Gesammelte Werke. Джек Лондон
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Джек Лондон страница 44
»Dann bin ich verloren. Dann werden sie mir morgen den Strick um den Hals legen und mich aufhängen. Frona, ich bin verloren!«
»Sie werden dich nicht hängen! Ich werde es nicht erlauben!«
»Was kannst du tun? Was kannst du denn tun? Du kannst gar nichts tun! Sie haben das Gesetz an sich gerissen, mit Gewalt, sie haben die Macht.«
»Gregory, das Eis auf dem Fluss ist aufgebrochen! Man kann wieder fort! Man kann fliehen! Diese Insel ist kein Gefängnis mehr! Und dann, der Gouverneur oder der Bezirksrichter … sie können jeden Augenblick eintreffen, mit einer Abteilung Polizei! Sie werden einschreiten. Das ist ja alles kein richtiges Gericht. Das darf ja nicht sein. Aber auch wenn Sie nicht kommen … Flucht! Flucht!«
»Es ist unmöglich. Es ist unmöglich! Wir sind zwei, und sie sind viele!«
»Aber mein Vater! Und der Baron Courbertin! Wir sind vier – vier tapfere Menschen, die zusammenhalten, die sind stärker als die ganze Welt, Vincent! Verlass dich auf mich! Verlass dich auf uns!«
Sie küsste ihn und weinte über sein Gesicht, ihre Tränen tropften in seinen offenen Mund. Sie flüsterte ihm all ihre Leidenschaft und ihre Liebe und ihre Kraft zu. Aber er war ein zerbrochener Mensch, und kein Strahl von Hoffnung regte sich in seinem Herzen.
»Verloren, Frona, verloren.«
8
Lange vor Eintritt der Dunkelheit kamen sie über den Kanal, alle, auf die Frona hoffte: ihr Vater, Corliss, der tapfere Baron und der tapfere Del. Sie war gerade in einer der kleinen Hütten, um sich zu erfrischen und ihre Kleider zu wechseln. Die ersten Minuten benutzte ihr Vater, um nach dem geretteten Indianer zu sehen. Der Mann hatte wichtige Nachrichten gebracht, so wichtig, dass Jacob Welses Gesicht düster und ganz verändert war, nachdem er die Depeschen zweimal nacheinander gelesen hatte. St. Vincent war in einer benachbarten Hütte eingesperrt, erhielt aber die Erlaubnis, seine Freunde zu sprechen. Jacob Welse verhandelte lange mit ihm. Beim Abschiednehmen sagte er:
»Es steht schlecht um Sie, Gregory. Die Verhandlung wird schlecht ausgehen. Aber hier! Meine Hand darauf, dass Sie nicht gehängt werden, selbst wenn das Urteil dahin ergeht! Ich weiß, so gut, als wenn ich bei all dem dabei gewesen wäre, dass Sie Borg nicht getötet haben.«
*
»Das war ein langer Tag«, sagte Corliss zu Frona. »Soviel Gefahr, soviel Kampf, soviel Verzweiflung an einem Tag!«
»Das war ein herrlicher Tag!« antwortete Frona. »Aber morgen … Erst morgen werden wir unsere Kraft wirklich brauchen. Morgen früh beginnt der Schicksalstag.«
»Ich stehe zu euch«, versprach Corliss. »Ich wünsche diesem Burschen, der mir Ihr Herz gestohlen hat, nichts Gutes. Aber bis er von diesem Verdacht gereinigt ist, bis er frei ist, so lange will ich alles vergessen. Und ich bin auch stark genug, wirklich alles zu vergessen. Wenn ich nicht Angst vor großen Worten hätte, würde ich sagen: ich stehe zu euch bis zum Tod! Und darauf könnten Sie sich verlassen.«
»Wie Sie sind, Vance! Ich kann es Ihnen nie vergelten!«
»Vergelten? Liebe kann man nicht vergelten. Lieben heißt: dienen. So verstehe ich es.«
Bei diesen Worten schoss Frona alles durch den Kopf, was sie mit Vance erlebt, was sie von ihm erfahren, und jedes Wort, das sie von ihm gehört hatte.
»Wir müssen so echte, so gute Freunde sein und immer bleiben, Vance, dass nie wieder ein falscher Gedanke zwischen uns treten kann. Es gibt dumme Menschen, die nicht glauben wollen, dass es Freundschaft zwischen Mann und Frau gibt. Aber wie ich Sie liebe, wie ich Sie verehre, als Kameraden, als Mann, als Freund, davon wissen diese Menschen nichts!«
»Kameradschaft?« fragte er. »Jetzt sind Sie grausam, Frona. Denn Sie wissen doch, – dass ich Sie – liebe?«
»Ja«, sagte sie leise.
*
Sie waren eigentlich zum Sterben müde, Frona und Corliss; sie hatten an einem Tag erlebt, was den Inhalt eines Jahres bilden konnte. Mit ihren Muskeln wie mit ihrem Hirn, mit ihren Armen wie mit ihrem Herzen hatte die junge Frona bis zur Verzweiflung gerungen und gekämpft, fast ohne Pause, mit wenig Schlaf, mit wenig Nahrung. Aber in tiefer Nacht rief sie noch die Vertrauten zusammen, entwarf ihren Kriegsplan für den nächsten Tag und wies jedem seine Rolle zu. Wenn der Gerichtshof ein gerechtes Urteil sprach, war alles gut. Fällte er einen Fehlspruch, dann galt Gewalt gegen Justizmord und Flucht gegen ungerechte Verfolgung.
»Es ist abenteuerlich, mein Kind, vielleicht ist es Wahnsinn«, urteilte Jacob Welse. »Aber für den Augenblick schaffen wir dem armen Burschen Luft. Ich glaube auch, dass es gelingen wird. Wir werden dafür sorgen, dass er dann vor ein wirkliches Gericht kommt, denn die Gerechtigkeit darf nicht betrogen werden. Die Leute hier im Wald sollen nicht glauben, dass sie außerhalb des Gesetzes stehen.«
»Eine ’errlicke Staatscoup«, frohlockte der Baron, »’errlick! ’errlick! ’Ände och! Ick werden rufen – Skreckerlick streng! Und fürkterlick.«
»Aber wenn sie die Hände nicht hoch heben –?« fragte Jacob Welse.
»Dann schießen Sie, Courbertin!« rief Frona, hundertprozentig entschlossen. »Man darf nicht bluffen, wenn man ein Leben zu retten hat.«
»Ick ssießen, Mademoiselle! Ick ssießen und treffen!«
»Und Sie stehen mit dem Boot bereit, Vance! Sie warten den ganzen Tag, wir werden Ihnen keine Botschaft geben können. Wenn Gregory angestürzt kommt, springt er zu Ihnen ins Boot, und dann fort mit ihm, nach Dawson!«
Dann sackte sie ab, sie fiel vom Stuhl und blieb, ohne Decken, ohne Kissen, steif auf dem Boden liegen. Die Müdigkeit hatte sie plötzlich überfallen wie ein feindlicher Riese, sie konnte sich nicht wehren.
*
Jacob Welse wurde von den Goldgräbern mit aller Hochachtung empfangen, an die er gewöhnt war, und als er das Wort ergriff, herrschte tiefes Schweigen im