Die großen Literaten der Welt. Katharina Maier

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Die großen Literaten der Welt - Katharina  Maier marixwissen

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Hügeln aufgeht, ist mir ein freudvoller Gefährte.

       Von jenen fünf umgeben, nach was mehr sollte mich verlangen?

       Man sagt mir, Wolken seien schön, ihrer Farbe wegen; doch wie oft dunkeln sie!

      Man sagt mir, der Wind sei angenehm, seines Klanges wegen; doch er verweht in der Stille.

       Und so sage ich: Nur das Wasser ist treu und unendlich.

       Warum vergehen die Blumen und sterben so früh nach jenem einen herrlichen Blühen?

       Warum wird das grüne Gras zu welkem Gelb, nachdem seine Speere doch so hoch geschossen waren?

       Kann es denn sein, dass nur der Stein den Elementen die Stirn bietet?

      Im gleichen Stil lobt der Gesang der fünf Freunde auch noch den Bambus, die Pinie und den Mond und ist so ein exzellentes Beispiel für die tiefe Naturverbundenheit des großen Koreaners und die unterschwellige Einsamkeit und Schwermut, die aus all seinen Gedichten spricht. Die Werke Yun Seondos konstituieren den Gipfel der Gattung des sijo. Diese Dichtungsart, die auch heute noch in Korea praktiziert wird, kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Der sijo – der Begriff ist zusammengesetzt aus den koreanischen Zeichen für ›Zeit‹ und ›Harmonie‹ – ist ein kurzes, lyrisches Lied; er wird also gesungen, nicht gesprochen. Die spezifisch koreanische Gattung entwickelte sich aus der mündlichen Tradition; ihre Wurzeln gehen bis ins 7. Jahrhundert, wenn nicht weiter, zurück; bereits im 13. Jahrhundert war der sijo die dominierende Gattung der koreanischen Lyrik und etablierte sich endgültig mit der Einführung des Hanguei, des koreanischen Alphabets, im 15. Jahrhundert. Der sijo ist dem zeitlich jüngeren japanischen haiku verwandt; wie dieses ist es ein Silbengedicht, das in relativ strenger Form und einfachen Bildern eine philosophische oder existentielle Idee kristallisiert. Der traditionelle sijo ist ein Dreizeiler von insgesamt 44 bis 46 Silben mit einem festen Aufbau: Der erste Vers führt die zentrale Situation ein, der zweite Vers entwickelt die initiale Idee weiter, und der dritte Vers bringt den spannungsgeladenen Wendepunkt (ein unverzichtbares Element des sijo) und darüber die Auflösung oder Schlussfolgerung des Gedichts, das jenes oft auf eine höhere, abstrakt-philosophische Ebene hebt. Da jeder Vers des sijo etwa in der Mitte eine rhythmische Pause enthält (Rhythmus ist aufgrund der liedhaften Ursprünge dieser Gattung ein zentrales Element des sijo), werden die drei Verse zuweilen aufgesplittet, so dass auch sechszeilige sijo existieren. Der sijo, so heißt es, sei das einzige Medium, um die typisch koreanische Gemüts- und Lebenshaltung des Han adäquat auszudrücken: eine komplexe Mischung von Traurigkeit und Hoffnung, wie sie in den Gedichten Yun Seondos ihre vielleicht reinste, doch auf jeden Fall meisterhafteste Manifestation findet. Ganz besonders gilt das für den Zyklus, der als das vollkommenste Werk des ›Alten Manns vom Meer‹ gerühmt wird: die Gedanken über die vier Jahreszeiten des Fischers, auch als Des Fischers Kalender bekannt, eine Sammlung von 40 symbolträchtigen Naturgedichten, die die Figur des Fischers, traditionell ein Symbol des weisen Mannes und des einfachen Lebens in der Natur, in den Mittelpunkt stellen und sowohl das Han als auch Yun Seondos eigenes Lebensgefühl in berührende Verse hüllen:

      Wo reine Schneeflocken schmelzen,

      ballen sich drohend die dunklen Wolken.

       Wo stehen die Blumen des Frühlings in ihrer Blüte?

       Mir einsamen Gestalt, verloren im Schatten

      der untergehende Sonne, bleibt kein Ort,

      an den ich gehen könnte.

       Wichtige Werke:

      Kyŏnhoe-yo (Gesänge zum Vertreiben der Schwermut, 1618)

      Sanjung singok (Neue Weisen inmitten der Berge, 1642–1645),

      Sanjung soksingok (Weitere Neue Weisen inmitten der Berge, 1645)

      Ŏbusasisa (Gedanken über die vier Jahreszeiten des Fischers, 1651)

      Mongch’ŏn-yo (Gesänge über die enttäuschende Fahrt, 1652)

      WU CHENG’EN

      (UM 1500–1582)

       Westwärts – Der Literaturbeamte und der Affenkönig

       Die Reise nach Westen (Xiyou ji, erschienen 1592) von Wu Cheng’en ist einer der vier klassischen chinesischen Romane. Sie ist das weltweit wohl bekannteste dieser si da qishu (›außergewöhnliche Bücher‹), und die fantastische Erzählung um den Affenkönig Sun Wukong und sein Streben um Wiedergutmachung einer himmlischen Schuld gehört ohne Zweifel zu den großen Geschichten der Menschheit.

      Kaum etwas ist vom Leben des Wu Cheng’en überliefert – doch so wenig man auch über den Autor der Reise nach Westen weiß, es ist immer noch mehr als über die Verfasser der restlichen ›außergewöhnlichen Bücher‹1; von ihnen kennt man nicht einmal die Namen. Die klassischen chinesischen Romane sind zu allererst Volkskunst – in dem Sinne, dass ihre Stoffe überliefertem Material entstammen, welches ihre Autoren künstlerisch bearbeiteten, nur damit jene Bearbeitungen wieder Teil des Volksguts wurden. In fast jedem Medium wurden und werden die Geschichten, die in den si da quishu erzählt werden, wieder aufgegriffen – von der Malerei über das Theater bis zum Film. Die Verfasser der klassischen Romane wiederum verschwinden hinter ihren Texten und deren unzähligen Variationen. Zwischen dem präfigurierten und dem refigurierten Volksgut jedoch – zwischen der Tradition, der die ›außergewöhnlichen Bücher‹ entsprangen, und der, die sie begründeten – stehen die si da qishu als unauslöschliche Kunstwerke im wahrsten Sinne des Wortes.

      Obwohl sie (sozusagen) dem Volk entstammen und letztendlich zu ihm zurückkehrten, entstanden die Romane der Ming-Zeit (1368–1644), wie sie sich im 16. Jahrhundert entwickelten, als bewusst gestaltete Kunstprodukte, als originäre und originelle Kompositionen. Deren Zielpublikum war die zu jener Zeit in China stetig anwachsende städtischen Bildungsschicht.1 Vor allem die sogenannten Literaturbeamten erwiesen sich – wie schon ihre Bezeichnung verrät – als leidenschaftliche Leser und Verfasser von Romanen. Auch Wu Cheng’en gehörte dieser intellektuellen Schicht an, war aber, so erzählt die Überlieferung, in seiner Funktion als Beamter in jeder Hinsicht weniger erfolgreich denn als Literat. Der Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aus Huai-an war immer mehr Gelehrter, Dichter und Schriftsteller als Beamter (auch wenn jene Positionen sich im damaligen China nicht ausschlossen, ganz im Gegenteil). Er studierte wohl für mindestens zehn Jahre an der Universität Nanjing Taixue, und die Reise nach Westen verrät Wu Cheng’ens historische Versiertheit wie seine immense philosophische Bildung. Das Werk, das zahlreiche östliche Legenden von China bis Indien aufgreift, künstlerisch gestaltet und zu einem harmonischen Gewebe verknüpft, vereint die verschiedenen Geistesströmungen seiner Entstehungszeit, vom Buddhismus über den Daoismus bis hin zum Volksglauben. Den Kern der Reise nach Westen jedoch bildet das neokonfuzianische Konzept des Selbst. Geprägt von Individualisierung und gesteigerter Selbst-Bewusstheit, charakterisiert dieses neue Verständnis des menschlichen Ich die Geisteswelt der Ming-Zeit mehr als alles andere und konstituierte einen weiteren entscheidenden Faktor für die Entwicklung des klassischen chinesischen

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