Metaphysik. Aristoteles

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Metaphysik - Aristoteles

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nicht dies ursprünglich Eine, Gott. So wenigstens heißt es:

      Daraus stammt, was war, was ist, und alles was sein wird,

       Daraus sind die Pflanzen entsproßt, die Männer und Weiber,

       Tiere des Feldes und Vögel nebst wasserbewohnenden Fischen,

       Götter auch, die langlebigen.

      Aber auch abgesehen davon ist die Sache klar. Denn er sagt: wäre nicht der Streit in den Dingen, so würde alles eines sein; und wenn sie sich verbinden,

      »entflohn ist der Streit zu der Welt Rand«.

      Daher ergibt sich bei ihm die Konsequenz, daß Gott, der doch der seligste ist, an Erkenntnis ärmer ist, als die übrigen Wesen. Denn er kennt die Elemente nicht alle, ihm bleibt der Streit fremd; erkannt aber wird das Gleiche durch das Gleiche. So sagt er:

      Denn durch die Erd' in uns schaun Erde wir, Wasser durch Wasser,

       Luft, die hehre, durch Luft, das verheerende Feuer durch Feuer,

       Liebe durch Liebe, den Streit durch Streit hinwieder, den schlimmen.

      Aber wovon wir abgekommen sind: so viel ist als Konsequenz offenbar, daß bei ihm der Streit Grund des Seins ebensowohl als Grund des Vergehens, und ebenso die Freundschaft nicht bloß Grund des Seins ist; denn indem sie Verbindung stiftet, hebt sie das gesonderte Sein auf. Zugleich aber weiß er einen Grund der Veränderung selbst nicht anzugeben; genug, daß es sich nun einmal so mit der Natur der Dinge verhält:

      Doch als mächtig der Streit in den Gliedern des Ganzen heranwuchs,

       Hoch zu Ehren empor sich hob im Laufe der Zeiten,

       Die nach bestimmendem Schwur zum Wechsel ihnen gesetzt sind...

      Das heißt also: der Wechsel ist notwendig; aber einen Grund für diese Notwendigkeit gibt er nicht an. Aber allerdings, insoweit ist er der einzige, der sich konsequent bleibt. Er läßt nicht einen Teil des Seienden vergänglich, einen anderen unvergänglich sein, sondern nach ihm ist alles vergänglich, bloß mit Ausnahme der Elemente. Die Frage dagegen, von der wir hier handeln, ist die, aus welchem Grunde das eine vergänglich ist, das andere nicht, wenn doch alles aus derselben Quelle stammt.

      Das Bisherige mag ausreichen, um zu zeigen, daß die Prinzipien für beides nicht wohl dieselben sein können. Nehmen wir andererseits an, die Prinzipien für beides seien verschieden, dann ergibt sich die eine Frage, ob auch die Prinzipien für das Vergängliche als unvergänglich, oder ob sie als vergänglich zu denken sind. Sind sie vergänglich, so müssen offenbar auch sie aus irgend etwas abgeleitet sein; denn alles was vergeht, löst sich wieder in das auf, woraus es stammt. Die Folgerung, die sich daraus ergibt, wäre also die, daß unter den Prinzipien die einen die ursprünglicheren, die anderen die abgeleiteten wären. Das aber ist undenkbar, gleichviel ob man irgendwo Halt macht oder ob man damit ins Unendliche fortgeht. Überdies, wie soll es zu einem Sein des Vergänglichen kommen, wenn die Prinzipien selber vergehen? Sind sie aber unvergänglich, aus welchem Grunde soll aus dem einen Unvergänglichen Vergängliches, aus dem anderen Unvergänglichen aber Unvergängliches stammen? Das ist nicht recht verständlich; sondern es ist entweder ganz undenkbar, oder es bedürfte doch einer umständlichen Ableitung.Wirklich hat niemand es auch nur unternommen, besondere Prinzipien für das Vergängliche anzugeben; sondern man nimmt für alles dieselben Prinzipien an, und knabbert und nagt an jenem fundamentalen Bedenken herum, als sähe man darin etwas ganz Unerhebliches.

      Das elfte Problem

      Was aber für die Untersuchung unter allem das Schwierigste und zugleich für alle Wahrheitserkenntnis das Unerläßlichste ist, das ist die Frage, ob das Sein und das Eine das wahre Wesen der Dinge und diese beiden, jenes als Eines, dieses als Sein, nicht an einem Anderen sind, oder ob man zu fragen hat, was das Sein, was das Eine ist als Bestimmung an einem anderen ihnen beiden zugrunde liegenden Wesen. Die Ansichten darüber sind geteilt; die einen nehmen jenes, die anderen dieses Verhältnis an. Plato und die Pythagoreer meinen, das Sein und das Eine seien nicht an einem von ihnen verschiedenen Substrat; sondern das eben sei ihre Natur, daß die Idee der Einheit und die Idee des Seins ihr Wesen ausmachten. Anders die Naturphilosophen, wie Empedokles. Er legt dar, was das Eine ist, indem er den Begriff auf geläufigere Begriffe zurückführt. Denn man darf doch wohl annehmen, daß mit seinem Begriffe von Freundschaft eben dies gemeint ist; wenigstens ist sie nach ihm der Grund des Einsseins für alles. Andere setzen das Feuer, wieder andere die Luft als dieses Eine und Seiende, wodurch die Dinge ihr Sein und Entstehen haben, und bei denjenigen, die eine Vielheit von Elementen setzen, steht es ganz ebenso; denn auch sie sind gezwungen, das Eine und das Sein ebenso vielfach anzunehmen, als die Prinzipien, die sie setzen.

      Wenn man nun das Eine und das Sein nicht als selbständige Wesenheit setzen will, so ist die Konsequenz die, daß auch sonst kein anderes Allgemeines selbständige Wesenheit hat; denn jene sind unter allem das Allgemeinste. Gibt es also nichts, was an sich ein Eines oder an sich Seiendes wäre, so kann kaum von dem anderen irgend etwas ein Sein haben neben dem was man als Einzelwesen bezeichnet. Und ferner, ist das Eine nicht selbständige Wesenheit, so gäbe es offenbar auch keine Zahl im Sinne einer von den Dingen gesonderten Wesenheit. Denn die Zahl ist eine Vielheit von Einheiten, die Einheit aber ist das Wesen der Eins. Existiert dagegen etwas, was ein Eines und Seiendes an sich ist, dann ist das Eine und das Sein notwendig das eigentliche Wesen desselben. Denn dann gibt es kein anderes, wovon sie ausgesagt würden, sondern eben sie selber sind ihr eigenes Substrat.

      Aber andererseits, wenn es ein Sein und ein Eines an sich gibt, so erhebt sich die große Schwierigkeit, wie es neben ihnen noch etwas anderes geben kann, d.h. wie das Seiende mehr als eines sein kann. Denn was ein Anderes ist als das Seiende, das hat kein Sein. Und so wäre man denn nach der Ausführung des Parmenides zu der Folgerung gezwungen, daß alles was ist. Eines, und daß dieses das Seiende wäre.

      Die Schwierigkeit also besteht in beiden Fällen. Denn ob das Eine keine selbständige Wesenheit hat, oder ob es ein Eines an sich gibt, immer ist es undenkbar, daß die Zahl eine selbständige Wesenheit sei. Wenn das Eins keine selbständige Wesenheit ist, so haben wir vorher dargelegt, aus welchem Grunde auch die Zahl es nicht ist. Ist sie aber selbständige Wesenheit, so ergibt sich dieselbe Schwierigkeit wie in bezug auf das Sein. Denn woher soll ein anderes Eines kommen neben dem Einen an sich? Es müßte notwendig ein nicht-Eines sein. Alles aber was ist, ist entweder eine Einheit oder eine Vielheit, und die Vielheit besteht wieder aus Einheiten. Außerdem, wenn das an sich Eine ein Unteilbares ist, so würde es nach dem, was Zeno ausführt, nichts sein. Denn dasjenige, was hinzugefügt oder abgezogen eine Größe weder größer noch kleiner macht, das, führt er aus, sei nichts Seiendes, offenbar weil er meint, das Seiende sei ein Ausgedehntes, und wenn ein Ausgedehntes, auch ein Körperliches. Denn Körperliches ist jedenfalls Seiendes; solches aber was nicht körperlich ist, macht hinzugefügt im einen Falle größer, im andern Falle nicht, wie z.B. Fläche und Linie; Punkt und Einheit aber tut es in keinem Falle. Da indessen Zeno von der sinnlichen Anschauung aus räsonniert, so bleibt es ganz wohl möglich, daß es ein Unteilbares gebe, und es läßt sich auch in der aufgezeigten Bedeutung und auch Zeno gegenüber sehr wohl in Schutz nehmen. Denn freilich, eine Vergrößerung der Ausdehnung nach wird ein solches, wenn es hinzugefügt wird, nicht bewirken, wohl aber eine Vermehrung der Zahl nach. Dagegen bleibt die Frage: wie soll sich aus einem derartigen oder aus mehreren derartigen etwas wie Ausdehnung ergeben? Es wäre ebenso, wie wenn man sagen wollte, eine Linie bestehe auspunkten. Aber andererseits, auch wenn jemand der Ansicht wäre, die Zahl entstehe, wie manche lehren, aus dem an sich Einen und einem Anderen, das nicht ein Eines sei, so muß man auch in diesem Falle fragen, aus welchem Grunde und auf welchem Wege das was entsteht das eine Mal eine Zahl, das andere Mal ein Ausgedehntes wird, wenn doch das, was als nicht-Eines zum Einen hinzukam,

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