Jane Eyre. Шарлотта Бронте

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Jane Eyre - Шарлотта Бронте 99 Welt-Klassiker

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      »Au­ßer­dem«, sag­te Miss Ab­bot, »wird Gott Sie stra­fen. Er könn­te Sie mit­ten in Ihrem Trotz tot zu Bo­den fal­len las­sen, und wo­hin kämen Sie dann? Kom­men Sie, Bes­sie, wir wol­len sie al­lein las­sen: um kei­nen Preis der Welt möch­te ich ihr Herz ha­ben. Sa­gen Sie Ihr Ge­bet, Miss Eyre, wenn Sie al­lein sind; denn wenn Sie nicht be­reu­en, könn­te et­was Schreck­li­ches durch den Ka­min her­un­ter­kom­men und Sie ho­len.«

      Sie gin­gen und schlos­sen die Tür hin­ter sich ab.

      Das rote Zim­mer war ein Frem­den­zim­mer, in dem nur sel­ten je­mand schlief; ich könn­te bei­na­he sa­gen nie­mals oder nur dann, wenn ein zu­fäl­li­ger Zu­sam­men­fluss von Be­su­chern auf Ga­tes­head-Hall es not­wen­dig mach­te, alle Räum­lich­kei­ten des Hau­ses nutz­bar zu ma­chen. Und doch war es eins der schöns­ten und präch­tigs­ten Ge­mä­cher im Her­ren­hau­se. Wie ein Ta­ber­na­kel stand im Mit­tel­punkt des­sel­ben ein Bett von mas­si­ven Ma­ha­go­nipfei­lern ge­tra­gen und mit Vor­hän­gen von dun­kel­ro­tem Da­mast be­hängt; die bei­den großen Fens­ter, de­ren Rou­leaux im­mer her­ab­ge­las­sen wa­ren, wur­den durch Ge­hän­ge und Fal­ten­dra­pe­ri­en vom sel­ben Stof­fe halb ver­hüllt; der Tep­pich war rot; der Tisch am Fu­ßen­de des Bet­tes war mit ei­ner hoch­ro­ten De­cke be­legt; die Wän­de wa­ren mit ei­nem Stof­fe be­hängt, der auf licht­brau­nem Grun­de ein zar­tes rosa Mus­ter trug; die Gar­de­ro­be, der Toi­let­te­tisch, die Stüh­le wa­ren aus dunklem, po­lier­tem Ma­ha­go­ni an­ge­fer­tigt. Aus die­sen düs­te­ren Schat­ten er­ho­ben sich weiß und hoch und glän­zend die auf­ge­häuf­ten Ma­trat­zen und Kopf­kis­sen des Bet­tes, über die eine schnee­wei­ße De­cke ge­brei­tet war. Eben so un­heim­lich stach ein großer, ge­pols­ter­ter, eben­falls wei­ßer Lehn­stuhl her­vor, der am Kop­fen­de des Bet­tes stand und vor dem sich ein Fuß­sche­mel be­fand; da­mals er­schi­en er mir wie ein geis­ter­haf­ter Thron.

      Das Zim­mer war dumpf, weil nur sel­ten ein Feu­er in dem­sel­ben an­ge­zün­det wur­de; es war still, weil es weit von der Kin­der­stu­be und den Kü­chen ent­fernt lag; un­heim­lich, weil ich wuss­te, dass fast nie­mals je­mand das­sel­be be­trat. Nur am Sonn­abend kam das Haus­mäd­chen hier­her, um den stil­len Staub ei­ner Wo­che von den Mö­beln und den Spie­geln zu wi­schen; und in lan­gen Zwi­schen­räu­men kam auch Mrs. Reed hier­her, um den In­halt ei­ner ge­wis­sen Schieb­la­de zu re­vi­die­ren, in wel­cher sich ver­schie­de­ne Ur­kun­den, ihre Ju­we­len­scha­tul­le und ein Mi­nia­tur­bild ih­res ver­stor­be­nen Gat­ten be­fand. In die­sen letz­ten Wor­ten liegt das Ge­heim­nis des ro­ten Zim­mers, der Zau­ber­bann, wes­halb es trotz sei­ner Pracht so ein­sam und ver­las­sen war.

      Mr. Reed war seit neun Jah­ren tot; in die­sem Ge­ma­che hat­te er sei­nen letz­ten Atem­zug ge­tan; hier lag er auf­ge­bahrt; von hier hat­ten die Lei­chen­trä­ger ihn hin­aus­ge­tra­gen – und seit je­nem Tage hat­te ein Ge­fühl trau­ri­ger Wei­he je­den un­be­ru­fe­nen Be­su­cher von sei­ner Schwel­le fern ge­hal­ten.

      Der Sitz, auf wel­chen Bes­sie und die bit­ter­bö­se Miss Ab­bot mich ge­bannt hat­ten, war eine nied­ri­ge Ot­to­ma­ne, wel­che nahe dem wei­ßen Mar­mor­ka­min stand; das Bett türm­te sich vor mir auf; zu mei­ner Rech­ten be­fand sich ein ho­her dunk­ler Gar­de­ro­ben­schrank, auf des­sen Ta­fel­werk sich die lei­sen, düs­te­ren Lich­ter bra­chen; zu mei­ner Lin­ken wa­ren die ver­häng­ten Fens­ter; ein großer Spie­gel zwi­schen den­sel­ben wie­der­hol­te die to­tes­s­til­le Ma­je­stät des Bet­tes und des Zim­mers. Ich war nicht ganz si­cher, ob sie die Tür zu­ge­schlos­sen hat­ten; und als ich wie­der Mut ge­nug hat­te, um mich zu be­we­gen, stand ich auf und ging um nach­zu­se­hen. Ach ja! Kei­ne Ker­ker­tür war je­mals si­che­rer ver­schlos­sen! Als ich wie­der an die Ot­to­ma­ne zu­rück­ging, muss­te ich an dem Spie­gel vor­über, mein ge­bann­ter Blick bohr­te sich un­will­kür­lich in die Tie­fe des­sel­ben ein. In ihm sah al­les noch küh­ler und hoh­ler und düs­te­rer aus als in Wirk­lich­keit, und die selt­sa­me, klei­ne Ge­stalt, die mir aus ihm ent­ge­gen­blick­te, mit weißem Ge­sicht und Ar­men, die grell aus der Dun­kel­heit her­vor­leuch­te­ten, mit Au­gen, die vor Furcht hin- und her­roll­ten, wo sonst al­les be­we­gungs­los war – die­se klei­ne Ge­stalt sah aus, wie ein wirk­li­ches Ge­s­penst; ich dach­te an eins je­ner zar­ten Phan­to­me, halb Elfe, halb Ko­bold, wie sie in Bes­sies Däm­mer­stun­den-Ge­schich­ten aus ein­sa­men, wil­den Schluch­ten und düs­te­ren Moo­ren her­vor­ka­men und sich dem Auge des nächt­li­chen Wan­de­rers zeig­ten. Ich kehr­te auf mei­nen Sitz zu­rück.

      In die­sem Au­gen­blick be­mäch­tig­te der Aber­glau­be sich mei­ner, aber die Stun­de sei­nes voll­stän­di­gen Sie­ges über mich war noch nicht ge­kom­men: mein Blut war noch warm; die Wut des em­pör­ten Skla­ven er­hitz­te mich noch mit ih­rer gan­zen Bit­ter­keit; ich hat­te noch einen wil­den Strom von Ge­dan­ken an die Ver­gan­gen­heit zu bän­di­gen, be­vor ich mich ganz dem Jam­mer über die trost­lo­se Ge­gen­wart hin­ge­ben konn­te.

      Wie der schmut­zi­ge Bo­den­satz aus ei­nem trü­ben Brun­nen, so stieg aus mei­nem be­weg­ten, auf­ge­reg­tem Ge­müt al­les an die Ober­flä­che mei­nes Emp­fin­dens: John Reeds wil­de Ty­ran­nei, die hoch­mü­ti­ge Gleich­gül­tig­keit sei­ner Schwes­tern, die Ab­nei­gung sei­ner Mut­ter, die Par­tei­lich­keit der Dienst­bo­ten! Wes­halb muss­te ich stets lei­den, stets mit ver­ächt­li­chen Bli­cken an­ge­se­hen wer­den, im­mer be­schul­digt, im­mer ver­ur­teilt wer­den? Wes­halb konn­te ich nie­mals et­was recht ma­chen? Wes­halb war es im­mer nutz­los, wenn ich ver­such­te, ir­gend ei­nes Men­schen Gunst zu er­rin­gen? Man hat­te Ach­tung vor Eli­za, die doch so ei­gen­sin­nig und selbst­süch­tig war. Je­der­mann hat­te Nach­sicht mit Ge­or­gi­na, die stets übel­ge­launt und trot­zig und frech war. Ihre Schön­heit, ihre ro­si­gen Wan­gen und gol­di­gen Lo­cken schie­nen je­den zu ent­zücken, der sie an­blick­te und ihr Ver­ge­bung für all ihre Män­gel und Feh­ler zu er­kau­fen. John wur­de nie­mals be­straft, nie­mand wi­der­sprach ihm je­mals, ob­gleich er den Tau­ben die Häl­se um­dreh­te, die jun­gen Hüh­ner um­brach­te, die Hun­de auf die Scha­fe hetz­te, den Wein­stock im Treib­hau­se sei­ner Trau­ben be­raub­te und von den sel­tens­ten Pflan­zen die Knos­pen ab­riss; er nann­te sei­ne Mut­ter so­gar »lie­be Alte«; nahm durch­aus kei­ne Rück­sicht auf ihre Wün­sche; zer­riss und be­schmutz­te ihre sei­de­nen Klei­der nicht sel­ten, – und doch war er »ihr ein­zi­ger Lieb­ling«. Ich wag­te nie­mals, einen Feh­ler zu be­ge­hen; ich be­müh­te mich stets, mei­ne Pf­licht zu tun, und mich nann­te man un­ar­tig und un­er­träg­lich, mür­risch und hin­ter­lis­tig, vom Mor­gen bis zum Mit­tag, vom Mit­tag bis zum Abend.

      Mein Kopf schmerz­te noch und blu­te­te nach dem er­hal­te­nen Schla­ge und dem Fal­le, wel­chen ich ge­tan; nie­mand hat­te John einen Ver­weis er­teilt, weil er mich grund­los ge­schla­gen; aber weil ich mich ge­gen ihn auf­ge­lehnt hat­te, um sei­ner wei­te­ren un­ver­nünf­ti­gen, be­sin­nungs­lo­sen Hef­tig­keit zu ent­ge­hen, hat­ten alle mich mit den lau­tes­ten Schmä­hun­gen über­häuft.

      »Un­ge­recht! – un­ge­recht!« sag­te mei­ne Ver­nunft, wel­cher die fort­wäh­ren­de, qual­vol­le Auf­rei­zung eine früh­zei­ti­ge, wenn auch vor­über­ge­hen­de Kraft ver­lie­hen hat­te; und

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