Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма страница 33
Der König wischte, ohne ein Wort zu sagen, den kalten Schweiß ab, der gleichsam in Wellen von seinen Schläfen floß.
Die Minute des Stillschweigens, welche auf diesen heftigen Ausfall folgte, stellte für den, der gesprochen, und für den, der gehört hatte, Jahrhunderte des Leidens dar.
»Mein Herr,« sagte endlich der König, »Ihr habt das Wort Vergessenheit ausgesprochen; ich habe nur dieses Wort gehört und werde also auch nur dieses beantworten. Andere konnten vergeßlich sein, ich bin es nicht, und zum Beweise dient, daß ich mich eines Tags des Aufruhrs, eines Tags erinnere, wo das Volk, wüthend und brüllend wie das Meer, in das Palais-Royal eindrang, eines Tags endlich, wo ich mich stellte, als schliefe ich in meinem Bett, während ein einzelner Mann, mit entblößtem Schwert hinter dem Bettvorhang verborgen, über meinem Leben wachte, bereit, für mich das seinige zu wagen, wie er es zwanzigmal für die Glieder meiner Familie gewagt hatte. Sprecht, hieß der Edelmann, den ich damals nach seinem Namen fragte nicht Herr d’Artagnan?«
»Eure Majestät hat ein gutes Gedächtniß,« erwiderte kalt der Officier.
»Ihr seht, mein Herr,« fuhr der König fort, »Ihr seht, was ich, wenn ich solche Erinnerungen aus der Kindheit habe, im Alter des Verstandes ansammeln kann.«
»Eure Majestät ist von Gott reich ausgestattet worden.« sprach der Officier mit demselben Ton.
»Laßt hören, Herr d’Artagnan,« fuhr Ludwig mit einer fieberhaften Aufregung fort, »werdet Ihr nicht auch so geduldig sein, als ich bin? werdet Ihr nicht thun, was ich thue?«
»Und was thut Ihr, Sire?«
»Ich warte.«
»Eure Majestät kann das, weil sie jung ist; ich, Sire, ich habe keine Zeit, zu warten! das Alter steht vor meiner Thüre und der Tod folgt ihm, bis in den Grund meines Hauses schauend; Eure Majestät beginnt das Leben; sie ist voll von Hoffnung und zukünftigem Glück; aber ich, Sire, ich bin am andern Ende des Horizonts, und wir stehen so fern von einander, daß ich nie Zeit hätte, zu warten, bis Eure Majestät zu mir käme.«
Ludwig ging einmal im Zimmer auf und ab, stets diesen Schweiß abtrocknend, der die Aerzte sehr erschreckt haben mußte, hätten die Aerzte den König in einem solchen Zustand sehen können.
»Es ist gut, mein Herr,« sagte sodann Ludwig XIV. mit stolzem Tone; »Ihr wünscht Euren Abschied? Ihr sollt ihn haben. Ihr bietet mir Eure Entlassung vom Grade eines Lieutenants der Musketiere an?«
»Ich lege sie unterthänig zu den Füßen Eurer Majestät nieder.«
»Das genügt. Ich werde Befehl geben, daß man Euch in Ruhestand versetzt.«
»Ich werde Eurer Majestät tausendfach hierfür verbunden sein.«
»Mein Herr,« sprach der König mit einer gewaltigen Anstrengung gegen sich selbst, »ich glaube, daß Ihr einen guten Herrn verliert.«
»Und ich, Sire, ich weiß es gewiß.«
»Werdet Ihr je einen ähnlichen finden?«
»Oh! Sire, ich weiß wohl, daß Eure Majestät einzig in der Welt ist; ich werde auch fortan bei keinem König der Erde mehr Dienst nehmen und keinen andern Herrn haben, als mich selbst.«
»Ihr sagt es?«
»Ich schwöre es Eurer Majestät.«
»Ich nehme Euch beim Wort, mein Herr.«
D’Artagnan verbeugte sich.
»Und Ihr wißt, daß ich ein gutes Gedächtnis habe,« fügte der König bei.
»Ja, Sire, und dennoch wünschte ich, daß dieses Gedächtnis Eure Majestät zu dieser Stunde verließe, damit sie das Elend vergäße, das ich vor ihren Augen auszubreiten genöthigt gewesen bin. Seine Majestät steht so hoch über den Armen und Kleinen, daß ich Hoffnung habe.«
»Meine Majestät, mein Herr, wird es machen wie die Sonne, welche Alles sieht, Große und Kleine, Reiche und Arme, dem Einen den Glanz, dem Andern die Wärme, Allen das Leben verleihend. Gott befohlen, Herr d’Artagnan; Gott befohlen, Ihr seid frei.«
Und mit einem heiseren Schluchzen, das sich in seiner Kehle verlor, trat der König rasch in das anstoßende Zimmer.
D’Artagnan aber nahm seinen Hut von dem Tisch, auf den er ihn geworfen hatte, und ging hinaus.
Drittes bis Sechstes Bändchen
I.
Der Geächtete
D’Artagnan war noch nicht unten an der Treppe, als der König seinem Cavalier rief und zu ihm sagte:
»Ich habe Euch einen Auftrag zu geben, mein Herr.«
»Ich bin zu Eurer Majestät Befehlen.«
»So wartet also.«
Und der König schrieb folgenden Brief, der ihn mehr als. einen Seufzer kostete, obschon zu gleicher Zeit etwas wie das Gefühl des Triumphes in seinen Augen glänzte:
»Herr Cardinal,
»Mit Hilfe Eurer guten Rathschläge und besonders Eurer Festigkeit, bin ich im Stande gewesen, eine eines Königs unwürdige Schwäche zu besiegen und zu bezähmen. Ihr habt mein Schicksal zu geschickt geordnet, als daß mich nicht die Dankbarkeit in dem Augenblick, wo ich Euer Werk zu zerstören im Begriff war, hätte zurückhalten sollen. Ich begriff, daß ich Unrecht hatte, mein Leben von dem Weg, den Ihr ihm vorgezeichnet, abbringen zu wollen. Es wäre unleugbar ein Unglück für Frankreich und für meine Familie gewesen, würde ein Mißverständniß zwischen mir und meinem Minister zum Ausbruch gekommen sein.
»Das wäre jedoch sicherlich geschehen, hätte ich Eure Nichte zu meiner Frau gemacht; ich begreife das vollkommen und werde mich fortan in keiner Hinsicht der Erfüllung meines Geschickes entgegensetzen. Ich bin also bereit, die Infantin Maria Theresia zu heirathen, und Ihr könnt sogleich den Zeitpunkt für die Eröffnung der Unterhandlungen bestimmen.
»Euer wohlgewogener
Der König las seinen Brief noch einmal und siegelte ihn sodann selbst.
»Diesen Brief dem Herrn Cardinal,« sagte er.
Der Cavalier entfernte sich. An der Thüre von Mazarin traf er Bernouin, der voll Angst wartete.
»Nun?« fragte der Kammerdiener des Ministers.
»Mein Herr,« sagte der Cavalier, »hier ist ein Brief für Seine Eminenz.«
»Ein Brief! Ah! wir warteten darauf nach dem kleinen Ausflug von diesem Morgen.«
»Ah! Ihr wußtet, daß Seine Majestät . . . «
»In unserer Eigenschaft als erster Minister haben wir die