Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman - Günter Dönges Butler Parker

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nicht mehr eingeäschert zu werden. Los, hauen wir ab, bevor ein Streifenwagen erscheint. Die Flammen sind bestimmt bis ’runter nach Lakewood zu sehen.«

      Sie stiegen schweigend in den Wagen. Ray Forest übernahm das Steuer, lenkte den Chevrolet auf die Straße und umfuhr vorsichtig die Glasscherben auf dem nassen Asphalt. Dann drehte er stärker auf und hielt auf Denver zu, wo sie seit knapp einer Woche wohnten.

      »Wann verschwinden wir?« erkundigte sich Ray Forest während der Fahrt. »Länger als nötig will ich nicht in diesem Kaff bleiben.«

      »Ein paar Tage sollten wir noch bleiben«, meinte Irving und lächelte dünn. Seine Zahnprothesen glänzten.

      »Bist du verrückt?« Ray Forest sah seinen Partner kurz an. »Was glaubst du, wie die Bullen nach diesem Unfall wild werden …!«

      »Uns wird nichts passieren, Ray. Aber bevor wir Denver verlassen, möchte ich noch anständig abstauben.«

      »Na ja, die zweite Rate sollten wir ja gleich bekommen. Oder etwa nicht?«

      »Von dem Zaster spreche ich nicht.«

      »Von welchem denn noch, he?«

      »Unser Auftraggeber wird noch mehr spucken müssen, Ray.« Irving grinste wieder dünn. »Ich glaube zu wissen, wer der Mann ist. Den nehmen wir noch aus wie ’ne fette Ente, mein Junge. Der wird uns so schnell nicht wieder los.«

      Ray Forest blies die Backen auf und schnalzte. Endlich hatte er begriffen. Anerkennend fluchte, er. Er war sofort einverstanden. Gegen Geld hätte er nichts einzuwenden.

      »Du bist ja vielleicht ein toller Hund«, schmeichelte er seinem Partner. »Ich hab’ ja gleich gewußt, daß Denver mir gefallen wird. Und wer soll unser Geldgeber sein?«

      »Dreimal darfst du raten«, entgegnete Irving. »Mich können ’se doch nicht für dumm verkaufen. Ich weiß genau, was gespielt wird. Damit wir aber auch ganz sichergehen, werden wir uns mal diesen Mittelsmann kaufen und ihm auf den Zahn fühlen. Das wär’ doch was für dich, oder?«

      »Der Kerl wird innerlich von ’ner Viertelstunde in allen Tonarten singen«, schwor Ray Forest. »Ich kenn’ da ein paar Mittelchen, die den stärksten Neger umschmeißen …!«

      Josuah Parker lag reglos im Straßengraben und horchte in sich hinein. Er prüfte vorsichtig, welcher Knochen ihm nicht weh tat. Das Resultat war niederschmetternd. Alle Knochen schmerzten, jeder Muskel schien sich in glühendes Eisen verwandelt zu haben. Er wagte nicht, sich zu rühren, merkte aber, daß er noch atmete. In einer ersten, verfrühten Aufwallung wollte er sich darüber freuen, doch dann merkte er zu seinem grenzenlosen Entsetzen, daß er blind war.

      Er sah nichts mehr …! Und das hing nicht mit der regennassen Dunkelheit zusammen. Er riß die Augen weit auf, spürte, daß die Lider sich öffneten, doch er konnte nichts erkennen, noch nicht einmal den vagen Umriß eines Baumes oder den von einem mißmutigen Mond nur sparsam erhellten Nachthimmel.

      Unwillkürlich schluckte er, stellte bei der Gelegenheit fest, daß seine Kiefer wenigstens noch in Ordnung waren. Er zwang sich zur Ruhe. Gerade jetzt durfte keine Panik aufkommen. Parker rief sich zur Ordnung, war fest entschlossen, sein Schicksal mannhaft zu ertragen, wie es sich für einen original englischen Butler gehörte.

      Es kostete ihn sehr große Überwindung, den rechten Arm anzuheben. Zögernd kroch seine Hand zum Gesicht empor. Mit den Fingern wollte er feststellen, was mit seinen Augen passiert war. Die Erinnerung hatte sich nämlich längst wieder eingestellt. Er wußte überdeutlich, daß er mit dem Cadillac gegen ein quer über die Straße gespanntes Drahtseil gefahren war.

      Seine Hand zitterte nur ganz wenig, als die Fingerkuppe den Unterkiefer ertastete, dann die Nase ausmachten und schließlich mit einem entschlossenen Ruck hoch zu den Augenhöhlen zuckten. Er wollte die gnadenlose Wahrheit erfahren.

      Zu seiner Überraschung wurden die Finger aber von einem harten Gegenstand gebremst. Sie kamen nicht weiter, stießen gegen ein unüberwindliches Hindernis.

      Parkers Atem ging stärker. Er versuchte hinter das Rätsel zu kommen. Was mochte dieses Hindernis bedeuten? Hatte er sich etwa auch den Schädel zerschlagen? War es einfach ein Wunder, daß er überhaupt noch lebte?

      Josuah Parker hätte jetzt am liebsten laut geschrien. Nur die ihm angeborene und erlernte Beherrschung verhinderte diesen Ausbruch seiner Gefühle. Selbst in dieser Situation ließ er sich nicht gehen.

      Die Fingerspitzen machten sich inzwischen selbständig. Sie betasteten das Hindernis, kletterten darüber hinweg und – stießen gegen die schwungvolle Wölbung von Parkers Melone.

      Parker erstarrte. Schlagartig beherrschte ihn wieder jene Kaltblütigkeit, die ihn auszeichnete. Er unterdrückte das jäh aufsteigende trockene Schluchzen der Erleichterung. Er nahm nun auch noch seine linke Hand hoch und half den Fingern der rechten Hand. Er strengte sich ungemein an, die tief in die Stirn getriebene Melone wieder hochzuschieben.

      Der Sturz aus dem zersplitternden Cadillac hatte die Kopfbedeckung über Parkers Ohren und Augen getrieben. Daher die Blindheit, die Dunkelheit um ihn herum …!

      Da die Melone mit Stahlblech ausgefüttert war, ließ sie sich nicht ohne weiteres lösen oder anheben. Parker schnaufte, strengte sich an, zerrte an der harten Krempe. Er vergaß darüber den Unfall und seine sagenhaft glückliche Rettung. Er wollte endlich sehen, was aus dem Cadillac geworden war. Sein Geruchssinn sagte ihm bereits genug. Ganz in der Nähe mußte der Wagen brennen. Die schmorenden Reifen verpesteten die Luft.

      Endlich, mit feinem ›Plopp‹ gab die widerspenstige Melone nach und löste sich aus der Verklemmung. Augenblicklich konnte Butler Parker auch wieder sehen. Er richtete sich auf, klopfte sich den Schmutz von seinen dunklen, gestreiften Hosen und suchte erst nach seinem Regenschirm, an den er sich beim Sturz festgeklammert hatte.

      Noch stand Parker reichlich unsicher auf den Beinen. Sonst hätte es nicht passieren können, daß er plötzlich ausgerechnet über den Schirm stolperte und noch einmal zu Boden schlug. Er empfand es als ausgesprochen ungerecht, daß er in einer schmutzigen, schlammigen Wasserlache landete.

      Jeder andere Mensch hätte jetzt bestimmt einen mehr oder weniger treffenden Fluch ausgestoßen. Nicht aber Parker. Gelassen stand er auf, wischte sich den Schlamm aus dem Gesicht und legte sich den Griff des Schirms über den linken Unterarm. Gemessen, als befinde er sich auf sicherem Parkett, schritt Parker dann über den Steilhang zum brennenden Wagen hinunter. Neben einem Busch blieb er stehen und sah sich das glühende Wrack an.

      In seinem beherrschten, glatten und ausdruckslosen Gesicht regte sich auch jetzt kein Muskel. Er wußte sehr wohl, daß er eigentlich in dieser Gluthölle liegen und verschmoren müßte. Ein unbegreifliches Glück hatte ihn aber aus dem Wagen und in den schlammigen Straßengraben geschleudert.

      Wie Parker innerlich erregt war, zeigte sich daran, daß er ganz automatisch nach seinem Zigarettenetui griff und sich einen dieser schwarzen Torpedos anzündete. Er brauchte jetzt eine Ablenkung, um mit den Tatsachen fertig werden zu können.

      Schon nach wenigen Minuten vertrieben ihn Hitze und Gestank der schmorenden Autoreifen. Parker ging zurück zur Straße, kletterte über die weggedrückte Schutzplanke und sah auf seine Armbanduhr. Es war 22.12 Uhr. Um diese Zeit sollte er bereits in Denver sein und Miss June Jason abholen. Demnach, so rechnete er schnell aus, hatte er fast fünfzehn Minuten im Straßengraben gelegen.

      Die Wirkung der schwarzen Zigarre war ungemein eindrucksvoll.

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