Zum Kontinent des eisigen Südens. Erich von Drygalski

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Zum Kontinent des eisigen Südens - Erich von Drygalski Edition Erdmann

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von Ascension herkamen.

      Es war auch Zeit, dass die Luft wieder frischer wurde. Am meisten durch die Hitze beeinflusst ist aber unser Koch gewesen, der sich schon auf der Reise bis zu den Kapverden wohl als ein tüchtiger Künstler seines Faches, sonst aber mit manchen Wunderlichkeiten behaftet gezeigt hatte, die er uns in Gestalt von versalzenen Erbsen, ungenießbaren Klößen aus Fischmehl und anderen Gerichten bereitete. So wurde sein Ausscheiden für den Aufenthalt in Kapstadt in Aussicht genommen.

      Am 28. September wurden die Segel festgemacht, und wir fuhren allein unter Dampf auf die sogenannte Romanchetiefe zu.

      Der guten Stimmung, welche der frischere Luftzug des Südostpassats mit sich brachte, entsprach es, dass die Vorbereitungen zu dem wichtigen Akt der Äquatortaufe nunmehr in bedeutsamem Umfang begannen.

      Die Ausführung wurde aber noch etwas verschoben, um zuvor die geplanten Lotungsarbeiten am Äquator vornehmen zu können. Nur die Ankündigung erfolgte am Abend des 30. September durch einen phantastisch gekleideten Neptun, der unter dem Pfiff der Dampfpfeife im Dunkeln dem Meer entstieg und nach poetischem Gruß an den Kapitän und an die neuen Täuflinge unter dem Licht eines Blaufeuers aus der Aussichtstonne des Mastes und dem einer hell brennenden, im Meer schwimmenden Pechtonne wieder verschwand.

      Die geplanten Lotungen an der Romanchetiefe erfolgten am 1. Oktober. Sie ergaben die bedeutendsten Tiefen, welche bisher am Äquator überhaupt mit Sicherheit gemessen worden sind, nämlich über 7200 m, und rechtfertigten damit die Berichte des französischen Kriegsschiffes »La Romanche«.

      Die zweite dortige Lotung ergab eine noch größere Tiefe von über 7200 m und brachte in einer 80 cm langen Schlammröhre eine Bodenprobe von 46 cm Länge empor. Es war wohl die interessanteste Bodenprobe, welche die Expedition überhaupt gewonnen hat. Die obersten Schichten bestanden aus rotem Ton, dann folgten graue und schwarze Teile, von denen sich die untersten hellgrauen Schichten als kalkreich erwiesen, während die übrigen davon frei waren. In einer derselben war ein Band von rotem Ton, das seinerseits von schwarzen Ringen durchsetzt war, die aus vulkanischem Staub bestanden. Es war ein eigenes Gefühl, mit welchem man dieses Zeichen einer Jahrtausende langen Entwicklung betrachten musste.

      Die kalkigen Teile waren augenscheinlich in der Nähe eines Landes gebildet, das heute weit entfernt liegt; der rote Ton kann im Gegensatz dazu nur in großen Tiefen des Meeres entstanden sein, und die vulkanischen Ringe deuten auf Eruptionen hin, welche zwischen die Bildungszeiten dieser hier eng verbundenen kontinentalen und ozeanischen Absätze fielen. Wie uns spätere Lotungen auf der Rückreise noch ergänzend zeigten, hatten wir es hier in der Romanchetiefe mit einem tiefen trichterförmigen Kessel zu tun, in dessen Umgebung sich heute noch lebhafte Spuren moderner vulkanischer Tätigkeit zeigen.

      Die fröhliche Äquatortaufe hatten wir am 2. Oktober. Ein Umzug in phantastischen Kostümen unter Musikbegleitung endigte mit der Aufstellung der gesamten Mannschaft. Die Täuflinge wurden dann einzeln an den Trog geführt und auf einem Brett mit dem Rücken dagegen platziert. Es folgte Einseifen des Gesichts unter zeremoniellen Anreden und nach dessen Vollendung ein Sturz rückwärts in den Trog. Als das Einseifen bei mir selbst vollendet war, blickten die umgebenden Gestalten sich verlegen um, ob sie noch Weiteres folgen lassen dürften, bis mich plötzlich die starken Hände des Zimmermanns Heinrich ergriffen und in den Trog warfen. Nicht mit allen ist man dann so glimpflich verfahren. Meine Nachfolger wurden, nachdem sie aus dem Wasser auftauchten, noch mehrfach wieder untergetaucht. Am Abend folgten Feiern bei Bier und Zigarren mit Schaustellungen und Deklamationen der Matrosen, wobei der Koch trotz seines Stotterns ganze Schleusen von Beredsamkeit erschloss.

      Schon am 1. Oktober abends hatten wir Kurs direkt auf Ascension gehabt, und am 2. erfahren, wie schwierig es war, diesen einzuhalten, weil er fast direkt gegen den Passat und damit auch gegen die Hauptdünungen verlief.

      Mit unserer kleinen Maschine konnten wir gegen Wind und See nicht genügend ankämpfen, wir kamen sehr langsam voran. Schon am 4. Oktober begann ich deshalb, auf Modifikationen des Weges zu sinnen, und am nächsten Tag, als der Fortschritt gering blieb, wurde mir die Nützlichkeit des Anlaufens von Ascension fraglich. Auch waren die wissenschaftlichen Gründe, derentwegen das Anlaufen von Ascension geplant gewesen war, weniger triftig, als man in der Heimat gedacht hatte. So erfolgte schon am Abend des 5. und definitiv am 6. Oktober die Wendung des »Gauß« von Ascension ab zu dem direkten Kurs auf Kapstadt.

      Am 5. Oktober haben wir den Geburtstag Dr. Bidlingmaiers gefeiert, und zwar zunächst mit einem Ständchen am frühesten Morgen. Auf dem magnetischen Tisch auf der Kommandobrücke waren Geschenke aufgebaut, und abends folgte ein solenner Kommers, wobei uns freundliche Spenden der Greifswalder Geographischen Gesellschaft vortrefflich gemundet haben und trotz der starken Hitze zum ersten Mal im Salon zu längerer froher Feier zusammenhielten.

      Der folgende Teil der Fahrt wurde trotz der flauen Winde fast ganz unter Segeln zurückgelegt und ging deshalb langsam vonstatten. Maßgebend hierfür ist der Gesichtspunkt gewesen, nicht zu viel Kohlen zu verbrauchen.

      So nutzten wir die unfreiwilligen Verzögerungen zu wissenschaftlichen Arbeiten aus, so gut es ging, und hatten hierbei den Vorteil, Erfahrungen sammeln zu können.

      Zum Loten wurde immer die Sixbeemaschine benutzt, für deren Elektromotor jedoch die elektrische Kraft des »Gauß« nicht ausreichend war, sodass an seine Stelle bis Kapstadt die hintere Dampfwinde und von dort an eine kleine eigene Dampfmaschine treten musste. Bald war in den Lotungen völlige Fertigkeit erreicht, sodass wir Tiefen von 5000 m und darüber alles in allem in wenig über eine Stunde Zeit erloten konnten.

      Über der Schlammröhre wurden an dem Vorläufer ein Thermometer und ein Wasserschöpfer befestigt. Als Thermometer wurden hauptsächlich die Kippthermometer von Negretti und Zambra in London verwandt. Als Wasserschöpfer bei den Lotungen haben wir das bekannte Modell von Sixbee benutzt.

      Eine andere Klasse von Arbeiten, die wir im Südatlantik vornahmen, waren biologischer Art. Hier wurden Schließnetze verwandt, welche dazu bestimmt sind, bestimmte Wassersäulen in der Tiefsee zu durchfischen, um so die Abstufungen der Tierwelt mit der Tiefe erkennen zu können.

      Außerdem gebrauchten wir Vertikalnetze von 1, 2 und 2 ½ m Durchmesser der oberen Öffnung sowie ein besonders großes Horizontalnetz von 9 m Durchmesser. Rote Krebse der Tiefsee zeigten sich schon in 600 m Tiefe, während die schwarzen, der Tiefsee eigentümlichen Fische erst bei 800 m zu beginnen pflegten, aber gelegentlich dann auch bei nächtlichen Fischzügen an der Oberfläche gefangen wurden.

      Ein anderer wichtiger Teil unserer damaligen Arbeiten war das Studium der erdmagnetischen Verhältnisse, welches von Dr. Bidlingmaier mit einer Vollständigkeit und Sicherheit durchgeführt wurde, wie es sonst wohl noch nicht geschehen ist.

      Zur Verfügung standen für die Seebeobachtungen zwei Apparate. Das Deviationsmagnetometer ist ein rohes Instrument, aber eben darum zu Beobachtungen auf dem schwankenden Schiff geeignet. Mit ihm wurde die magnetische Deklination bestimmt, d. h. der Winkel zwischen der Richtung der Magnetnadel und der Richtung des Meridians, zweitens die sogenannte Horizontalintensität oder die Größe der Kraftart, mit welcher die Magnetnadel sich in ihre horizontale Richtung einstellt, und drittens mit dem zugehörigen Inklinatorium auch die magnetische Inklination oder derjenige Winkel, um welchen die Richtung der Magnetnadel bei freier Aufhängung gegen den Horizont geneigt ist.

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      Das Vertikalnetz kommt empor.

      (Quelle: Drygalski-Nachlass, Privatbesitz Mörder, Feldkirchen-Westenham)

      Das zweite Instrument, der Lloyd-Creak, diente ebenfalls dazu, die Inklination zu messen. Ferner wurde mit dem Lloyd-Creak auch die Totalintensität gemessen,

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