Der Geisterjäger Staffel 3 – Gruselroman. Andrew Hathaway
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Chefinspektor Hempshaw, der fünf Minuten später eintraf, konnte wenigstens eine Frage beantworten.
»Wir haben Angelina nicht überwacht, weil sie nicht in ihrer Wohnung war und niemand wußte, wo sie sich gerade befindet«, sagte er verbissen. »Unser Mann hat vor dem Apartment auf sie gewartet. Inzwischen war sie hier bei Modeaufnahmen.«
»Hinterher ist man immer klüger«, meinte Hazel tröstend. Sie wußte selbst, daß ihre Worte die Enttäuschung und Verbitterung kaum lindern konnten.
Die Routinemaschinerie lief an. Rick stand da, beobachtete und fühlte sich hilflos. Um wenigstens etwas zu tun, schloß er sich dem Chefinspektor an, der sich von dem Aufnahmeteam den Hergang des Mordes in allen Einzelheiten schildern ließ.
»Ich habe pausenlos fotografiert«, erklärte Johnny Hart. Er sah, daß ihn alle erstaunt musterten, und verteidigte sich rasch. »Das war keine Sensationslust, nicht einmal Gegenwart. Ich hatte einfach den Finger am Auslöser und war so geschockt, daß ich ihn nicht weggenommen habe.«
Chefinspektor Hempshaw streckte ihm die Hand entgegen. Wortlos übernahm er die Kamera und händigte sie Sergeant Myers aus, seinem engsten Mitarbeiter.
Danach ging es um den Wagen, mit dem die Mörderin geflohen war. Erwartungsgemäß wurde genau jenes Fahrzeug beschrieben, daß Rick Masters bereits vergeblich verfolgt hatte. Also gab es auch auf diesem Gebiet keine Überraschungen mehr. Den Fahrer des schwarzen Lieferwagens hatte niemand gesehen.
»Sie machen ein sehr unzufriedenes Gesicht«, stellte Chefinspektor Hempshaw fest, als er mit Rick und Hazel den Tatort verließ.
Rick zuckte die Schultern. »Wundert Sie das? Nicht einmal der Film mit den Aufnahmen des Mordes wird uns weiterbringen.«
»Vielleicht doch.« Hempshaw rieb sich den Nasenrücken und beäugte mißtrauisch Ricks Hund, der die Nackenhaare aufstellte und ihn anknurrte. »Ist Ihnen eines aufgefallen? Ich habe nach dem Kennzeichen des Lieferwagens gefragt. Niemand hat eine Verschmutzung durch Lehm erwähnt. Vielleicht bekommen wir diesmal das Kennzeichen.« Er deutete auf seinen Dienstwagen, in dem bereits der Sergeant wartete. »Durch die Fotos! Bei entsprechender Vergrößerung könnten wir die Ziffern und Buchstaben lesen.«
Rick blieb zwar skeptisch, schloß sich jedem dem Chefinspektor an, der den Film eigenhändig ins Labor des Yards brachte. Hempshaw hinterließ noch, daß er die fertigen Vergrößerungen so schnell wie möglich brauchte.
Da sich Hazel von den Piers aus ein Taxi nach Hause genommen hatte, blieb Rick in Hempshaws Büro.
Eine dreiviertel Stunde später flog die Tür auf. Sergeant Myers stürmte herein, drei große Fotos schwenkend. Er breitete sie auf dem Schreibtisch des Chefinspektors aus.
»Prachtvoll!« rief Hempshaw begeistert. »Man kann das Kennzeichen tatsächlich sehr deutlich lesen. Jetzt brauchen wir nur noch festzustellen, wem es gehört.«
Rick ließ sich auf den Stuhl fallen, von dem er erwartungsvoll aufgesprungen war, und begann, wütend zu lachen. Der Chefinspektor und sein Sergeant sahen ihn verwirrt an.
»Sie… Sie können sich… die Mühe sparen!« stieß Rick Masters abgehackt hervor. »Ich weiß, wem das Kenzeichen gehört.«
Hempshaw und Myers beugten sich hastig vor. »Wem?« riefen sie wie aus einem Mund.
Ricks Lachen verstummte schlagartig.
»Mir!« sagte er wütend, stürmte aus dem Büro und knallte die Tür hinter sich zu.
Auch diese Runde war an den Magier und Mörder gegangen.
*
Ein Schritt zum Ziel. Das war das Ergebnis des Einsatzes auf den Piers.
Der Mann war zufrieden. Endlich hatte sein Werkzeug, nämlich der Geist der Hingerichteten, ein Mitglied des Lauderdale-Clans umgebracht. Angelina Egmontons Vermögen war nicht besonders groß, aber das spielte letztendlich keine Rolle. Er mußte alle ohne Ausnahme töten, ehe das Vermögen der gesamten Familie an ihn fiel.
Der Mörder grinste still vor sich hin, als er sich die Gesichter der Kriminalbeamten und dieses Rick Masters vorstellte. Er hatte mit Absicht ein Kennzeichen vorgetäuscht, das ihnen allen gut bekannt sein mußte.
Ricks Kennzeichen!
Es war in seinen Augen ein köstlicher Spaß. Gewissensbisse wegen des Mordes empfand er nicht. Er merkte gar nicht, wie sehr er schon in den Bann des Bösen geraten war.
Der Mann war fest entschlossen, weder sich noch Lady Jocelynes Geist eine Ruhepause zu gönnen.
Er suchte sein nächstes Opfer aus.
Seine Wahl fiel auf Richard Lauderdale. Er tat es voller Absicht. Denn seiner Meinung nach kam niemand auf die Idee, daß sich der nächste Anschlag schon wieder gegen die engsten Angehörigen des Stahlbarons richtete.
*
Als in dem Herrenhaus der Familie Lauderdale das Telefon klingelte und der Butler abhob, ahnte der Mann nicht, daß er mit keinem lebenden Menschen sprach. Wie hätte er auch wissen können, daß ein zum Leben erweckter Geist jene Worte formte, die ein tückischer Mörder erfand?
Der Anruf löste eine Kettenreaktion aus. Richard Lauderdale, für den der Anruf bestimmt war, verließ überstürzt das Haus, obwohl ihn seine Eltern zurückhalten wollten. Und der Yarddetektiv, der vor dem Grundstück Wache hielt, gab Alarm.
Chefinspektor Hempshaw rief bereits drei Minuten später Rick Masters in seinem Wohnbüro in der Londoner City an.
»Richard Lauderdale hat das Haus verlassen?« fragte Rick verblüfft. »Warum denn das?«
»Keine Ahnung.« Der Chefinspektor räusperte sich. »Ich habe meinem Mann gesagt, daß er Richard verfolgen soll.«
»Das Haus ist jetzt ohne Bewachung?« fragte Rick erschrocken.
»Leider ja«, gestand der Chefinspektor ein. »Ich habe nicht genügend Leute, um das riesige Grundstück mit mehr als einem Mann abzuschirmen.«
»Ich übernehme Richards Beschattung«, entschied der Geisterdetektiv spontan. »Sobald ich Kontakt habe, soll Ihr Mann nach Wimbledon zurückfahren. In der Zwischenzeit schicken Sie wenigstens einen Streifenwagen zu der Villa.«
»Ist schon unterwegs«, erwiderte der Chefinspektor und bewies damit, daß er an alles gedacht hatte. »Ich tue, was in meiner Macht steht, das wissen Sie.«
Rick legte hastig auf und verließ mit Dracula die Wohnung. Er hatte eigentlich vorgehabt, Hazel anzurufen und sie zu fragen, ob er zu ihr kommen sollte, aber das hatte sich jetzt erledigt. Wenn Richard Lauderdale trotz der drohenden Gefahren das Haus seiner Eltern verließ, mußte ein wichtiger Grund vorliegen. Rick konnte sich zwar keinen vorstellen, aber er beeilte sich trotzdem.
Als er mit seinem Morgan mit Blaulicht und Sirene in südlicher Richtung durch das abendliche London raste, dachte er noch einmal über alles nach. Plötzlich tauchte in ihm ein Verdacht auf. Weshalb sollte nicht Richard Lauderdale der gesuchte Mörder sein? Nach dem Tod aller anderen Familienmitglieder wäre er der Alleinerbe des gesamten Vermögens geworden. Und niemand hätte ihm die Morde nachweisen können, auch wenn Scotland Yard dann