Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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sind immer so akkurat gekleidet! Ich werde sie waschen und bügeln! Dann kannst du Lucia die Bändchen schenken.«

      Reserl war begeistert, und in bester Stimmung gings zum Kindergarten und zur Schule. Mittags schaffte Stefan es gerade noch, seine kleine Schar rechtzeitig einzusammeln.

      Es war ein strahlender Tag, und wieder dachte er daran, Marie mit einem selbst gepflückten Versöhnungsblümchen einige Rührungstränen zu entlocken. Aber die Primeln blühten nicht mehr, und die Tulpen streckten erst grüne Blätter aus der Erde.

      Obwohl er wusste, wo Marie war, versetzte es ihm wieder einen Stich ins Herz, als er ihren Wagen auf dem Hof vermisste. Ob ihr wohl völlig entfallen war, wie viel es ihm bedeutete, hier oben mit einem Kuss von ihr begrüßt zu werden?

      Er schnaufte leise vor sich hin. Mit Anette als Familienfreundin war vieles einfacher gewesen. Marie hatte sie oft nach den Chorproben mitgebracht, und wenn er seine Frau dann küsste, hatte Anette sich immer peinlich berührt abgewandt. Ja, mit dem Liebesglück anderer hatte sie so ihre Probleme. Aber das war jetzt vorbei. Dann konnten doch wieder bessere Zeiten auf dem Weißenberg-Hof anbrechen!

      Reserl machte einen Freudensprung, weil Wilma die Seidenbänder so fein gewaschen und gebügelt hatte, dass sie wie neu aussahen, und nachdem sie zusammen gegessen und er seiner Ältesten bei ihren Hausarbeiten kurz zugeschaut hatte, entschloss er sich, schnell zu Anette zu fahren. Er nahm sich vor, ihre Glückslaune zu einem ernsten Gespräch zu nutzen. Denn mit etwas Geduld und Verständnis musste sich die enge Freundschaft zu Marie doch wohl wiederherstellen lassen!

      Jossi und Dany saßen mit den Katzen in der Sonne beim alten Sepp. Er winkte ihnen nur flüchtig zu. Denn er wollte sich beeilen, um vor Maries Rückkehr heimzukommen. Die Ankündigung von einem Wochenendbesuch Anettes mit ihrem Münchner Doktor würde sie bestimmt auch versöhnlich stimmen.

      Gerade als er sich hinters Steuer schwingen wollte, sauste Reserl auf dem Fahrrad heran.

      »Fährst du runter nach Altendorf, Papi?« Er nickte. »Nimm mich mit! Ich will Lucia die Bänder bringen. Ich hab’s ihr versprochen.«

      »Morgen, Reserl. Bring sie ihr morgen zur Schule mit.«

      Er sah gerade noch, wie Reserl mit dem Fuß aufstampfte, sich dann aber wieder ihrem Fahrrad zuwandte, kräftig in die Pedalen trat und hinüber zu Sepp, Jossi und Dany sauste. Wie gut, dass sie wenigstens heute auf dem Hof blieb.

      Anette stand unter der Tür, als er, drei Stufen auf einmal nehmend, zu ihr hoch hastete.

      »Lässt du dich auch mal blicken?«, begrüßte sie ihn. Wenn sie ihm vor Wochen wie eine schöne Geistererscheinung entgegengetreten war, so wirkte sie jetzt wie ein Gespenst. Die Haare hingen wirr bis zum Hals herunter, und unter ihren Augen lagen dunkle Schatten. Aber heute konnte er darauf keine Rücksicht nehmen.

      »Ruf mich bitte in Zukunft nicht mehr abends an, Anette«, begann er etwas ungeschickt. »Marie hat’s bemerkt. Deshalb habe ich mein Versprechen gebrochen und ihr alles gesagt.«

      Anette sackte auf den nächsten Stuhl. »Wie gemein von dir! Wie kannst du mir das antun? Ausgerechnet jetzt!«

      »Wieso? Was ist denn wieder los?« Da schluchzte sie auf, und schon packte ihn wieder das schlechte Gewissen.

      »Alles war umsonst. Frank Bahring ist ein mieser Typ, ein Lügner. Ich habe einfach kein Glück mit Männern! Ich habe mich nur lächerlich gemacht! Ja, das soll Marie jetzt auch wissen, wie? Hauptsache, ihr seid glücklich!« Sie schniefte, streckte ihren Arm nach einer Packung Taschentücher aus, holte eins raus und schlug es sich vors Gesicht.

      »Anette …!«

      Mehr als Schluchzen und Schniefen gab sie nicht von sich. Da wusste Stefan, so schnell kam er nicht zurück auf den Weißenberg-Hof. Er setzte sich und wartete.

      Nachdem er einige Zeit stillschweigend herumgesessen hatte, raffte sie sich auf, um einen Tee aufzubrühen. Und schließlich tröpfelten die Worte wie Tränen aus ihr heraus. Frank sei nicht Witwer, sondern geschieden und habe zwei halberwachsene Kinder. Sie sprach von den Fotos in den Silberrahmen und von seinen Plänen, mit ihr in England ein neues Leben zu beginnen.

      »Woher weißt du das denn alles?«

      »Von ihm, Stefan. Von ihm. Einfach so, weil er sein Münchner Haus schon auf den Immobilienmarkt anbietet!«

      »Dann hat er doch nicht gelogen. Er hat dir nur etwas verschwiegen, Anette!«

      »Na und? Ist das etwa kein Betrug?«

      Stefan dachte an Marie. Auch er hatte ihr etwas verschwiegen. Nicht aus Liebe, aber aus Freundschaft zu Anette. Und damit war’s nun auch aus. So ein Schweigen konnte eben gefährlich werden, aber auch, wenn es für Anette zur Katastrophe geworden war, bedeutete es doch nicht das Ende aller Hoffnung!

      »Ein Mann, der seine Zukunft mit einer Frau plant, geht wahrscheinlich ungern ein Risiko ein. Bahring ist ja kein Jüngling mehr. Vielleicht wollte er sich deiner Liebe sicher sein.«

      »Aber wir haben hier eine gemeinsame Nacht verbracht! Hier in meiner Wohnung! Ist das nicht genug Beweis meiner Liebe?« Sie schrie es fast. Der Schmerz musste sehr, sehr tief sitzen.

      »Dann musst du ihm erst recht eine zweite Chance geben!«, riet er ihr.

      »Eine zweite Chance? Ich gebe keinem eine zweite Chance! Nicht mal dir! Ich lebe nur noch für meine Schüler und will außerhalb der Schule keinen mehr sehen!«

      »Und der Chor?!«

      »Marie soll sehen, woher sie einen fünften Sopran und die Partituren für die dritte Stimme bekommt. Von mir nicht! Ich mag keine glücklichen Menschen! Dich auch nicht! Ein Baron, der sein Ehrenwort nicht hält, ist doch nichts wert!«

      »Na reizend! Danke, Anette.«

      Er rührte sich nicht von der Stelle. Wenn sie ihn schon so fertig machte, wie war sie dann mit dem netten Münchner Kardiologen umgesprungen? Konnte der Liebesschmerz aus einer Frau so eine Furie machen? Wie Marie das wohl sah?

      Da brummte sein Handy. Maries Namen erschien auf dem Display, und sofort nahm er das Gespräch an.

      »Wo bist du, Stefan?« Ihre Stimme bebte, und er schoss Anette einen Blick wie ein Giftpfeil zu. Ob ihr klar wurde, dass er immer tiefer in die Falle rutschte, die sie ihm gestellt hatte?

      »Bei Anette!«, gab er zu.

      »Fahr sofort in die Klinik nach Traunstein, Stefan! Reserl hat einen Unfall gehabt!«, presste Marie hervor.

      »Reserl?« Er sprang schon auf. »Reserl? Mein Reserl?!«

      »Ja, mit dem Fahrrad. Sie war auf dem Weg nach Altendorf …« Ihre Stimme erstickte wie unter großem Druck und verhallte gleich darauf.

      »Marie!«, schrie Stefan. »Marie!«

      Wie durch einen Schleier nahm er noch Anettes fragenden Blick wahr. Aber der interessierte ihn nicht. Jetzt ging es nur um Reserl, sein kleines Reserl, das sich noch an diesem Morgen zu erwachsen fühlte, um bunte Schleifen im Haar zu tragen.

      Er schob Anette, die sich ihm in den Weg stellte, beiseite und rannte hinunter zu seinem Wagen. Wild hupend, wie er es eigentlich verachtete, bahnte er sich einen Weg aus der kleinen

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