Philosophische und theologische Schriften. Nicolaus Cusanus
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Hieraus erhellt, daß die affirmativen Namen Gottes nur im unendlich kleinsten Grade (per infinitum diminute) ihm zukommen, denn sie werden ihm nach irgendeiner Eigenschaft der Kreaturen beigelegt. Da nun aber Gott etwas Partikulares, das einen Gegensatz hat, nur im allerkleinsten Grade zukommen kann, so sind alle affirmativen Namen, wie Dionysius sagt, nicht genug zusammenfassend (incompactae). Nennst du ihn die Wahrheit, so ist der Gegensatz die Lüge, nennst du ihn die Tugend (virtutem), so ist der Gegensatz die Sünde (vitium) –, Substanz, so ist der Gegensatz das Akzidens usf. Da er aber nicht eine Substanz ist, die nicht alles ist, ohne einen Gegensatz, nicht Wahrheit, die nicht alles ohne Gegensatz36 ist, so können ihm jene Namen nur im ganz verminderten Grade zukommen. Alle Affirmationen, die in sein Wesen etwas aus dem von ihnen bezeichneten Gegenstande hineinlegen (quasi in ipso aliquid sui significati ponentes), können ihm nicht zukommen, der nicht irgend etwas mehr ist, als er alles ist (qui non est plus aliquid quam omnia). Daher werden ihm die affirmativen Namen, wenn sie anders ihm zukommen, nur im Verhältnisse zu den Kreaturen beigelegt, nicht als ob die Kreaturen die Ursache hiervon wären, da das Größte von den Kreaturen nichts haben kann, sondern sie kommen ihm vermöge seiner unendlichen Macht im Verhältnisse zu den Kreaturen zu (sed ei ex infinita potentia ad creaturas conveniunt); denn von Ewigkeit konnte Gott schaffen; hätte er dies nicht gekonnt, so wäre er nicht die höchste Allmacht. Wenn ihm daher gleich der Name: Schöpfer im Verhältnisse zu den Geschöpfen zukommt, so kommt er ihm doch auch zu, bevor noch ein Geschöpf war, weil er von Ewigkeit schaffen konnte. So verhält es sich auch mit der Gerechtigkeit und anderen affirmativen Namen, die wir auf Gott aus dem Leben der Geschöpfe wegen einer gewissen Vollkommenheit, die durch diese Namen bezeichnet wird, übertragen. Alle diese Namen waren von Ewigkeit, ehe wir sie Gott beilegten, in Wahrheit in seiner höchsten Vollkommenheit und seinem unendlichen Namen enthalten, so wie auch alle Dinge, die durch diese Namen bezeichnet, und von denen sie durch uns auf Gott übertragen werden. Das Gesagte hat so sehr Gültigkeit, daß auch der Name der Trinität und der Personen: Vater, Sohn und heiliger Geist im Verhältnisse zu den Geschöpfen ihm beigelegt werden. Denn da Gott als Einheit erzeugend und Vater, als Gleichheit der Einheit – gezeugt oder Sohn, als Verbindung beider – der heilige Geist ist, so ist klar, daß der Sohn Sohn heißt, weil er die Gleichheit der Einheit oder des Seins ist. Weil Gott von Ewigkeit die Dinge erschaffen konnte, wenn er sie auch nicht erschaffen hätte, so wird er in Rücksicht auf die Dinge Sohn genannt ; denn deshalb ist er Sohn, weil er die Gleichheit des Seins ist, über oder unter welcher die Dinge nicht bestehen könnten, die Gott machen konnte, wenn er sie auch nicht gemacht hätte. Könnte Gott sie nicht machen, so wäre er weder Gott Vater noch Sohn, noch heiliger Geist, überhaupt nicht Gott. Betrachtest du die Sache tiefer, so heißt: »der Vater erzeugt den Sohn,« soviel als: er erschafft alles durch das Wort (quod si subtilius consideras, patrem filium gignere, hoc fuit omnia in verbo creare). Deshalb nennt auch Augustin das Wort die Kunst und Idee im Verhältnis zu den Geschöpfen. Die Kreatur beginnt dadurch, daß Gott Vater ist, ihr Sein; dadurch, daß er Sohn ist, erlangt sie ihre Vollendung (perficitur), dadurch, daß er heiliger Geist ist, ist sie mit der ganzen Weltordnung im Einklang. Dies sind die Spuren der Trinität in jeglichem Dinge. Dies ist der Sinn der Worte Augustins, wenn er die Stelle der Genesis: »Im Anfange erschuf Gott Himmel und Erde« also erklärt: Gott hat als Vater die Prinzipien der Dinge erschaffen.
Was also in der affirmativen Theologie von Gott ausgesagt wird, gründet sich auf das Verhältnis zu den Geschöpfen. Dies gilt auch in Bezug auf jene heiligsten Namen, die sich bei den Hebräern und Chaldäern finden und in denen die größten Geheimnisse der Erkenntnis Gottes enthalten sind. Keiner dieser Namen bezeichnet Gott anders als nach einer besonderen Eigentümlichkeit, außer jenem Namen mit vier Buchstaben, welche sind:
, das der eigentliche und unaussprechliche Name ist und oben erklärt wurde. Hierüber handeln Hieronymus und der Rabbiner Salomon in dem Buche: dux neutrorum ausführlich, was man nachlesen mag.FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Die Heiden gaben Gott im Verhältnisse zu den Geschöpfen
verschiedene Namen
Die Heiden benannten Gott nach den verschiedenen Verhältnissen zu den Geschöpfen. Jupiter nannten sie ihn wegen seiner bewunderungswürdigen Güte (propter mirabilem pietatem). Julius Firmicus sagt nämlich, Jupiter sei ein so günstiges Gestirn, daß, wenn er allein im Himmel regierte, die Menschen unsterblich wären. Saturn heißt Gott wegen der Tiefe der Gedanken und der Erfindungen in dem, was zum Leben notwendig ist, Mars von den Siegen im Kriege, Merkur wegen der Klugheit im Rate, Venus wegen der die Natur erhaltenden Liebe, Sonne wegen der Stärke der Bewegungen in der Natur, Mond wegen der Erhaltung der zum Leben notwendigen Feuchtigkeit, Cupido wegen der Einheit beider Geschlechter, weshalb man ihn auch die Natur nannte, weil er durch das Geschlechtliche die Gattungen der Dinge enthält. Hermes sagt, alles, sowohl Lebendes als nicht Lebendes, sei doppelten Geschlechts, weshalb die Ursache von allem, Gott, männliches und weibliches Geschlecht in sich enthalte, wovon Cupido und Venus die äußere Erscheinung sei. In gleichem Sinne besang der Römer Valerius den allmächtigen Jupiter als die zeugende und gebärende Gottheit (genitorem genitricemque Deum). Daher nannte er auch Cupido, sofern nämlich ein Wesen nach dem andern begehrt (cupit), die Tochter der Venus, d. i. der natürlichen Schönheit. Die Venus nannten sie die Tochter des allmächtigen Jupiters, von dem die Natur und alles, was mit ihr gegeben ist, herstammt. Auch die Tempel des Friedens, der Ewigkeit und der Eintracht, das Pantheon, in dem ein Altar des Unendlichen (termini infiniti), der keine Grenze hat, in der Mitte unter freiem Himmel errichtet war, und ähnliche Erscheinungen zeigen uns, daß die Heiden Gott nach dem Verhältnisse zu den Geschöpfen verschieden benannt haben. Alle diese Namen sind nur die Entfaltung des einen unaussprechlichen Namens, und sofern der eigentlich Gott zukommende Name unendlich ist, faßt er unzählige solche den besonderen Vollkommenheiten entnommene Namen in sich. Daher ist auch die Entfaltung dieses Namens eine vielfache, die immer der Vermehrung fähig ist, und jeder einzelne Name verhält sich zu dem eigentlichen und unaussprechlichen Namen wie das Endliche zum Unendlichen.
Die Heiden verlachten die Juden, welche den einen unendlichen Gott, den sie nicht kannten, anbeteten, und doch verehrten sie selbst ihn in der Entfaltung seines Wesens (quem tamen ipsi in explicationibus venerabantur), da sie ihn verehrten, wo immer sie seine göttlichen Werke erblickten. Der Unterschied im ganzen Menschengeschlechte bestand damals darin, daß alle an den einen größten Gott, über dem es keinen größeren gibt, glaubten, den die einen, wie die Juden und Sissennier, in seiner einfachsten Einheit, als den Inbegriff (complicatio) aller Dinge, die andern dagegen da verehrten, wo sie die Entfaltung seiner Gottheit wahrnahmen, wobei sie das für