Die großen Literaten der Welt. Katharina Maier

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Die großen Literaten der Welt - Katharina  Maier marixwissen

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die glücklichste Zeit im Leben Li Qingzhaos. Sie genoss die Existenz einer wohlhabenden, gebildeten und sensualistischen Frau der Oberschicht, wie viele ihrer Verse zeigen:

      Sogar der Himmel teilt unsere Freude,

      lässt den vollen Mond auf deinen geschwungenen Körper scheinen.

      Feiern wir mit schwerem grünen Wein in goldenen Bechern.

      Ich habe nichts dagegen, berauscht zu werden,

      denn diese Blüte ist unvergleichlich.

      Zeilen wie diese, voller Lebenslust, Sinnlichkeit und Witz, werden traditionellerweise der glücklichen Ehefrau und ›Patrizierin‹ Li Qingzhao zugeschrieben. Der große Einschnitt im Leben der Lieddichterin erfolgte mit dem Einfall der Jurchen in Nordchina, denen auch die Hauptstadt Kaifeng in die Hände fiel, und vor allem mit dem Tod ihres Mannes. Die folgenden Jahre waren für Li Qingzhao durch Heimatlosigkeit geprägt und durch den vergeblichen Versuch, die wertvolle und geliebte Kunstsammlung zusammenzuhalten, die sie im Zuge der Kriegswirren und einer Folge von Unglücksfällen – nicht zuletzt eine zweite desaströse Ehe – nach und nach verlor. Dieser dreifache Verlust schlägt sich in Li Qingzhaos Klageliedern nieder, die dieser zweiten, unglücklichen Phase ihres Lebens zuzuordnen sind und die ihren Ruf als ideale, ihren Mann und ihr Land liebende Frau und Dichterin begründeten. Auch ihr berühmtestes und vielleicht ausdrucksstärkstes Lied zu der Melodie Sheng sheng man wird dieser Lebensphase zugeordnet. Die Verse, von denen Hans von Ess als »einem stilistischen Wagnis ohne Vorläufer« spricht1, gehören sicher zu den schönsten und wehmütigsten Gedichten der chinesischen, ja, der Weltliteratur:

      Suchen, suchen, spähen, spähen,

      einsam, einsam, Stille, Stille,

      frieren, frieren, Kummer, Kummer, Leid, Leid.

      Bald warm, dann wieder kalt zur Zeit,

      wahrhaft schwer ist’s Ruh zu finden.

      Drei Becher, zwei Schalen faden Weins,

       wie sollt er spät noch kommen, eilig wie der Wind?

      Wildgänse ziehn,

      wirklich, tut weh im Herz.

      Denn von früher her kannt ich sie noch.

      Die Erde voll gelber Blüten, aufgetürmt,

      ausgezehrt, verwelkt.

       Wer wollte sie jetzt noch pflücken?

      So wach ich am Fenster,

       einsam und allein, wie kann es da dunkel werden?

      Im Wutong-Baum hängt feinster Regen,

      bis zur gelben Dämmerung fallen, fallen Tropfen um Tropfen.

       Dieser Zustand

      ist durch ein Wort nur zu begreifen: Gram.

       Wichtige Werke:

       Sheng sheng man

      1 Zhong Jian. Die Dichterin Li Qingzhao. unter: China Heute, www.chinatoday.com. Juli 2004.

      2 Von Li Quinzhaos Hand sind 17 shi-Gedichte und etwa 60 ci-Lieder erhalten.

      1 Hans von Ess. »Die Literatur der Dynastien Song und Yaan«. in: Reinhard Emmerich (Hg.): Chinesische Literaturgeschichte. Stutt gart/Weimar: Metzler 2004. S. 187–224. hier: S. 205.

      HĀFEZ (CHÂDĒ SHANSÒ D-DĪN MOHAMMAD)

      (1326–1390)

       Die Zunge der unsichtbaren Welt – Liebe und Wein in vollendeter Form

       Hāfez gilt bis heute als der größte Lyriker, den die persische Sprache je gesehen hat. Sein Diwan1 gehört nicht nur zur Grundausstattung eines jeden iranischen Haushalts und wird – wie der Koran – zur Auslegung von Omen eingesetzt, sondern wird auch in der Türkei, in Afghanistan, Pakistan, Indien und Zentralasien hochverehrt. Die Gedichte des persischen Poeten, der etwa Johann Wolfgang Goethe (1749–1832) zutiefst beeindruckte2, feiern bildstark und formvollendet den Wein und die Liebe und gehören unzweifelhaft zu den größten Texten der Weltliteratur.

      Die Lebensumstände von Châdē Shansò d-Dīn Mohammad liegen zum Großteil im Dunkeln. Die beiden Ehrentitel Châdē (in etwa ›weiser, ehrwürdiger Lehrer‹) und Hāfez (›der im Gedächtnis Bewahrende‹, ›der den Koran auswendig weiß‹) verweisen auf die große Gelehrsamkeit des Dichters und legen nahe, dass er als Koranlehrer tätig war. Hāfez, im für seine intellektuelle und künstlerische Kultur gerühmten Schiras geboren, stammte aus einfachen Verhältnissen, erhielt aber offenbar dennoch eine exzellente Ausbildung (wohl auf Betreiben der Mutter, da der Vater des Dichters früh verstarb). Bis zum Alter von mindestens dreißig Jahren arbeitete Hāfez als Berufsschreiber (einige Handschriften sind überliefert), danach war er als Professor an einer theologischen Akademie (Madrase/Medrese) tätig und verfasste vermutlich einige theologische Werke. Schließlich jedoch erlangte Hāfez, der im fruchtbaren kulturellen Klima seiner geliebten und vielbesungenen Heimatstadt in seinem Element war, die Position des Hofdichters am Hof der Mosaffariden-Herrscher in Schiras. Schnell jedoch wurde der Poet Opfer der bewegten politischen Zeit1; schon 1369 wurde Hāfez auf Verlangen des zelotischen Klerus und der mit diesem verbündeten Polizei vom Hof verbannt (der freie Moralkodex des Dichters und die offenen, scharfen Angriffe gegen die Heuchelei und Korruption der Geistlichkeit in seinen Versen machten Hāfez nicht gerade beliebt). Zwar wuchs der Ruhm des großen Lyrikers auch nach dieser Zeit und verbreitete sich über die Grenzen Persiens hinaus2, aber seine wortgewandten poetischen Klagen über sein Schicksal sowie die ebenso beredten Bitten um erneute fürstliche Gunst trafen auf taube Ohren. Erst kurz vor seinem Lebensende wurde es Hāfez, der bis dahin relativ zurückgezogen in Schiras lebte, erlaubt, an das von ihm so vermisste kulturelle Zentrum des königlichen Hofes zurückzukehren.

      Seiner Position als Hofdichter entsprechend, ist ein Großteil von Hāfez’ Dichtung dem Fürstenlob gewidmet und besingt Schiras und seine ›Großen und Schönen‹. Doch Hāfez verwandelte die Panegyrik (Lobdichtung) in eine Dichtkunst ganz eigener Prägung, indem er das der erotischen, hedonistischen und Liebesdichtung vorbehaltene Ghasel zu seiner Form erkor. Das Ghasel ist ein Gedicht von beliebiger Länge, das dem Reimschema aa ba ca da etc. folgt und aus in sich abgeschlossenen Doppelversen (bayt, d. i. ›Haus‹) besteht, die in sich, oft antithetisch oder kontrapunktisch, einen bestimmten Gedanken verhandeln. Diese dialektische Struktur kommt Hāfez’ »skeptischer Beweglichkeit« (Goethe) zwischen den Gegensätzen entgegen, zwischen Gefühl und Intellekt, Diesseitigkeit und Jenseitigkeit, Hedonismus und Gelehrsamkeit, Schmerz und Glück – Dichotomien, die Hāfez in seiner wort-, gedanken- und gefühlsmächtigen Dichtung letztendlich zu einer schwebenden Synthese bringt. Über die unendliche Variation seiner beiden Zentralmotive, der Liebe und dem Wein, gibt Hāfez

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