Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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ihm zukommende Bedeutung beigemessen hat. Ein pauschaler Hinweis auf die erzieherische Notwendigkeit reicht nicht aus (vgl. auch BGH Beschl. v. 6.10.1999 – 5 StR 429/99). § 18 Abs. 2 verlangt aber nicht, dass der Grundsatz der Erziehung, der das Jugendstrafrecht beherrscht, allein für die Höhe der Jugendstrafe bestimmend sein muss (BGH StV 1981, 26 f., 27). Soweit einzelne Entscheidungen des BGH dahin verstanden worden sind, dass der Erziehungszweck das allein ausschlaggebende Kriterium sein müsse und auch allein die Obergrenze der nach § 18 Abs. 2 JGG zu bemessenden Jugendstrafe bestimme, hat der BGH inzwischen ausdrücklich klargestellt, dass er an einer solchen Auffassung nicht festhalte (BGH JR 1982, 432; NStZ 1983, 448 [Böhm]). Auch die Jugendstrafe soll Schuld vergelten und Sühne ermöglichen, sie ist keine bloße Erziehungsmaßregel. Ihr Rahmen bestimmt sich auch nach dem Maß der Schuld. Ihr Mindestmaß muss schuldangemessen sein und ihr Höchstmaß darf auch bei Berücksichtigung des Erziehungszwecks nicht das noch vertretbare Sühnebedürfnis übersteigen (BGH Urt. v. 15.5.1968 – 4 StR 89/68; zur jugendstrafrechtlichen Strafzumessung zwischen Tat- und Täterprinzip s. auch Streng GA 2017, 80 ff.). Eine die Strafrahmenobergrenze des Erwachsenenrechts übersteigende Jugendstrafe kommt nur ausnahmsweise in Betracht (BGH Urt. v. 14.5.1996 – 1 StR 51/96 m.N.). Beim Verstoß gegen des Beschleunigungsgebot (Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK) darf der Ausgleich für eine Verfahrensverzögerung nicht dazu führen, dass die zur Erziehung erforderliche Dauer der Jugendstrafe unterschritten und dadurch die Erreichung des Erziehungsziels gefährdet wird (BGH NStZ 2003, 364 f.). Generalpräventive Erwägungen sind bei der Bemessung der Jugendstrafe unzulässig (ständige Rspr. des BGH s. Urt. v. 7.9.1993 – 5 StR 455/93 = BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 3 m.w.N.).

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      Bei der Verhängung der Jugendstrafe gegen bereits erwachsene Angeklagte wird der Erziehungsgedanke desto weiter zurückzutreten haben, je länger die Tat zurückliegt. Er muss insbesondere dann gänzlich in den Hintergrund treten, wenn der Angeklagte keinerlei Reiferückstände mehr hat und inzwischen sozial angepasst lebt (Schaffstein/Beulke/Swoboda Rn. 473). Dies ergibt sich aus § 18 Abs. 2, wonach die Jugendstrafe nur die erforderliche erzieherische Einwirkung ermöglichen muss. In diesen Fällen kommt dem Ahndungs- und Sühnecharakter der Strafe und der Schwere der Schuld entscheidende Bedeutung zu (s. die Auswertung von Gerichtsentscheidungen bei Budelmann Jugendstrafrecht für Erwachsene, 2005, insb. S. 110 ff.). Bei einem Heranwachsenden kommt dem Erziehungsgedanken nach der Rspr. des 3. Senats des BGH mit zunehmendem Alter, „wenn überhaupt“, nur noch eine geringe Bedeutung zu, wenn dieser zum Zeitpunkt der Verurteilung schon das 21. Lebensjahr vollendet hat (3 StR 417/15 = NStZ 2016, 680 f.; 3 StR 214/15 = NStZ 2016, 101 f.). Der 1. Senat neigt sogar dazu, in solchen Fällen erzieherische Gesichtspunkte bei der Beurteilung der Schwere der Schuld überhaupt nicht zu berücksichtigen (BGH 1 StR 178/13 = NStZ 2013, 658 f.). Eine der Verfassung zu entnehmende absolute Altersgrenze etwa dahingehend, dass das Erziehungsrecht des Staates spätestens nach dem 21. Lebensjahr erlischt (Eisenberg NStZ 2000, 484), existiert indessen nicht (BGH NStZ 2002, 204, 207; vgl. auch BVerfGE 74, 102, 125). Beim Vollzug ist jedoch § 89b zu beachten. Zur Problematik der Anwendung von Jugendstrafrecht auf bereits erwachsene Angeklagte s. Budelmann Jugendstrafrecht für Erwachsene, 2005; zur vergleichenden Darstellung der Auffassungen in der Rspr. und Literatur s. etwa Rose NStZ 2019, 57 ff.).

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      Die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 2 werden zur Ahndung der Straftat angeordnet. Damit haben sie – anders als die Erziehungsmaßregeln nach § 5 Abs. 1 – den Unrechtsgehalt der Tat unmittelbar insoweit zu berücksichtigen, als er sich nach der charakterlichen Haltung und Persönlichkeitsentwicklung des Täters in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen hat (BGH NStZ 1989, 522 [Böhm]; StV 1990, 508); eine eigenständige Bedeutung darf dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat allerdings nicht beigemessen werden (BGH NStZ 1996, 232 f.; BGH StV 1981, 26 = MDR 1981, 101; StV 1981, 130, 240, 241, 405). Er ist aber für die Frage bedeutsam, welche Schlüsse er auf die Persönlichkeit des Täters und seine Schuld zulässt; Gesichtspunkte des Schutzes der Allgemeinheit haben demgegenüber zurückzutreten (BGHSt 15, 224 ff.; 16, 263; StV 1982, 335 f., 336). Bei der Bemessung von Art und Umfang der Ahndung nach § 5 Abs. 2 ist der Richter wegen der Eigenständigkeit der Rechtsfolgen des JGG zwar nicht an die Strafrahmen des allgemeinen Rechts gebunden; er darf aber die größere oder geringere Schwere des Tatunrechts, wie sie in den Strafdrohungen des allgemeinen Strafrechts ihren Ausdruck gefunden hat, nicht außer Betracht lassen (ständige Rspr. des BGH zur Jugendstrafe: BGH StV 1986, 446; NStZ 1982, 414; 1983, 448; 1984, 446; 1985, 447; 1987, 442; 1988, 491 [jeweils bei Böhm]; MDR 1982, 625, 972; StV 1982, 27 f., 338; 1987, 306; NJW 1972, 693; GA 1986, 177; MDR 1977, 107; § 18 Abs. 2 Tatumstände 2; BGH Urt. v. 16.11.1993 – 4 StR 591/93; Beschl. v. 12.1.1999 – 4 StR 685/98). Insoweit müssen die Umstände, die im allgemeinen Strafrecht zu einer Strafrahmenmilderung führen, im Jugendstrafrecht mit ihrem vollen Gewicht bei der eigentlichen Strafzumessung berücksichtigt werden (BGH Beschl. v. 17.3.1992 – 5 StR 652/91).

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      Es ist daher auch für die Ahndung nach § 5 Abs. 2 bedeutsam, ob es sich um minder oder besonders schwere Fälle handelt (BGH NJW 1982, 393; MDR 1976, 769). Allerdings hat der Ausspruch, der Angeklagte habe sich wegen Diebstahls „in besonders schwerem Fall“ schuldig gemacht, in dem Tenor des Urteils gegen einen Jugendlichen zu unterbleiben (BGH MDR 1976, 769). Die Strafrahmen des allgemeinen Rechts behalten im Jugendstrafrecht auch insoweit ihre Bedeutung, als in ihnen die Bewertung des Tatunrechts zum Ausdruck kommt, namentlich dort, wo sich die Tat, nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt, als minder schwerer Fall darstellen würde (ständige Rspr. des BGH, vgl. BGH StV 1986, 304; BGHR JGG § 18 Abs. 1 S. 3 minder schwerer Fall 1 und 2; NStZ 1986, 446, 447 [Böhm] m.w.N.; BGH Beschl. v. 30.6.1987 – 4 StR 266/87; NStZ 1990, 529 [Böhm]; BGH Beschl. v. 25.2.1992 – 5 StR 36/92). Da im Jugendstrafrecht die Anwendung des § 49 Abs. 1 StGB und damit eine Verschiebung des Strafrahmens ausscheidet, muss die Verminderung der Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB mit ihrem vollen Gewicht bei der eigentlichen Strafzumessung berücksichtigt werden (BGH StV 1989, 545). Der beherrschende Grundsatz des Erziehungsgedankens bedeutet nicht, dass der äußere Unrechtsgehalt der Tat, insbesondere die Bewertung des Tatunrechts, die in den gesetzlichen Strafdrohungen ihren Ausdruck gefunden hat, unberücksichtigt bleiben darf (BGH NStZ 1997, 481 [Böhm]; BGH Beschl. v. 18.8.1992 – 4 StR 313/92 = BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8); denn die Schwere der Schuld ist nicht abstrakt messbar, sondern nur in Beziehung zu einer bestimmten, mehr oder weniger gewichtigen Tat von Bedeutung (BGH StV 1982, 335 f., 336 zur Jugendstrafe). Es ist daher zulässig, bei der Bemessung von Art und Erfolg der Straftat eine Beziehung zur Strafdrohung des allgemeinen Strafrechts herzustellen (BGH NStZ 1989, 119 f. zur Jugendstrafe). Keinesfalls darf die obere Grenze schuldangemessenen Strafens aus erzieherischen Gründen überschritten werden (BGH NStZ 1997, 481 [Böhm]; Beschl. v. 13.6.1995 – 4 StR 315/95; BGH NStZ 1990, 389, ähnlich: BGH Beschl. v. 9.11.1990 – 2 StR 509/90).

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      Bei

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