Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 264

Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше Gesammelte Werke bei Null Papier

Скачать книгу

der Ent­beh­rung, des Un­be­ha­gens, ja der Er­bit­te­rung, – kurz, wir Deut­schen wol­len Et­was von uns, was man von uns noch nicht woll­te – wir wol­len Et­was mehr!

      Daß die­sem »Deut­schen, wie er noch nicht ist« – et­was Bes­se­res zu­kommt, als die heu­ti­ge deut­sche »Bil­dung«; daß alle »Wer­den­den« er­grimmt sein müs­sen, wo sie eine Zufrie­den­heit auf die­sem Be­rei­che, ein dreis­tes »Sich-zur-Ruhe-set­zen« oder »Sich-selbst-an­räu­chern« wahr­neh­men: das ist mein zwei­ter Satz, über den ich auch noch nicht um­ge­lernt habe.

      c) Anzeichen der Erstarkung.

      *

      109.

      Grund­satz: es giebt et­was von Ver­fall in Al­lem, was den mo­der­nen Men­schen an­zeigt: aber dicht ne­ben der Krank­heit ste­hen An­zei­chen ei­ner un­er­prob­ten Kraft und Mäch­tig­keit der See­le. Die­sel­ben Grün­de, wel­che die Ver­klei­ne­rung der Men­schen her­vor­brin­gen, trei­ben die Stär­ke­ren und Selt­ne­ren bis hin­auf zur Grö­ße.

      *

      110.

      Ge­sammt-Ein­sicht: der zwei­deu­ti­ge Cha­rak­ter uns­rer mo­der­nen Wel­t, – eben die­sel­ben Sym­pto­me könn­ten auf Nie­der­gang und auf Stär­ke deu­ten. Und die Ab­zei­chen der Stär­ke, der er­run­ge­nen Mün­dig­keit könn­ten auf Grund über­lie­fer­ter ( zu­rück­ge­blie­be­ner) Ge­fühls-Ab­wer­thung als Schwä­che miß­ver­stan­den wer­den. Kurz, das Ge­fühl, als Wert­h­ge­fühl, ist nicht auf der Höhe der Zeit.

      Ver­all­ge­mei­ner­t: Das Wert­h­ge­fühl ist im­mer rück­stän­dig, es drückt Er­hal­tungs-, Wachst­hums-Be­din­gun­gen ei­ner viel frü­he­ren Zeit aus: es kämpft ge­gen neue Da­seins­be­din­gun­gen an, aus de­nen es nicht ge­wach­sen ist und die es nothwen­dig miß­ver­steht: es hemmt, es weckt Arg­wohn ge­gen das Neue …

      *

      111.

      Das Pro­blem des neun­zehn­ten Jahr­hun­derts. Ob sei­ne star­ke und schwa­che Sei­te zu ein­an­der ge­hö­ren? Ob es aus Ei­nem Hol­ze ge­schnitzt ist? Ob die Ver­schie­den­heit sei­ner Idea­le, und de­ren Wi­der­spruch, in ei­nem hö­he­ren Zwe­cke be­dingt ist: als et­was Hö­he­res? – Denn es könn­te die Vor­be­stim­mung zur Grö­ße sein, in die­sem Maße in hef­ti­ger Span­nung zu wach­sen. Die Un­zu­frie­den­heit, der Ni­hi­lis­mus könn­te ein gu­tes Zei­chen sein.

      *

      112.

      Ge­sammt-Ein­sicht. – That­säch­lich bringt je­des große Wachst­hum auch ein un­ge­heu­res Ab­brö­ckeln und Ver­ge­hen mit sich: das Lei­den, die Sym­pto­me des Nie­der­gangs ge­hö­ren in die Zei­ten un­ge­heu­ren Vor­wärts­ge­hens; jede frucht­ba­re und mäch­ti­ge Be­we­gung der Mensch­heit hat zu­gleich eine ni­hi­lis­ti­sche Be­we­gung mit­ge­schaf­fen. Es wäre un­ter Um­stän­den das An­zei­chen für ein ein­schnei­den­des und al­ler­we­sent­lichs­tes Wachst­hum, für den Über­gang in neue Da­seins­be­din­gun­gen, daß die ex­trems­te Form des Pes­si­mis­mus, der ei­gent­li­che Ni­hi­lis­mus, zur Welt käme. Dies habe ich be­grif­fen.

      *

      113.

      A

      Von ei­ner vol­len herz­haf­ten Wür­di­gung uns­rer jet­zi­gen Mensch­heit aus­zu­ge­hen: – sich nicht durch den Au­gen­schein täu­schen las­sen: die­se Mensch­heit ist we­ni­ger »ef­fekt­voll«, aber sie giebt ganz an­de­re Ga­ran­ti­en der Dau­er, ihr Tem­po ist lang­sa­mer, aber der Takt selbst ist viel rei­cher. Die Ge­sund­heit nimmt zu, die wirk­li­chen Be­din­gun­gen des star­ken Lei­bes wer­den er­kannt und all­mäh­lich ge­schaf­fen, der »As­ke­tis­mus« i­ro­ni­ce –. Die Scheu vor Ex­tre­men, ein ge­wis­ses Zu­trau­en zum »rech­ten Weg«, kei­ne Schwär­me­rei; ein zeit­wei­li­ges Sich-Ein­le­ben in en­ge­re Wert­he (wie »Va­ter­land«, wie »Wis­sen­schaft« u.s.w.).

      Dies gan­ze bild wäre aber im­mer noch zwei­deu­tig: – es könn­te eine auf­stei­gen­de oder aber eine ab­stei­gen­de Be­we­gung des Le­bens sein.

      B

      Der Glau­be an den »Fort­schrit­t« – in der nie­de­ren Sphä­re der In­tel­li­genz er­scheint er als auf­stei­gen­des Le­ben: aber das ist Selbst­täu­schung;

      in der hö­he­ren Sphä­re der In­tel­li­genz als ab­stei­gen­des.

      Schil­de­rung der Sym­pto­me.

      Ein­heit des Ge­sichts­punk­tes: Un­si­cher­heit in Be­treff der Wert­h­maa­ße.

      Furcht vor ei­nem all­ge­mei­nen »Um­sonst«.

      Ni­hi­lis­mus.

      *

      114.

      That­säch­lich ha­ben wir ein Ge­gen­mit­tel ge­gen den ers­ten Ni­hi­lis­mus nicht mehr so nö­thig: das Le­ben ist nicht mehr der­maa­ßen un­ge­wiß, zu­fäl­lig, un­sin­nig in un­se­rem Eu­ro­pa. Eine solch un­ge­heu­re Po­ten­zirung vom Wert­h des Men­schen, vom Werth des Übels u.s.w. ist jetzt nicht so nö­thig, wir er­tra­gen eine be­deu­ten­de Er­mä­ßi­gung die­ses Wert­hes, wir dür­fen viel Un­sinn und Zu­fall ein­räu­men: die er­reich­te Macht des Men­schen er­laubt jetzt eine Her­ab­set­zung der Zucht­mit­tel, von de­nen die mo­ra­li­sche In­ter­pre­ta­ti­on das stärks­te war. »Gott« ist eine viel zu ex­tre­me Hy­po­the­se.

      *

      115.

      Wenn ir­gend Et­was uns­re Ver­mensch­li­chung, einen wah­ren tat­säch­li­chen Fort­schrit­t be­deu­tet, so ist es, daß wir kei­ne ex­ces­si­ven Ge­gen­sät­ze, über­haupt kei­ne Ge­gen­sät­ze mehr brau­chen …

      wir dür­fen die Sin­ne lie­ben, wir ha­ben sie in je­dem Gra­de ver­geis­tigt und ar­tis­tisch ge­macht;

      wir ha­ben ein Recht auf alle die Din­ge, die am schlimms­ten bis­her ver­ru­fen wa­ren.

      *

      116.

      Die Um­leh­rung der Rang­ord­nung. – Die from­men Falsch­mün­zer, die Pries­ter, wer­den un­ter uns zu Tschan­dala’s: – sie neh­men die Stel­lung der Char­la­t­ans, der Quack­sal­ber, der Falsch­mün­zer, der Zau­be­rer ein: wir hal­ten sie für Wil­lens-Ver­der­ber, für die großen

Скачать книгу