Gesammelte Werke. Isolde Kurz

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Gesammelte Werke - Isolde Kurz Gesammelte Werke bei Null Papier

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für un­ein­nehm­bar? Sie wäre es, wenn die Ver­tei­di­ger die wil­de Tap­fer­keit, den ei­ser­nen Sie­ges­wil­len der Kom­man­dan­tin be­sä­ßen.

      Waf­fen­los wie sie ist, will sie in ih­rer Wut hin­un­ter­stür­zen, aber der Cre­mo­na hält sie be­schwö­rend auf. Da be­sinnt sie sich. Der Ge­dan­ke, der ihr vor­hin auf­ge­däm­mert, kommt schnell zur Rei­fe. Sie ruft den Cre­mo­na, der auf sei­nen Pos­ten will, zu­rück: Ein Wort für dich. Ent­geg­ne nichts. Wenn der Feind die letz­te Schan­ze nimmt und sich mit dem Pack von Feig­lin­gen zu ei­ner Mas­se ballt, so be­gib dich in den Pul­ver­turm und lege die Lun­te an. So­bald ich dir Ione schi­cke mit der Bot­schaft: Es ist Zeit, so ent­zün­de die Lun­te und mach dich von hin­nen.

      Und die Grie­chin? fragt der Kom­man­dant.

      Zwei star­re Au­gen ge­ben eine töd­li­che Ant­wort, die er nicht zu ver­ste­hen wagt.

      Und die Grie­chin? forscht er noch­mals.

      Sie öff­net zwei­mal den Mund, be­vor sie her­aus­bringt: Ione stirbt!

      Dann fasst sie die plötz­li­che Wild­heit, vor der ihre Un­ter­ge­be­nen zit­tern, und schreck­lich ist das lei­se Rau­nen ih­rer zu Zorn ge­wor­de­nen Verzweif­lung: Was starrst du, Mensch? Geht es dich an, was mit Ione ge­schieht? Ich habe sie ge­liebt wie nichts auf der Welt. Ich bin’s, die sie ver­liert. Was ich be­feh­len kann, wirst du voll­stre­cken kön­nen. Rein wie Gott sie mir an­ver­traut hat, soll er sie aus mei­ner Hand zu­rück­emp­fan­gen. Spu­te dich, Knecht. Geh auf dei­nen Pos­ten. Wenn die Fes­tung fällt, muss Ione ster­ben.

      Im Hof sind die Gas­co­gner und Schwei­zer am Werk, sie tö­ten, ver­nich­ten, was ih­nen in den Wurf kommt. Da, ein Don­nern, – das Ju­bel­ge­schrei der päpst­li­chen Söld­ner, die als Letz­te ein­zie­hen. Die Grä­fin starrt, sie traut ih­ren Au­gen nicht: auf der Zi­ta­del­le ist die wei­ße Fah­ne hoch­ge­gan­gen. Der Ca­sa­le hat sie ohne ihr Wis­sen auf­ge­zo­gen, der Ver­rä­ter, der hun­dert­mal ge­schwo­ren hat, mit der Roc­ca zu ste­hen und zu fal­len. Trotz dem Si­gnal der Über­ga­be geht das Ge­met­zel wei­ter. Die An­grei­fer, mit den Flie­hen­den ver­knäu­elt, wäl­zen sich über Tote und Ver­wun­de­te, über pras­seln­de Schutt­stücke und weg­ge­wor­fe­nes Ge­waf­fen im­mer nä­her der Stel­le, wo im ver­eng­ten Raum der Cre­mo­na war­tet. In­mit­ten der Päpst­li­chen, de­ren Über­zahl die Ver­tei­di­ger des Tur­mes er­le­digt, wird ein wei­ßer Fe­der­busch sicht­bar. Er hat die Grä­fin am Fens­ter er­kannt und ruft ihr zu, sich mit ih­ren Frau­en ihm per­sön­lich zu er­ge­ben, da­mit er für ih­ren Schutz sor­gen kön­ne.

      Nun und nim­mer! Sie eilt flie­gen­den Fu­ßes nach der Ka­pel­le:

      Ione, mein Kind, lauf über den Wehr­gang, der noch frei ist, lauf so schnell du kannst, sag dem Cre­mo­na, dass es Zeit sei. Er weiß mei­nen Be­fehl, er bringt dich in Si­cher­heit. Eile!

      O mei­ne Her­rin, wo­hin soll ich ohne dich?

      Der Cre­mo­na wird es dir sa­gen. Geh rasch, mein Kind, es ist not.

      Ione ge­horcht. Da hört sie hin­ter sich die Her­rin tief auf­stöh­nen. Im Lau­fen kehrt das treue Kind noch ein­mal um, wirft sich vor Ca­te­ri­na nie­der, um­klam­mert ihre Knie, küsst ihre Hän­de:

      Her­rin, lie­be Her­rin, was wird aus dir?

      Sor­ge nicht, mein Kind. Ruf dei­nen Schutz­geist an und eile dich.

      Sie presst noch ein­mal die zar­te, erst kei­men­de Brust des Kin­des an ihre ei­ge­ne ei­sen­um­schnür­te und treibt sie von sich in ihr Schick­sal.

      Aufs neue ruft es von un­ten mit der Stim­me des Bor­gia. Ca­te­ri­na tritt ans Fens­ter, da legt sich ein schwe­rer Ei­sen­hand­schuh auf ih­ren Arm:

      Ma­da­ma, ich neh­me Euch ge­fan­gen.

      An der Auss­pra­che er­kann­te sie den Fran­zo­sen.

      Wem dienst du, mein Freund?

      Dem Seigneur Yves d’Allè­g­re, des Al­ler­christ­lichs­ten Kö­nigs obers­tem Feld­haupt­mann.

      Auch in die­sem furcht­ba­ren Au­gen­blick ist Ca­te­ri­nas Geist völ­lig wach und ge­gen­wär­tig. Sie war ge­fasst, zu ster­ben. Nun sieht sie un­er­war­tet einen Weg, der in die Frei­heit führt.

      Gut, mein Freund. Ich er­ge­be mich dem Seigneur d’Allè­g­re und sei­nem Al­ler­christ­lichs­ten Ober­herrn, dem Kö­nig von Frank­reich.

      Da ist auch schon der Va­len­ti­no in Beglei­tung der fran­zö­si­schen Her­ren durch den vom Ge­schütz­feu­er be­schä­dig­ten Ein­gang her­auf­ge­drun­gen.

      Ma­da­ma, Ihr seid mei­ne Ge­fan­ge­ne.

      Nicht die Eu­ri­ge. Hier die­ser wa­cke­re fran­zö­si­sche Kriegs­mann hat mich ge­fan­gen­ge­nom­men. Sei­nem Al­ler­christ­lichs­ten Kö­nig hab ich mich er­ge­ben. Mein Herr d’Allè­g­re, ist es wahr, dass nach fran­zö­si­schem Ge­setz kei­ne Frau Kriegs­ge­fan­ge­ne sein kann?

      Blitz! Das ist so wahr wie mei­ne Ehre.

      So emp­feh­le ich mich Eu­rer Ehre und dem fran­zö­si­schen Kriegs­ge­setz und Eu­rem Al­ler­christ­lichs­ten Kö­nig, des­sen Rit­ter­lich­keit mir die Frei­heit ver­bürgt.

      Ma­da­ma, Ihr seid frei. Be­fehlt, wo­hin Ihr ge­bracht sein wollt, ich wer­de mir’s zur Ehre schät­zen, Euch zu ge­lei­ten.

      Der Va­len­ti­no lä­chelt tückisch.

      Ver­zei­hung, mein Herr d’Allè­g­re, wenn ich Euch er­in­ne­re, dass Eure Zeit für Frau­en­dienst zu kost­bar ist. Ein heu­te ein­ge­trof­fe­ner Be­fehl der Al­ler­christ­lichs­ten Ma­je­stät heißt Euch au­gen­blick­lich wei­ter­mar­schie­ren, so­bald die Roc­ca ge­nom­men ist. Hier die edle Ge­fan­ge­ne neh­me ich selbst in Ob­hut und wer­de ihr an Eu­rer Stel­le alle die Ehren er­wei­sen, an die sie An­spruch hat.

      Die Ge­fan­ge­ne schreit auf:

      Herr d’Allè­g­re –

      Ein furcht­ba­rer Knall zer­reißt ihr das Wort im Mun­de. Die Erde bebt und die Mau­ern wan­ken von der Ge­walt des Spreng­schlags, der die gan­ze Roc­ca in un­durch­dring­li­che, nicht zu at­men­de Rauch­schwa­den hüllt. Der Pul­ver­turm ist auf­ge­flo­gen. Wenn der Rauch sich ver­zieht, wird man Freund und Feind zu Hun­der­ten in Stücke zer­ris­sen am Bo­den se­hen. Als wenn der Schlag sie sel­ber ge­trof­fen hät­te, ist die Hel­din von For­li ge­tau­melt und wäre zum Er­stau­nen der Her­ren zu Bo­den ge­schla­gen wie ir­gend­ein schwa­ches Weib, hät­te nicht Herr Yves d’Allè­g­re sie auf­ge­fan­gen.

      Ione, Ge­lieb­te, du bist ge­ret­tet, denkt ihre Verzweif­lung. Wäre auch ich’s!

      So en­de­te die Ver­tei­di­gung

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