegen Heranwachsende im Vordergrund (BGH NStZ 1988, 491 [Böhm] = StV 1988, 307; BGH Beschl. v. 25.2.1992 – 5 StR 526/91; NStZ 1992, 276 = NJW 1992, 2167). Völlig unerheblich und auch unzulässig sind dagegen Erwägungen der Generalprävention (ständige Rspr. des BGH StV 1982, 335 f.; StV 1990, 505; BGHSt 15, 224 f.; MDR 1982, 339; MDR 1981, 454; StV 1981, 183; NStZ 1982, 414; 1986, 446 [jeweils bei Böhm]; BGHR JGG § 18, jeweils m.w.N.). Zur kumulativen Anordnung von Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe s. Erl. zu § 8.

II. Erziehungsmaßregeln (Absatz 1)

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      Erziehungsmaßregeln (Einzelheiten s. Erl. zu §§ 9 bis 12) können aus Anlass der Straftat angeordnet werden. Ob sie angeordnet werden, stellt der Gesetzgeber somit in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts, das dabei die unter § 9 Rn. 3–8 im Einzelnen genannten Kriterien zu beachten hat. Der Richter ist nicht verpflichtet, Erziehungsmaßregeln anzuordnen. Er hat dies vielmehr nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterlassen, wenn ein Zuchtmittel zur Erziehung genügt (s. unten Rn. 17). Entscheidend ist, dass die Erziehungsmaßregeln aus der Sicht des Gerichts nur erzieherische Zwecke verfolgen dürfen. Gesichtspunkte der Sühne und Vergeltung dürfen bei der Frage, ob und welche Erziehungsmaßregeln angeordnet werden, keine Rolle spielen (s. § 9 Rn. 3).

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      Die Erziehungsmaßregeln des § 5 Abs. 1 stehen wie jede staatliche Maßnahme unter dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und haben wie jede strafrechtliche Rechtsfolge insofern auch einen Bezug zum Unrechtsgehalt der Tat (s. § 9 Rn. 4; § 10 Rn. 22–24). Sie sind aber nicht dafür bestimmt, das Unrecht der Tat auszugleichen; sie werden nur aus Anlass der Tat angeordnet. Die Tat und deren Unrechtsgehalt spielen danach insoweit eine Rolle, als sie die Erziehungs- oder Charaktermängel des Täters offenbaren, deren Beseitigung die Maßregeln nach § 5 Abs. 1 dienen sollen, sind also lediglich der Maßstab dafür, ob überhaupt Erziehungsmaßregeln angeordnet werden (s. § 10 Rn. 24). Der Unrechtsgehalt der Tat darf nicht dazu führen, dass in die Erwägungen repressive Überlegungen einfließen. Entscheidend für die Ermessensabwägung nach Abs. 1 ist somit das durch die Anlasstat sichtbar gewordene Erziehungsdefizit im Hinblick auf weitere Verfehlungen derselben oder ähnlicher Art (Dallinger/Lackner § 5 Rn. 12). Nur dies darf durch die Erziehungsmaßregeln ausgeglichen werden. Ist der Unrechts- und Schuldgehalt der Anlasstat so beschaffen, dass er eigener Berücksichtigung bedarf, so sind alternativ oder kumulativ (§ 8) Zuchtmittel oder Jugendstrafe zu verhängen. Der Unrechtsgehalt der Anlasstat ist auch kein Maßstab für Art und Umfang der Erziehungsmaßregeln. Hierfür ist allein die Beschaffenheit des durch die Tat zutage getretenen Erziehungsdefizits entscheidend, also das Ausmaß der Erziehungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Täters (s. § 9 Rn. 6 und 7).

III. Zuchtmittel oder Jugendstrafe (Absatz 2)

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      Reichen Erziehungsmaßregeln nicht aus (s. Rn. 15–17), so hat der Richter Zuchtmittel oder Jugendstrafe anzuordnen (Abs. 2). Diese Ahndungsmittel berücksichtigen neben dem Erziehungsgedanken (s. Rn. 5) ebenso die Sanktionszwecke der Sühne und der Vergeltung (ständige Rspr. des BGH NStZ 1996, 232 f.; StV 1981; 26 f.; MDR 1978, 280 [Holtz]; NStZ 1983, 448; NStZ 1984, 445; 1987, 442 [jeweils bei Böhm]); MDR 1982; 339 f.; NStZ 1982, 414 [Böhm]; BGHSt 15, 224/225; s. im Einzelnen die Erl. zu § 18), wie auch – allerdings nachrangig (s. Rn. 14) – den Schutz der Allgemeinheit. Diese dem Erziehungsgedanken hinzutretenden Strafzwecke können jedenfalls die Verhängung einer über fünf Jahre hinausgehenden Jugendstrafe begründen (dazu § 18 Rn. 6; BGH NStZ 1996, 232f; NStZ-RR 1996, 317 f.; BGH MDR 1996, 881 f. [Holtz]; Dölling NStZ 1998, 39 f.). Die Jugendstrafe soll dem Jugendlichen das von ihm begangene Unrecht vor allem deshalb vor Augen führen, um seine eigene Sühnebereitschaft zu wecken (BGHSt 15, 225). Zuchtmittel und Jugendstrafe enthalten – untereinander abgestuft – sowohl Elemente der Erziehung (§ 18 Abs. 2), als auch der Strafe, nämlich den sühnenden und vergeltenden Ausgleich für begangenes Unrecht (§ 13 Abs. 1, § 17 Abs. 2; BGHSt 18, 207).

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      Der Erziehungsgedanke darf nicht, schon gar nicht „deutlich“ zurücktreten (BGH Beschl. v. 9.4.1997 – 1 StR 134/97; BGH StV 1982, 79; BGH Beschl. v. 18.8.1992 – 4 StR 313/92 = BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8). Das gilt auch, wenn wegen der Schwere der Schuld Jugendstrafe verhängt

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