Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон Gesammelte Werke bei Null Papier

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Mann sank mut­los in sich zu­sam­men, mit ein­ge­fal­le­ner Brust und hän­gen­den Schul­tern. Angst­be­bend klebt er wie­der an sei­nem Stuhl.

      »Dann bin ich ver­lo­ren. Dann wer­den sie mir mor­gen den Strick um den Hals le­gen und mich auf­hän­gen. Fro­na, ich bin ver­lo­ren!«

      »Sie wer­den dich nicht hän­gen! Ich wer­de es nicht er­lau­ben!«

      »Was kannst du tun? Was kannst du denn tun? Du kannst gar nichts tun! Sie ha­ben das Ge­setz an sich ge­ris­sen, mit Ge­walt, sie ha­ben die Macht.«

      »Gre­go­ry, das Eis auf dem Fluss ist auf­ge­bro­chen! Man kann wie­der fort! Man kann flie­hen! Die­se In­sel ist kein Ge­fäng­nis mehr! Und dann, der Gou­ver­neur oder der Be­zirks­rich­ter … sie kön­nen je­den Au­gen­blick ein­tref­fen, mit ei­ner Ab­tei­lung Po­li­zei! Sie wer­den ein­schrei­ten. Das ist ja al­les kein rich­ti­ges Ge­richt. Das darf ja nicht sein. Aber auch wenn Sie nicht kom­men … Flucht! Flucht!«

      »Es ist un­mög­lich. Es ist un­mög­lich! Wir sind zwei, und sie sind vie­le!«

      »Aber mein Va­ter! Und der Baron Cour­ber­tin! Wir sind vier – vier tap­fe­re Men­schen, die zu­sam­men­hal­ten, die sind stär­ker als die gan­ze Welt, Vin­cent! Ver­lass dich auf mich! Ver­lass dich auf uns!«

      Sie küss­te ihn und wein­te über sein Ge­sicht, ihre Trä­nen tropf­ten in sei­nen of­fe­nen Mund. Sie flüs­ter­te ihm all ihre Lei­den­schaft und ihre Lie­be und ihre Kraft zu. Aber er war ein zer­bro­che­ner Mensch, und kein Strahl von Hoff­nung reg­te sich in sei­nem Her­zen.

      »Ver­lo­ren, Fro­na, ver­lo­ren.«

      Lan­ge vor Ein­tritt der Dun­kel­heit ka­men sie über den Kanal, alle, auf die Fro­na hoff­te: ihr Va­ter, Cor­liss, der tap­fe­re Baron und der tap­fe­re Del. Sie war ge­ra­de in ei­ner der klei­nen Hüt­ten, um sich zu er­fri­schen und ihre Klei­der zu wech­seln. Die ers­ten Mi­nu­ten be­nutz­te ihr Va­ter, um nach dem ge­ret­te­ten In­dia­ner zu se­hen. Der Mann hat­te wich­ti­ge Nach­rich­ten ge­bracht, so wich­tig, dass Ja­cob Wel­ses Ge­sicht düs­ter und ganz ver­än­dert war, nach­dem er die De­pe­schen zwei­mal nach­ein­an­der ge­le­sen hat­te. St. Vin­cent war in ei­ner be­nach­bar­ten Hüt­te ein­ge­sperrt, er­hielt aber die Er­laub­nis, sei­ne Freun­de zu spre­chen. Ja­cob Wel­se ver­han­del­te lan­ge mit ihm. Beim Ab­schied­neh­men sag­te er:

      »Es steht schlecht um Sie, Gre­go­ry. Die Ver­hand­lung wird schlecht aus­ge­hen. Aber hier! Mei­ne Hand dar­auf, dass Sie nicht ge­hängt wer­den, selbst wenn das Ur­teil da­hin er­geht! Ich weiß, so gut, als wenn ich bei all dem da­bei ge­we­sen wäre, dass Sie Borg nicht ge­tö­tet ha­ben.«

      *

      »Das war ein lan­ger Tag«, sag­te Cor­liss zu Fro­na. »So­viel Ge­fahr, so­viel Kampf, so­viel Verzweif­lung an ei­nem Tag!«

      »Das war ein herr­li­cher Tag!« ant­wor­te­te Fro­na. »Aber mor­gen … Erst mor­gen wer­den wir un­se­re Kraft wirk­lich brau­chen. Mor­gen früh be­ginnt der Schick­sals­tag.«

      »Ich ste­he zu euch«, ver­sprach Cor­liss. »Ich wün­sche die­sem Bur­schen, der mir Ihr Herz ge­stoh­len hat, nichts Gu­tes. Aber bis er von die­sem Ver­dacht ge­rei­nigt ist, bis er frei ist, so lan­ge will ich al­les ver­ges­sen. Und ich bin auch stark ge­nug, wirk­lich al­les zu ver­ges­sen. Wenn ich nicht Angst vor großen Wor­ten hät­te, wür­de ich sa­gen: ich ste­he zu euch bis zum Tod! Und dar­auf könn­ten Sie sich ver­las­sen.«

      »Wie Sie sind, Van­ce! Ich kann es Ih­nen nie ver­gel­ten!«

      »Ver­gel­ten? Lie­be kann man nicht ver­gel­ten. Lie­ben heißt: die­nen. So ver­ste­he ich es.«

      Bei die­sen Wor­ten schoss Fro­na al­les durch den Kopf, was sie mit Van­ce er­lebt, was sie von ihm er­fah­ren, und je­des Wort, das sie von ihm ge­hört hat­te.

      »Wir müs­sen so ech­te, so gute Freun­de sein und im­mer blei­ben, Van­ce, dass nie wie­der ein falscher Ge­dan­ke zwi­schen uns tre­ten kann. Es gibt dum­me Men­schen, die nicht glau­ben wol­len, dass es Freund­schaft zwi­schen Mann und Frau gibt. Aber wie ich Sie lie­be, wie ich Sie ver­eh­re, als Ka­me­ra­den, als Mann, als Freund, da­von wis­sen die­se Men­schen nichts!«

      »Ka­me­rad­schaft?« frag­te er. »Jetzt sind Sie grau­sam, Fro­na. Denn Sie wis­sen doch, – dass ich Sie – lie­be?«

      »Ja«, sag­te sie lei­se.

      *

      Sie wa­ren ei­gent­lich zum Ster­ben müde, Fro­na und Cor­liss; sie hat­ten an ei­nem Tag er­lebt, was den In­halt ei­nes Jah­res bil­den konn­te. Mit ih­ren Mus­keln wie mit ih­rem Hirn, mit ih­ren Ar­men wie mit ih­rem Her­zen hat­te die jun­ge Fro­na bis zur Verzweif­lung ge­run­gen und ge­kämpft, fast ohne Pau­se, mit we­nig Schlaf, mit we­nig Nah­rung. Aber in tiefer Nacht rief sie noch die Ver­trau­ten zu­sam­men, ent­warf ih­ren Kriegs­plan für den nächs­ten Tag und wies je­dem sei­ne Rol­le zu. Wenn der Ge­richts­hof ein ge­rech­tes Ur­teil sprach, war al­les gut. Fäll­te er einen Fehl­spruch, dann galt Ge­walt ge­gen Jus­tiz­mord und Flucht ge­gen un­ge­rech­te Ver­fol­gung.

      »Es ist aben­teu­er­lich, mein Kind, viel­leicht ist es Wahn­sinn«, ur­teil­te Ja­cob Wel­se. »Aber für den Au­gen­blick schaf­fen wir dem ar­men Bur­schen Luft. Ich glau­be auch, dass es ge­lin­gen wird. Wir wer­den da­für sor­gen, dass er dann vor ein wirk­li­ches Ge­richt kommt, denn die Ge­rech­tig­keit darf nicht be­tro­gen wer­den. Die Leu­te hier im Wald sol­len nicht glau­ben, dass sie au­ßer­halb des Ge­set­zes ste­hen.«

      »Eine ’err­li­cke Staats­coup«, frohlock­te der Baron, »’err­lick! ’err­lick! ’Än­de och! Ick wer­den ru­fen – Sk­recker­lick streng! Und fürk­ter­lick.«

      »Aber wenn sie die Hän­de nicht hoch he­ben –?« frag­te Ja­cob Wel­se.

      »Dann schie­ßen Sie, Cour­ber­tin!« rief Fro­na, hun­dert­pro­zen­tig ent­schlos­sen. »Man darf nicht bluf­fen, wenn man ein Le­ben zu ret­ten hat.«

      »Ick ssie­ßen, Ma­de­moi­sel­le! Ick ssie­ßen und tref­fen!«

      »Und Sie ste­hen mit dem Boot be­reit, Van­ce! Sie war­ten den gan­zen Tag, wir wer­den Ih­nen kei­ne Bot­schaft ge­ben kön­nen. Wenn Gre­go­ry an­ge­stürzt kommt, springt er zu Ih­nen ins Boot, und dann fort mit ihm, nach Daw­son!«

      Dann sack­te sie ab, sie fiel vom Stuhl und blieb, ohne De­cken, ohne Kis­sen, steif auf dem Bo­den lie­gen. Die Mü­dig­keit hat­te sie plötz­lich über­fal­len wie ein feind­li­cher Rie­se, sie konn­te sich nicht weh­ren.

      *

      Ja­cob Wel­se wur­de von den Gold­grä­bern mit al­ler Hochach­tung emp­fan­gen, an die er ge­wöhnt war, und als er das Wort er­griff, herrsch­te tie­fes Schwei­gen im

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