Zum Kontinent des eisigen Südens. Erich von Drygalski

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Zum Kontinent des eisigen Südens - Erich von Drygalski Edition Erdmann

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Kraftlinien im Raum hineingezogen wird.

      Die Beobachtungsmethoden für alle Elemente gehen im Allgemeinen einmal dahin, dass man die wirkliche Ruhelage der Magnetnadel an der Skala festzustellen versucht, indem man eine Reihe von Ablesungen macht und aus denselben das Mittel bildet, und zweitens dahin, dass man die Magnetnadel in Schwingungen versetzt, mit denen sie um ihre Ruhelage hin- und herpendelt, und aus der Dauer dieser Schwingungen die Gleichgewichtslage herleitet.

      Für die Deklinationsbestimmungen waren außerdem immer gleichzeitige Bestimmungen des astronomischen Meridians erforderlich, die mithilfe der Sonne ausgeführt wurden, indem man die Richtung der Magnetnadel mit der Richtung des Schattens verglich, welchen ein auf die Mitte der Magnetnadel aufgesetzter Stift warf, und so den Winkel ermittelte, welchen die Magnetnadel jeweilig mit der Richtung der Sonne zu einer bestimmten Zeit bildete, woraus man die Richtung gegen den Meridian herleiten konnte.

      Die Intensitäten, sowohl die Horizontal- wie die Vertikal- und die Totalintensität wurden dadurch bestimmt, dass man die Magnetnadeln aus bestimmten Entfernungen durch andere Magnete von in der Heimat bestimmter, also bekannter Kraftwirkung aus ihrer Richtung ablenkte, in die sie sich unter dem Einfluss des Erdmagnetismus in der horizontalen bzw. in den vertikalen Ebenen einstellen wollten, und aus der Größe dieser Ablenkung die betreffenden Kraftgrößen des Erdmagnetismus erschloss.

      Wenn es gelungen ist, die Werte der erdmagnetischen Elemente längs der ganzen Route des »Gauß« zu verfolgen, so ist es der Tatkraft zu verdanken, welche Herr Dr. Bidlingmaier entwickelt hat, indem ihn nichts bewegen konnte, von den Beobachtungen abzulassen, bevor sie ein Ergebnis gezeitigt hatten.

      Von Tag zu Tag mehrte sich nun das Vogelleben. Besonders häufig war ein dunkler Sturmvogel. Bald kamen auch Kaptauben und vor allem Albatrosse in wachsender Zahl. Am 30. Oktober wurde der erste Albatros durch Dr. Gazert erlegt, während das Schiff zum Loten stilllag.

      Als der gewaltige Vogel an Deck lag, hatte man zunächst das Gefühl einer traurigen Verwüstung, die der Mensch hier angerichtet hat. Als er dann aber nach allen Richtungen hin untersucht wurde, schwand dieses Gefühl vor dem großen Interesse, welches diese Untersuchungen hatten.

      In den Rossbreiten, die wir Ende Oktober unter Dampf durchquerten, hatten wir immer bedeckten Himmel, unstete Winde, vielfach auch Regen. Ähnlich war es in den Westwindregionen, in die wir südlich davon eintraten, um nun schnelle Fahrt bis Kapstadt zu haben.

      Unser Leben an Bord war so eingeteilt, dass wir zwischen sechs und sieben Uhr ein erstes Frühstück in Gestalt von Kaffee oder Kakao genossen, und zwar jeder für sich. Um acht Uhr folgte ein gemeinsames Frühstück in den beiden Messen, wobei ein warmes Gericht sowie etwas Käse und Marmelade gereicht wurden; zu den warmen Gerichten gehörten Makkaroni mit Beilage, Bohnen mit Speck, Rührei, aus getrocknetem Eipulver hergestellt, und durchschnittlich zweimal pro Woche schottische Hafergrütze, was bei manchem freilich Missbehagen erregte; dazu wurde Tee getrunken. Um 12 ½ Uhr aßen wir Mittag, das aus einer Suppe und einem Fleischgericht mit Gemüse bestand, wozu später im Eis, als die ruhige Lage des Schiffes den Künsten des Kochs keine Schwierigkeiten mehr bereitete, noch eine Mehlspeise trat, die sehr gern gegessen wurde. Während der Hinreise tranken wir und die Mannschaft dazu einen leichten Fasswein.

      Als dieser Vorrat bald nach unserem Einschluss im Scholleneis verbraucht war und wir zu unseren Flaschenvorräten übergehen mussten, tranken wir Wein zu Mittag nur zweimal in der Woche wie auch die Mannschaft; an den übrigen Tagen pflegten wir Wasser mit Zitronensaft, Juchhei genannt, zu trinken, was wohl Spottlust erregte, dann aber allgemein ganz gern gebraucht wurde; zeitweilig trat an dessen Stelle auch Ingwerbier. Gewöhnlich des Nachmittags um drei Uhr tranken wir Kaffee oder Kakao, entweder jeder für sich oder in Kreisen, in welchen man sich dazu an verschiedenen Orten zusammenfand. Abends um Uhr war gemeinschaftliches Abendessen, bei dem wir ein warmes Gericht und kalten Aufschnitt nahmen und dazu wieder Tee tranken.

      Unser Alkoholverbrauch war in der ganzen Zeit gering. Er bestand nach Erledigung der anfänglichen Fassvorräte in der Darbietung von Wein an zwei Tagen der Woche zum Mittagessen, in einer halben Flasche Bier am Sonntagabend und späterhin im Polareis noch in einer Darreichung von Grog an zwei Abenden. Durchbrochen wurden diese regelmäßigen Gewohnheiten durch die Feste, deren wir eins bis zwei in jedem Monat hatten, indem Geburtstage, nationale Gedenktage, Weihnachten, Ostern, Pfingsten und sonstige Gelegenheiten den Anlass gaben.

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       Der große Albatros

      (Quelle: Drygalski-Nachlass, Privatbesitz Mörder, Feldkirchen-Westenham)

      Ende Oktober hatten wir die sogenannte Mittelatlantische Schwelle passiert, einen im Verhältnis zu den anliegenden größeren Tiefen des Meeres flacheren Rücken, welcher das Südafrikanische Becken von dem Brasilianischen scheidet und südlich vom Äquator den Ozean in seiner ganzen Länge durchzieht.

      Wir haben bis Kapstadt noch viel gelotet und fischten auch mehrfach mit vortrefflichen Erfolgen; desgleichen wurde erdmagnetisch dauernd gearbeitet, alles in der Weise, wie ich es früher beschrieb.

      Ein starker Alarm entstand bei uns am 6. November, als um 2 Uhr nachmittags und dann wieder um 3 Uhr die Dampfpumpen in kurzen Pausen angingen. Gleich darauf meldete Kapitän Ruser, dass ein starkes Leck vorhanden sei, welches im Hinterschiff die unteren Teile des Maschinenraums immer so schnell füllte, dass die Pumpen fast dauernd in Tätigkeit zu halten waren.

      Wir vermuteten, dass dieses Leck, welches jetzt scheinbar so plötzlich hervortrat, mit jenem identisch war, welches sich schon in Kiel gezeigt hatte, dann aber ebenso plötzlich wieder verschwand. Es ganz zu bannen, ist uns erst im Eis gelungen und auch dann nur für die Zeiten, in welchen das Schiff in Ruhe lag.

      Indessen wurde dieses Leck jetzt der Ausgangspunkt für Veränderungen in dem Personalbestand der Expedition. Schwierigkeiten unter der Mannschaft, die bis dahin verborgen gewesen waren, traten schärfer hervor, und ein wachsendes Murren, durch die Leckage veranlasst und durch die Nähe des Landes vermehrt, bereitete eine Krise vor, die in Kapstadt ihre Lösung finden sollte.

      Eine Unterbrechung, kurz bevor wir Kapstadt erreichten, bot uns ein gewaltiger Sturm, der am 18. November hereinbrach. Wir hatten am Nachmittag noch hydrographisch gearbeitet und dieses kaum beendigt, als Böen, die schon rings herum am Himmel gestanden hatten, sich um 6 Uhr abends schnell zusammenballten, um einen Sturm von elementarer Gewalt zu entfesseln. Schnell wurden alle Luken geschlossen, und die Segel bis auf die wenigen zum Stützen des Schiffes gegen die See notwendigen gerefft. Großartig war das Meer in seiner wilden Gewalt. Die hoch erregten Wogen überschlugen das Deck und spülten gleich Leuchtkugeln große Feuerwalzen, Pyrosomen, hinüber, an deren leuchtenden Schwärmen wir uns schon einige Abende vorher erfreut hatten. Zu tun war nicht viel. Die Kraft der Seeleute war stark gespannt, und auch wir waren meist auf der Brücke, um das großartige Schauspiel zu sehen.

      Schlimmer noch wurde es am Tag darauf, den ich mir mit Messungen der Wellenhöhen zu vertreiben versuchte. Der kolossale Winddruck legte das Schiff immer ganz auf die Seite; die ausgesetzten Ölbeutel richteten wenig aus; die Wogen schlugen bis über die Brücke, einmal auch das ganze Kartenhaus voll und bis in die Innenräume des Schiffes und in die Kammern hinein.

      Am 19. abends sah die See etwas besser aus; der Mond trat hervor, doch der Wind toste fort; erst am 20. trat Ruhe ein.

      Es war ein Sturm, wie er nicht oft auftritt. Der »Gauß« hatte sich vorzüglich gehalten und als ein ausgezeichnetes Seeschiff erwiesen. »Der Kahn schwimmt wie eine Ente«, habe ich in jenen Tagen mehrfach von der Mannschaft gehört.

      Am 22. November loteten wir geringere Tiefen und erhielten als Bodenprobe jenen grünen Schlick, der

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