Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Ist das so sicher, Herr Doktor Gregory St. Vincent? Denken Sie mal nach – stellen Sie sich mal vor, ich hätte hier so eine lange Klosettbürste ums Kinn herum und hieße nicht Bishop, sondern Joe Brown! Und dann denken Sie mal an das gesegnete Jahr 1884 zurück. Hatten Sie da nicht mal so ’n jungen Seemann namens Joe Brown, der von seinem Schiff desertiert war, in Lohn und Brot genommen? Tja, mein Jung’, jetzt fällt dir ja wohl so manches ein?«
Das Wiedererkennen zeichnete sich auf Gregorys Gesicht so deutlich ab, dass ringsum ein höhnisches Lachen tönte. Man sah, dass in diesem Augenblick Gregorys ganzes Lebensgerüst in Stücke fiel. So wie er konnte nur ein ertappter Spitzbube aussehen.
»Ja, sehr gut sind wir ja wohl nicht miteinander gefahren, Sie und der arme Junge, den Sie da in Dienst hatten, und der heute Bishop heißt. Sie mit Ihren Weibern, immer hinter den Weibern her, und überall Krach und Stunk, und immer soll der gute Joe Brown Sie aus allem Salat wieder herausziehen! Tja, so war das ja wohl?«
»Ich protestiere!« rief Frona. »Ob Herr Dr. St. Vincent Liebesgeschichten gehabt hat oder nicht, das hat mit dieser Sache gar nichts zu tun.«
Bill Brown erhob sich: »Herr Vorsitzender, Bishop ist unser Hauptzeuge, und seine Aussage ist wichtig. Da wir keine Tatzeugen haben, kommt alles auf Indizien an, und der Charakter des Angeklagten muss bis in die letzte Falte geprüft werden. Ich beabsichtige, zu beweisen, dass der Angeklagte ein Lügner und jedes Verbrechens fähig ist. Ich will Faden zu Faden flechten, bis wir einen Strick in der Hand haben, lang und stark genug, um ihn daran aufzuknüpfen. Ich bitte, den Zeugen fortfahren zu lassen.«
Und Del fuhr fort: »Einmal mussten wir da die Stromschnellen hinunter, meine Herren, das war gerade keine Heldentat, aber ein Vergnügen kann man das auch nicht nennen. St. Vincent versteht was vom Rudern, aber ich lern’s in meinem Leben nicht, ich bin überhaupt nicht fürs Wasser geboren. Obwohl ich immer wieder mit dem Wasser zu tun hab’, davon abgesehen … das ist nun mal so Schicksalstücke. Lässt der Kerl mich nicht allein im Boot? Lässt mich die ganze gottverfluchte Höllenfahrt machen und geht selbst am Ufer spazieren, warm, gesund und trocken? Ja, und wie denn mein Boot glücklich kentert und die halbe Ausrüstung verlorengeht und mein ganzer Tabak und ich gerade noch mit knapper Not das nackte Leben rette, zwei Knochen kaputt und die Nase ein einziger Brei, schimpft er mich einen ›Chechaquo‹ und einen ›Taugenichts‹ und zieht mir zehn Dollar vom Lohn ab! Tja, so ist der feine Herr da drüben! Und jetzt kommen wir an die Geschichte mit den Schwarzfußindianern. Ja, da hat auch nicht viel gefehlt, und ich hätte für den gottverfluchten Lümmel mein süßes, junges Leben hergeben müssen.«
»Wie war das? Erzählen Sie das genauer!« verlangte der Ankläger.
»Na, wegen so ’ner Squaw war das eben. Was soll’s denn sonst sein? Da hab’ ich ihn mit genauer Not aus der Bredouille herausgebracht und mich schließlich auch. Dann hat er mir versprochen, dass er sich bessern will. Aber vier Wochen später hat er schon wieder die Pfoten an den Indianerweibern, und ich hab’ für ihn die Prügel bezogen. Wie ich ihm danach väterlich zusprechen will, ist er wieder frech geworden, und da ist mir dann nichts übrig geblieben, als mal so ’n büschen an den Fluss hinunterzugehen! Und dann hab’ ich meinem Herrn Chef eine Portion Saures gegeben. Aber nicht zu knapp! Können Sie sich jetzt vielleicht erinnern, Herr Chef?! Solche Dresche haben Sie seitdem nur noch einmal bekommen wie damals in der idyllischen Mondscheinlandschaft am ›Windigen Arm‹! Mit den Weibern versteht er ja wohl umzugehen, das muss ich allerdings zugeben. Er pfeift nur so, und dann kommen sie angewackelt und machen Kusch, und dann kann er machen, was er will. Also, da war noch eine verdammt hübsche Squaw, fast so hübsch wie die Bella. Der pfiff er ja wohl auch, weil er nu mal die Schwäche hat …«
»Es genügt, Herr Zeuge«, unterbrach ihn der Vorsitzende. »Wir haben genug von den Squaws gehört.«
»Diesmal bitte ich, den Zeugen nicht zu stören!« protestierte Frona und sah dabei ganz sorglos aus. »Jetzt scheint mir das Thema wichtig zu sein.«
»Immer das Unterbrechen!« knurrte Bishop. »So ’n Vorsitzenden habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Und Sie können mir schon glauben, dass ich in ein paar Weltteilen mit dem Gericht so die eine oder andere kleine Bekanntschaft gemacht hab’. Ich könnte schon lange fertig sein, aber immer fährt mir da irgend so ein Grünschnabel dazwischen. Ich bitte auch um Verzeihung, Herr Vorsitzender, natürlich will ich Ihrer Würde nicht zu nahe treten. Also da hatte mein Gregory ja wohl eine Wut auf mich, wegen der väterlichen Züchtigung, wenn ich so sagen darf. Und außerdem hat er vielleicht gedacht, eine hübsche Squaw im Boot ist besser als so ’n borstiger Jung’ mit ’m Fußsack am Kinn. Auf einmal krieg’ ich da von hinten eines mit dem Gewehrkolben über das Köpfchen, rein die Squaw ins Kanu, mich liegengelassen und los … Wie das Yukonland damals war, das wisst ihr ja, Jungs! Stellt euch da mal einen vor, ohne Ausrüstung, mutterseelenallein, 1000 Meilen tief in der Wildnis. Ist das ein Wunder, dass ich nicht gut auf den werten Herrn zu sprechen bin? Gerettet habe ich mich ja, sonst könnte ich euch das alles nicht erzählen. Aber eine Vergnügungsreise war es nicht, und dass ich nicht verhungert und erfroren bin, das begreife ich selbst noch nicht ganz. Und nu hab’ ich ja denn hier auch so ’n Buch in der Hand, das hat mir die Frau von Peter Whipple verkauft, und das ist ein sehr interessantes Buch, wenns auch auf russisch geschrieben ist, und wenn ich auch kein Russisch lesen kann. Aber wenn hier einer Russisch lesen könnte, dann wär’ das schön. Denn da steht auch so einiges drin, was den feinen Herrn ins richtige Licht setzt.«
»Courbertin! Der kann Russisch!« tönte eine Stimme aus der Menge. Man machte dem Franzosen Platz. Trotz seinem Zögern wurde er in die vorderste Reihe geschoben.
»Sie können die Sprache?«
»Sehr sleckt! Ick ’abe vergessen!«
»Nur los! Wir kritisieren nicht.«
Del gab dem Baron das Buch und schlug das vergilbte Titelblatt auf.
»Großartig, dass wir Sie haben, Herr Baron. Nu man tau!«
Courbertin begann zögernd: »Dieses Buch, geschrieben von Pater Jakonsk, ist ein kurzer Bericht über sein Leben im Benediktinerkloster zu Obidorski und eine ausführliche Beschreibung seiner wunderbaren Abenteuer unter den Hirschmännern in Ostsibirien.«
»Sagen Sie uns, wann das hübsche kleine Buch gedruckt worden ist, Herr Baron?« verlangte Del.