Gesammelte Werke. Джек Лондон
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Джек Лондон страница 45
»Ich beantrage Abstimmung über den Antrag des Herrn Jacob Welse«, sagte der Vorsitzende, ohne selbst Stellung zu nehmen.
»Das war kein Antrag, über den Sie abzustimmen haben!« unterbrach Welse mit furchtbarem Ernst. »Sie haben die Verhandlung aufzuheben und dieses rechtsbrecherische Verfahren zu schließen!«
»Sie haben gesprochen, Herr Welse. Jetzt sprechen wir!«
Damit hatte der Vorsitzende seine eigene Stellung gekennzeichnet, und im Augenblick wurde die Frage entschieden. Alle Hände flogen empor, als er die Versammlung fragte, ob sie sich befugt glaube, ein Urteil zu fällen. Mit allen Stimmen war Welses Antrag abgelehnt.
»Du siehst, ich bin verloren«, flüsterte St. Vincent Frona zu. »Für mich gibt es keine Hoffnung …«
Aber Welse riss zum zweiten Mal das Wort an sich und donnerte den Leuten zu, was er auf dem Herzen hatte: dass Lynchgericht mit dem Tode bestraft würde, dass ein ungeheurer Prozess und maßlose Katastrophen über die Beteiligten hereinbrechen würden … Schrecken über Schrecken, wie Klondike sie noch nicht erlebt hatte. Er fand einige Anhänger, aus der Verhandlung wurde ein Chaos wild diskutierender und drohender Menschen, und in diesem Tohuwabohu von Stimmen gelang es Frona, ihrem Schützling mitzuteilen, was sie sich am Abend zuvor zu seiner Rettung ausgedacht hatte.
»Sie werden alle ›Hände hoch‹ machen, wenn sie auf einmal in drei Revolvermündungen sehen! In diesem Augenblick kannst du fliehen. Das Boot liegt bereit … kümmere dich nicht um uns, nicht um meinen Vater, nicht um mich, Vincent! Sie werden die Hand nicht an uns legen! Und selbst wenn! In dieser Stunde bist du dir selbst der Nächste …«
»Das ist Wahnsinn«, hauchte er, grau das Gesicht und mit gesträubtem Haar.
»Aber es ist doch keine andere Rettung für dich!«
»Ich kann nicht, Frona.«
»Kämpfen sollst du, für dein Leben kämpfen!«
»Lass mich, lass mich.«
Die nächsten Zeugen, zwei Schweden, hatten aus geringer Entfernung jenen Auftritt beobachtet, als Borg einen Wutanfall bekam, weil St. Vincent und Bella zusammen gelacht hatten. Es war ein lächerlich kleines Begebnis, das sie ausführlich schilderten, aber es ließ doch Schlüsse auf die ganze Situation in Borgs Hütte zu. Dann folgte ein halbes Dutzend Zeugen, die im Auftrag des Richters den Schauplatz des Verbrechens und die ganze Insel untersucht hatten. Von den beiden geheimnisvollen Männern, die nach der Angabe Gregorys den Mord begangen haben sollten, hatten sie nicht die geringste Spur gefunden.
Nach ihnen betrat zu Fronas Entsetzen Del Bishop den Zeugenstand. Sie wusste, dass er Vincent hasste, aber sie begriff nicht, was er zur Sache aussagen konnte. Immer hatte sie ihn für einen groben, aber ehrlichen Burschen gehalten. Einen niedrigen Racheakt traute sie ihm nicht zu. Was würde er sagen? Als er den Eid abgelegt hatte, fragte ihn der Richter nach seiner Beschäftigung.
»Ich suche ›Goldtaschen‹!« rief er herausfordernd.
Goldtaschensuchen ist eine besondere Art der Goldgräberei, an die nur wenige glauben.
»Dann wirst du lang’ herumwühlen müssen, mein Junge«, höhnte ein Mann im Auditorium. »Wenn du nicht vorher verhungerst.«
Del bekam einen roten Kopf: »Herr Vorsitzender«, sagte er, »ich weiß auch, was die Würde des Gerichts ist. Aber das möchte ich ganz bescheiden zu verstehen geben, wenn die Verhandlung vorbei ist, dann kriegt jeder, der sich hier gegen mich was herausnimmt, einen Nasenstüber, dass er bis ›Zehn‹ zu Boden geht und vielleicht noch ’n bisschen länger liegenbleibt.«
»Sprechen Sie zur Sache!« befahl der Vorsitzende und schlug mit dem Hammer auf den Tisch. »Also Goldtaschensucher sind Sie?« Dabei lief über das Gesicht des sonst so sachlichen Mannes dasselbe breite Lachen, wie die meisten Gesichter im Saal es zeigten.
»Den ersten Nasenstüber, der auch aus Versehen in dem werten Brotladen sitzen könnte, Herr Vorsitzender, den verspreche ich Ihnen. Sie wollen nicht glauben, dass ich Goldtaschen finde? Na warten Sie! Fünf Minuten, nachdem der Jüngling da drüben baumelt, können Sie Ihre kostbaren Knochen sortieren, Herr Vorsitzender. Das nur nebenbei, damit Sie Bescheid wissen. Mein Name ist Bishop, wenigstens einstweilen.«
»Das ist zu viel!«
Der Richter warf den Rock ab und krempelte die Ärmel hoch.
»Jetzt nur ran, du Lümmel!«
Bishop ging sofort in Positur, und Frona durfte einen Augenblick hoffen, dass das ganze Gerichtsverfahren sich in eine jener Massenkeilereien auflösen würde, bei der einmal zuschauen zu dürfen, sie sich schon lange wünschte.
Vielleicht war es gerade das, was der brave Bishop erreichen wollte, um aus dem ganzen Lynchgericht eine Farce, aus der Tragödie eine Komödie zu machen? Mit flammenden Augen schaute Frona auf die beiden Männer, die in prachtvoller Boxhaltung einander gegenüberstanden. Aber schrecklich! Da warf Bill Brown sich dazwischen.
»Muss ich Sie bitten, die Würde des Gerichts wahrzunehmen, Herr Vorsitzender? Es ist ein Skandal, es ist unglaublich! Nehmen Sie die Verhandlung auf! Wir sind hier nicht in der Bar! Außerdem scheinen Sie beide zu vergessen, dass in diesem Saal eine Dame sich aufhält!«
Im Augenblick war die Ruhe wiederhergestellt, und Bishop sagte aus, als wenn nichts geschehen wäre.
»Jetzt will ich Ihnen mal so einiges über den Herrn darbieten, den Doktor, so, was man ein Charakterbild nennt. Das ist nämlich ein sauberer Patron, Sie werden sich wundern!«
Zum ersten Mal packte St. Vincent die Wut und überwältigte fast